Eine geheimnisvolle Lady
seinen Ohren hastige Schritte hören.
Nichts dergleichen. Anscheinend wollte die törichte Frau bei ihm bleiben.
Warum? Erhoffte sie weitere banale Geständnisse ihres Liebhabers?
Seufzend wappnete er sich gegen einen albernen Kommentar, irgendetwas über einen lebenslangen Irrtum, sentimentales Geschwätz über seine Familie, die ihn trotz allem liebte. Doch sie schwieg. Für eine halbe Ewigkeit verdichtete sich die Luft zwischen ihnen, erfüllt von all den ausgesprochenen und unausgesprochenen Dingen.
Und schließlich regte sich seine Neugier, geriet in Konflikt mit seiner Scham. Er drehte sich um, erwartete, Spott oder – noch schlimmer – Mitleid in Dianas schönem Gesicht zu lesen. So reglos stand sie da, dass er nicht einmal sicher war, ob sie atmete. Sie starrte ihn an, und der Ausdruck ihrer Augen war unverkennbar. Tiefe Verzweiflung.
Bedeute ich ihr so viel?
Sie sah aus, als hätte er ihr das Herz gebrochen. Entschlossen schluckte er die verräterischen Worte hinunter, die in seiner Kehle aufstiegen, die sie trösten und um ihre Achtung betteln würden. In dieser Nacht hatte er sich zur Genüge lächerlich gemacht. Er war ein erwachsener Mann, kein weinerliches Kind.
Diese Frau war zu ihm gekommen, um erotische Erfahrungen zu sammeln. Die konnte er ihr bieten. So viel Sinnlichkeit, dass sie diesen problematischen Moment vergessen würde, in dem er sich fühlte, als hätte er seine Adern aufgeschnitten und mit seinem Blut jedes einzelne beschämende Geheimnis vergossen. »Ich will dich«, murmelte er und trat näher.
»Ashcroft …« Sie verstummte, wich zurück, die Augen immer noch voller Kummer.
Er konnte es nicht ertragen, sie so offenherzig und schutzlos zu sehen. Bei diesem Anblick wollte er ein anderer Mann sein, ein besserer Mann, der ihr nicht nur eine schäbige Affäre anbot, sondern Sicherheit für immer. Ein Mann, den sie respektieren, nicht nur begehren würde. Obwohl allein schon die Begierde ein betörendes Glück verhieß.
»Genug!«, entschied er. Ohne ihr die Chance einer neuen Flucht zu bieten, nahm er sie auf die Arme und trug sie durch den duftenden Garten auf die offene Flügeltür zu, die ins Haus führte.
Während er die Verandastufen hinaufstieg, schmiegte sie sich an seine Brust und bebte vor Verlangen. Von Anfang an hatte Ashcroft diese Wirkung ausgeübt. Er berührte sie, und sie war verloren. Aber ausnahmsweise überwog nicht die Sehnsucht, sondern qualvoller Kummer. Sein widerwilliges, beklemmendes Geständnis hatte die Seele der Sünderin wie ein Dolchstoß getroffen.
Nicht nur, weil Ashcroft damit ihren Instinkten recht gab. Trotz seines eigenen unmoralischen Lebenswandels hatte er den Ehebruch seiner Mutter nie verziehen. Wenn er das Täuschungsmanöver durchschaute, würde er auch Diana nie verzeihen. Aber verglichen mit dem Leid, das er erduldet hatte, zählte das kaum.
»Ich bin zu schwer«, protestierte sie ohne Überzeugungskraft.
»Wie eine Feder.« Seine Atemnot strafte die Galanterie Lügen. Mit einer Schulter stieß er die Tür weiter auf und trug sie ins Haus.
An seinem Hemd unterdrückte sie ein quietschendes Lachen. »Wohl kaum.« Offenbar wollte er sie von dem erschütternden Gespräch ablenken. Er musste nicht erwähnen, dass er jenes Geständnis seit seiner unglücklichen Kindheit in seinem Herzen verschlossen hatte.
Nur ihr hatte er sich anvertraut. In ihrem Mund schmeckte das Schuldbewusstsein wie bittere Galle.
Wenn sie für ihn auch nur eine Liebhaberin von vielen war – irgendwie hatte sich sein Leben mit ihrem verknüpft. Die Leidenschaft war ein leuchtender goldener Faden in diesem seltsamen Gewebe, aber nicht die einzige Farbe. Da gab es auch noch Sympathie, geteilten Humor, eine gemeinsame unausgesprochene Einsamkeit.
Ihr Entsetzen über Ashcrofts Missachtung, die seiner Mutter galt, bekundete nur allzu deutlich, wie tief sie in die Liaison verstrickt war. Und dieser Schmerz wog umso schwerer, weil er nur wenigen Menschen vertraute. Er vertraute ihr – und sie hinterging ihn. Verzweifelt bezwang sie den Impuls, ihre Missetaten zu gestehen. Wie würde er sich verhalten, wenn er erfuhr, dass sie ihn aus eigensüchtigen Interessen benutzte? Was erwartete sie? Wenn sie die Offenbarung ihrer Perfidie hinauszögerte, würde sie wenigstens ein kurzes Glück genießen.
Aber was ihr Herz erfasste, fühlte sich nicht wie Glück an, eher wie Verrat, und sie verabscheute ihre Feigheit.
Er trug sie die grandiose Treppe hinauf, vorbei an
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