Eine geheimnisvolle Lady
länger würde er nicht abwarten, ob sie kapitulieren und ihm endlich vertrauen würde.
Ausdruckslos erwiderte er ihren neugierigen Blick. Auch mit geheuchelter Unschuld könnte er es versuchen. Doch das würde sie durchschauen.
»Was ist los?« Ihre Hände hielten auf dem wohlgeformten Schenkel inne, den das Hemd entblößte, und Ashcroft schluckte. Erst vor einer Stunde hatte er sie besessen, und es wäre primitiv, erneut über sie herzufallen, als wäre sie eine appetitliche Mahlzeit und er seit einem Monat ausgehungert.
Er hob die Brauen. »Darf ein Mann eine schöne Frau nicht bewundern?«
»Oh.« Errötend schaute sie weg.
Zu den vielen Eigenschaften, die er an ihr mochte, zählte auch ihre uneitle Selbsteinschätzung. Wie spektakulär sie aussah, ahnte sie nicht einmal. Wann immer er ihre Schönheit erwähnte, erweckte sie den Eindruck, kein anderer Mann hätte sie jemals gepriesen.
Offenbar war ihr Gemahl ein Idiot gewesen. Und vielleicht war er das immer noch. Eines der Rätsel, die er an diesem Tag lösen würde … Er lachte und hörte die Zärtlichkeit aus seiner eigenen Stimme heraus. »Insbesondere eine Frau, die nur wenige Schritte entfernt und halbnackt ist.«
Die Röte in ihren Wangen vertiefte sich, und er fand ihre Verwirrung hinreißend. Was für eine reizvolle Mixtur, seine Diana.
Aber verdammt, sie war nicht seine Diana. Diesen Grad der Intimität musste er erst noch erreichen. Trotz der wilden Aktivitäten im Bett und außerhalb – er erinnerte sich an hitzige Begegnungen auf dem Teppich und im wuchtigen Lehnstuhl beim Fenster – wahrte sie Distanz, wenn es nicht um körperliche Nähe ging.
Mehrmals hatte er sich um ihr Vertrauen bemüht, mit direkten oder indirekten Fragen versucht, ihr Geheimnisse zu entlocken und ihre träge, zufriedene Stimmung nach der Leidenschaft zu nutzen. Vergeblich. Inzwischen wusste er ein bisschen mehr als am Beginn der Liaison. Die meisten dieser Informationen hatte er ihren Andeutungen entnommen, nicht vertrauensvollen Mitteilungen. Zur Hölle!
Enttäuschung und Neugier raubten ihm den Schlaf, bedrohten seinen inneren Frieden. An mysteriöse Liebhaberinnen war er nicht gewöhnt. All die anderen Frauen hatten ihm ihre Lebensgeschichten förmlich aufgedrängt, in der Hoffnung, er wäre ernsthaft daran interessiert. Was er fast nie gewesen war.
Vielleicht wollte ihn der Allmächtige mit der Tortur namens Diana für die Exzesse seiner Jugend bestrafen. Und für das keineswegs lobenswerte Verhalten des reifen Mannes, wie er sich bedauernd eingestand. An ein anderes himmlisches Strafmaß wollte er nicht denken. Sollte seine Geliebte schwanger werden, wäre sein Leichtsinn fatal.
Diana schlüpfte in ein elegantes grünes Kleid. Was sie trug, beachtete er kaum. Diese Frau konnte in einem Sack herumlaufen, und er würde sie immer noch für das wunderbarste Geschöpf der Christenheit halten. Tatsächlich, er steckte in Schwierigkeiten. Wenn er die Beziehung beendete, würde er sich so elend fühlen wie ein hungernder, angeketteter Hund und den Mond anheulen. Beinahe fühlte er sich auch jetzt so, obwohl er sie besaß – zumindest ihren graziösen, empfänglichen Körper.
Der Gegenstand seines Unbehagens schlenderte zum zerwühlten Bett und kehrte ihm den Rücken. »Hör auf zu faulenzen und mach dich nützlich.« Sie hob ihr wirres blondes Nackenhaar, eine sinnliche Geste, die ihn sofort wieder entflammte.
Am letzten Morgen, nachdem sie die ganze Nacht bei ihm geblieben war, was sie nur selten tat, hatte er sie mit atemlosen Küssen veranlasst, den ganzen Tag hier zu verbringen. Sollte er diese Taktik wiederholen? Aber dann erinnerte er sich an seinen Plan. Je eher er ihn durchführte, desto schneller würde er seine Sorgen abschütteln. Hoffentlich …
Er setzte sich auf, begann das Kleid zu verschnüren und hauchte nur gelegentlich einen Kuss auf Dianas Schulter. Nachdem sie aus dem Bett gestiegen war, hatte sie sich gewaschen. Doch sie roch immer noch warm und weiblich, süß wie grüne Äpfel, der Duft des Paradieses.
Beinahe erlag er der Versuchung, sie wieder ins Bett zu ziehen. Doch er bezwang den Impuls. Dieser Ungewissheit musste er ein Ende bereiten, sonst würde er den Verstand verlieren.
»Falls die Ashcroft-Ländereien eines Tages keinen Gewinn mehr abwerfen, könntest du dich als Zofe verdingen«, scherzte sie.
Weil er mit seinen Gedanken woanders gewesen war, antwortete er, ehe er sich entsann, dass er niemals über jene schweren Zeiten
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