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Eine Geschichte aus zwei Städten

Eine Geschichte aus zwei Städten

Titel: Eine Geschichte aus zwei Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Monsieur Manette zur Schau?«
    »Ich zeige ihn auf die Weise, wie Ihr's gesehen habt, einigen wenigen Auserlesenen.«
    »Ist das recht?«
    »Ich denke wohl.«
    »Wer sind die wenigen? Wie wählt Ihr sie?«
    »Ich sehe dabei auf reelle Männer meines Namens – Jacques ist mein Name –, von denen ich glaube, daß ihnen der Anblick guttun werde. Genug – Ihr seid Engländer; das ist etwas anderes. Habt die Güte, einen Augenblick hier stehenzubleiben.«
    Mit einer abwehrenden Gebärde beugte er sich nieder und
schaute durch den Spalt in der Mauer, erhob den Kopf aber bald wieder und schlug zwei- oder dreimal gegen die Tür, augenscheinlich in keiner anderen Absicht, als um Lärm zu machen. Ebenso rasselte er etlichemal mit dem Schlüssel über die Tür hin, ehe er ihn derb in das Schloß stieß und so geräuschvoll wie nur möglich darin umdrehte.
    Die Tür ging unter seiner Hand langsam nach innen auf. Er sah hinein und sagte etwas. Eine schwache Stimme antwortete darauf. Es konnte beiderseits wenig mehr als eine Silbe gesprochen worden sein.
    Monsieur Defarge schaute über die Schulter zurück und winkte seinen Begleitern, einzutreten. Mr. Lorry legte seinen Arm um den Leib seiner Begleiterin und hielt sie fest; denn er fühlte, daß sie ohnmächtig werden wollte.
    »Vorwärts, zu unserem Geschäft!« drängte er, und auf seiner Wange zeigte sich ein Naß, das jedenfalls dort kein Geschäft hatte. »Kommt mit – kommt!«
    »Ich fürchte mich«, entgegnete das Mädchen schaudernd.
    »Wovor?«
    »Vor ihm – vor meinem Vater.«
    Durch Miß Manettes Zustand und das Winken des Führers in Verzweiflung gebracht, schlang er den Arm, der auf seiner Schulter zitterte, um seinen Hals, hob sie ein wenig hoch und eilte mit ihr in das Gemach; dann setzte er sie unmittelbar hinter der Schwelle wieder ab, ohne die sich an ihn Anklammernde loszulassen.
    Defarge nahm den Schlüssel wieder heraus, machte die Tür zu und verschloß sie von innen, dann zog er den Schlüssel ab und behielt ihn in der Hand. Alles dies tat er sorgfältig und so geräuschvoll wie nur möglich. Endlich ging er gemessenen Schritts durch die Kammer zum Fenster hin, wo er haltmachte und sich umwandte.
    Die Dachkammer hatte ursprünglich die Bestimmung, zur Aufbewahrung von Brennholz und dergleichen zu dienen, und war ein düsteres, dunkles Gelaß. Das Fenster im Dach war eigentlich eine Tür mit einem kleinen Kran darüber, um von der Straße aus Vorräte in die Höhe ziehen zu können, hatte keine Scheiben und bestand, wie jede andere Tür von französischer Konstruktion, aus zwei Flügeln. Um die Kälte abzuwehren war der eine Flügel fest geschlossen und der andere nur ein wenig geöffnet; durch den schmalen Spalt aber drang das Licht nur so spärlich ein, daß man unmittelbar nach dem Eintreten nichts sehen konnte, und nur lange Gewohnheit konnte es ermöglichen, bei solcher Beleuchtung eine Arbeit vorzunehmen. Und doch wurde in diesem Dachraume gearbeitet. Den Rücken der Tür und das Gesicht dem Fenster zugewendet, vor dem der Wirt zusehend stand, saß ein weißhaariger Mann tief gebeugt auf einer niedrigen Bank und machte eifrig Schuhe.
    Sechstes Kapitel
    Der Schuhmacher
    »Guten Tag!« sagte Monsieur Defarge, auf den über einen Schuh hingebeugten weißen Kopf niedersehend.
    Der Kopf richtete sich für einen Augenblick auf, und eine sehr schwache Stimme, als komme sie aus weiter Ferne, antwortete auf den Gruß:
    »Guten Tag!«
    »Ich sehe, Ihr seid eifrig bei der Arbeit.«
    Nach einer langen Pause erhob sich der weiße Kopf abermals, und die Stimme versetzte:
    »Ja – ich arbeite.«
    Diesmal hatte auch ein Paar hohle Augen den Frager angeblickt, ehe sich das Gesicht wieder senkte.
    Die Schwäche der Stimme war erschütternd, mitleiderregend. Man konnte sie keine physische Schwäche nennen, obschon langer Kerker und schlechte Kost ohne Zweifel mit zu den Ursachen gehörten. Ihre beklagenswerte Eigentümlichkeit bestand darin, daß sie eine Frucht der Einsamkeit und des völligen Mangels an Übung war. Die Stimme klang wie das letzte matte Echo eines lange vorher ins Weite gerufenen Tones und hatte das Leben, den Klang der menschlichen Stimme so ganz und gar verloren, daß sie auf die Sinne den Eindruck einer Farbe machte, die einmal schön war, jetzt aber zu einem matten Fleck verblichen ist. Sie klang so gedämpft und verfallen, daß sie unter dem Boden hervorzukommen schien, und deutete so ausdrucksvoll auf ein hoffnungsloses, verlorenes Wesen,

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