Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten
Japan brachten, um von ihnen die Herstellung des weißen Porzellans zu erlernen. Diese Kakiemon-Elefanten vereinigen in sich demnach koreanische Herstellungstechnik mit chinesischer Ornamentalkunst und japanischem Geschmack.»
Um 1600 kamen dem japanischen Porzellangeschäft zwei glückliche Umstände zu Hilfe. Zum einen war das der gewaltige Zugewinn an Arbeitskräften und technischem Wissen, den die Koreakriege in den 1590er Jahren mit sich brachten, zum anderen kam die chinesische Porzellanproduktion mit dem Zusammenbruch der Ming-Herrschaft zum Erliegen, so dass der europäische Markt nicht mehr beliefert werden konnte. So bot sich den Japanern die einmalige Gelegenheit, Chinas Platz im Porzellanhandel einzunehmen und, zumindest für kurze Zeit, den europäischen Markt zu beherrschen. Die Produktion von Kakiemon-Porzellan passte sich in Bezug auf Form, Größe und Muster dem europäischen Geschmack an, und vor allem kamen zum traditionellen chinesischen Blau und Weiß neue Farben wie leuchtende Rot- und Gelbtöne hinzu. Die Europäer kauften das Porzellan in Massen und fingen schließlich an, es zu kopieren. Im 18. Jahrhundert stellten Deutschland, England und Frankreich bereits ihr eigenes «Kakiemon»-Porzellan her. So brachte es eine dieser unvorhersehbaren Merkwürdigkeiten der Geschichte mit sich, dass das erste vonEuropäern nachgemachte Porzellan nicht aus China stammte, sondern aus Japan.
Treibende Kraft für all das und Motor der Innovationen in Europa wie in Japan war der erste multinationale Konzern der Welt – die Niederländische Ostindien-Kompanie, die in nie gekannter Weise Ressourcen, Verbindungen und Erfahrung unter einem Dach vereinte. Von ihrem prunkvollen neuen Hauptsitz in Amsterdam aus steuerten die Kaufleute und Verwaltungsbeamten der Gesellschaft ein interkontinentales Handelsunternehmen, das fast ein Jahrhundert lang die Handelsgeschäfte der ganzen Welt bestimmen sollte.
Zu dieser Zeit wurde Japan von den Shogun regiert, die 1639 zur Stärkung ihrer Macht die Grenzen Japans zur Außenwelt hin schlossen und nur ein paar «Tore» wie den Hafen von Nagasaki offen hielten, wo einige wenige bevorzugte Staaten noch Handelsniederlassungen unterhalten durften. Das Privileg genossen unter anderem Korea und China und – als einziger europäischer Partner – die Niederländische Ostindien-Kompanie. Sie verfügte nun über das Alleinrecht, japanisches Porzellan in immer größeren Mengen nach Europa zu verschiffen, und als Inhaber des Handelsmonopols konnte sie die Preise bestimmen und hohe Gewinne einfahren. Die erste nennenswerte Fracht, die 1659 in Holland eintraf, umfasste beispielsweise 65.000 Einzelstücke. Ganz sicher legten unsere Elefanten die Reise nach Europa auf einem Schiff der Niederländischen Ostindien-Kompanie zurück.
Die Kakiemon-Elefanten des Britischen Museums erzählen eine Geschichte der Welt im 17. Jahrhundert. Japanische Handwerksmeister arbeiteten, wiewohl abgeschnitten von der Welt, mit Techniken aus China und Korea und bildeten Tiere aus Indien ab, um dem Geschmack der Käufer in England Rechnung zu tragen, all das vermittelt durch die Holländer über die erste Handelsgesellschaft mit wahrhaft globalem Aktionsradius. Dies zeigt beispielhaft, wie die Kontinente der Welt erstmals durch Schiffe und Handel miteinander in Verbindung traten. Was die Welt nun brauchte, war ein allgemein gültiges Tauschmittel – eine internationale Währung. Im nächsten Kapitel wird beschrieben, worauf sich die weltweiten Handelsgeschäfte in diesen frühen Jahren gründeten: auf Silber, das in Südamerika gewonnen, zu spanischen Münzen von acht Reales geprägt und in die ganze Welt exportiert wurde – das erste globale Geld.
80
Acht-Reales-Stücke
Spanische Münzen, in Potosí, Bolivien, geprägt
Prägung 1573–1598 n. Chr.
Mit Geld, so wird in der Werbung behauptet, können wir unsere Träume verwirklichen. Aber es gibt Geld, insbesondere in Form von Münzen, das an sich schon der Stoff von Träumen ist, Münzen mit klingenden Namen, in denen der Zauber alter Geschichten und Legenden mitschwingt – Dukat, Florin, Groschen, Guinee und Taler. Aber keine von ihnen kann sich mit der berühmtesten von allen messen – der Silbermünze zu acht Reales. Aus Romanen und Filmen von Stevensons
Schatzinsel
bis
Fluch der Karibik
bekannt, beschwört sie eine ganze Flut von Bildern herauf – Armadas und Schatzflotten, Schiffswracks, Schlachten und Piraten, die hohe See und das
Weitere Kostenlose Bücher