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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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Überlieferung nach seit Hunderten von Jahren vor dem Thoraschrein hing und angeblich aus Spanien stammte. Die Stickerei darauf war stumpf geworden, bestand aber aus reinem Gold.
    Â»Ich bin so oft dagesessen und habe auf diesen Vorhang gestarrt«, sagte Saul Moreno. »Es ist merkwürdig, ihn plötzlich im eigenen Haus zu haben.«
    Â»Sehen Sie sich die Stickerei an, Saul. So etwas könnte heute keiner mehr. Das ist die Handwerkskunst aus einem anderen Zeitalter.«
    Roza strich mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Bewunderung über das erhabene Muster.
    Â»Und das sind einige rabbinische Lehren, die wir aus Spanien mitgebracht haben. Sie sind heute schwer zu entziffern. Nur eine Seite ist erhalten geblieben. Auf Ladino. Sehen Sie nur, wie liebevoll es geschrieben ist.«
    Schließlich nahm er einen Tallit, einen Gebetsschal, aus einem Behälter. Es war der feinste, fragilste Gegenstand von allen, ein Stück gestreifter Seide, vielleicht fünfhundert Jahre alt, mit den obligatorischen Quasten daran.
    Â»Wir glauben, der Gebetsschal könnte jemandem gehört haben, der mit dem ersten Schiff aus Spanien kam«, er klärte er.
    Niemand sagte ein Wort, während Saul Moreno die Schätze betrachtete und sich fragte, wo um alles in der Welt er sie verstecken könnte. Schließlich brach Roza das Schweigen.
    Â»Saul, wir müssen helfen. Ich glaube, das können wir.«
    Â»Wie denn?«
    Â»Wir werden die ganze Nacht nähen.«
    Saul sah sie verständnislos an. Im Gegensatz zu ihrem Mann hatte Roza sofort gewusst, was getan werden musste.
    Â»Ich weiß genau, wie ich es machen werde«, sagte sie. »Das Papier der Schriften muss zwar an ein paar Stellen durchstochen werden, aber das lässt sich nicht ändern.«
    Â»Ihre Frau hat recht. Wir müssen uns mit ein paar kleineren Schäden abfinden. Wenn nicht, verlieren wir alles.«
    Â»Deshalb sind wir zu Ihnen gekommen.«
    Â»Ah, und das hätten wir auch noch.«
    Der ältere Mann wickelte einen Jad aus, einen Zeigestab, mit dem man anstelle des Fingers die Zeilen entlangfuhr, um die heiligen Schriften nicht zu berühren. Am Ende des silbernen Stabs befand sich eine winzige Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger.
    Â»Er ist nicht so alt wie die anderen Sachen. Aber wir können nicht zulassen, dass sie ihn mitnehmen.«
    Â»Ich weiß nicht, was wir mit dem machen sollen«, sagte Roza Moreno. »Unter den Bodendielen wäre vielleicht der beste Platz dafür …«
    Ausnahmsweise erlaubte Saul Moreno, dass seine Frau das Heft in die Hand nahm. Sie hatte eindeutig einen Plan.
    Â»Und den Koffer können Sie wieder mitnehmen«, sagte sie. »Sobald wir fertig sind, gibt’s nichts mehr zu verstecken. Dann hängt alles ganz offen da.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Kannst du bitte Isaac holen?«
    Der ältere Sohn war oben, kam aber schnell herunter.
    Â»Isaac, geh bitte nach nebenan und hol Katerina und Eugenia. Und dann musst du schnell eine Runde durch die Stadt machen. Ich brauche Allegra, Martha, Mercada, Sara, Hannah, Bella und Esther. Sag ihnen, sie sollen alle herkommen. Sag, dass es dringend ist. Und du, Saul, kannst du ins Atelier gehen? Von dort brauchen wir auch ein paar Dinge.«
    Eilig schrieb Roza eine Liste von Gegenständen auf: mehrere Meter Seide, Futterstoff, ein Dutzend bunte Garnrollen und ein paar Meter Litze.
    Die beiden Rabbis hasteten gerade die Straße hinunter, als Katerina und Eugenia auf der Schwelle erschienen.
    Â»Was ist denn passiert?«, fragte Eugenia besorgt und sah auf die seltsame Sammlung von Gegenständen. »Wer waren diese Männer?«
    Roza erklärte es ihr. Innerhalb einer Viertelstunde waren die anderen Frauen eingetroffen, und schon bald wusste jede von ihnen, was getan werden musste. Roza verteilte die verschiedenen Aufgaben und zeichnete die Muster auf, die sie sticken sollten. Nachdem sie die vergangenen fünfzig Jahre für die Synagoge gestickt hatte, fehlte es ihr nicht an Ideen, was Bilder und Muster anbelangte.
    Acht Frauen sollten an einem Quilt arbeiten, um den Parochet darin zu verstecken. In einer Nacht würden sie eine Decke herstellen, für die man normalerweise mehrere Monate brauchte. Im Zentrum der Decke gäbe es eine erlesene Stickerei, die Granatäpfel darstellte, und die würde von einem Muster umrahmt, in das bestimmte Worte auf Ladino eingestickt wären. Damit benutzte

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