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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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Besuch ab. Einer von ihnen sprach ausreichend Griechisch, um sich verständlich zu machen, weil er wahrscheinlich Altgriechisch studiert hatte. Sie stellten sich höflich als Vertreter der Kommission für Jüdische Angelegenheiten vor, die zum Zweck des Studiums des Weltjudentums gegründet worden sei. Der Gründer der Kommission, Alfred Rosenberg, sei ein sehr kultivierter und gebildeter Mann und wünsche, dass sie alle wichtigen Dokumente und Manuskripte zusammenstellten und an den Hauptsitz der Kommission in Frankfurt übergäben.
    Alles hörte sich plausibel und nach wissenschaftlichem Interesse an, und selbst der Name des Gründers klang jüdisch. Die Rabbiner nickten, lächelten und täuschten großes Interesse und Einverständnis vor.
    Â»Also, wann wollen Sie mit dem Einsammeln beginnen?«, fragte einer der jüdischen Älteren eifrig.
    Â»Morgen bei Tagesanbruch«, antwortete der mit dem glatt zurückgekämmten Haar. Seine schmalen Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln, aber seine blauen Augen blieben kalt. »Und im Lauf der kommenden Woche hoffen wir, mit dem Katalogisieren fertig zu sein. Wir gehen davon aus, dass alles, was wir brauchen, bis dahin verpackt ist. Das Ganze hängt natürlich von der bedingungslosen Kooperation der jüdischen Gemeinde ab. Und wir verlassen uns darauf, dass Sie dafür Sorge tragen.«
    Â»Selbstverständlich«, antworteten die beiden jüdischen Gemeindevertreter im Chor. »Kommen Sie morgen früh wieder her?«
    Die Männer nickten. Sie befanden sich in der Synagoge, die einige der wenigen Schätze enthielt, die den Brand vor mehr als zwanzig Jahren überstanden hatten. Während einer der Deutschen das Reden übernahm, wanderte sein Kollege herum und inspizierte den Raum. Vor dem Thoraschrein, dem hohen Schrank mit den heiligen Schriften, blieb er stehen.
    Â»Ich schätze, die Thorarollen sind hier drin«, sagte er. »Könnten wir vielleicht einen Blick hineinwerfen?« Seine Finger strichen mit einer fast sinnlichen Begierde über den Vorhang davor.
    Â»Der Schlüssel wird nicht hier aufbewahrt«, erklärte einer der Rabbis. »Aber morgen habe ich ihn.«
    Sobald die Deutschen fort waren, begannen die Rabbis, mit gedämpften Stimmen hastig aufeinander einzureden. Kurz darauf verließen sie die Synagoge und waren fünfzehn Minuten später in der Irinistraße. Es war sieben Uhr abends.
    Als Saul Moreno die beiden bärtigen Männer mit besorgten Mienen vor seiner Tür stehen sah, stieg eine Angst in ihm auf, die er seit dem Anblick der in die Stadt rollenden Panzer nicht mehr verspürt hatte.
    Â»Wir müssen Sachen verstecken«, erklärte einer der Rabbis atemlos.
    Â»Nicht alles. Aber einiges, ansonsten erregen wir Verdacht«, sagte der andere.
    Die beiden nahmen Platz, während Saul Moreno erregt auf und ab ging.
    Â»Also, was soll ich tun? Sie bitten mich doch nicht, irgend was im Atelier zu verstecken?«
    Â»Nicht direkt …«
    Â»Weil dort fast jeden Tag Deutsche hinkommen. Das würde mein Personal in große Gefahr bringen.«
    Â»Nun, darum bitten wir Sie nicht. Das würden wir Ihnen nicht zumuten.«
    Â»Und natürlich können wir nicht alle Schriftrollen verstecken. Das ist unmöglich. Aber wir brauchen Sie, um ein Manuskript und das Fragment einer Rolle zu verstecken. Und den Vorhang. Wir müssen es versuchen«, bat der jüngere Mann. »Und Sie sind der Einzige, der uns helfen kann.«
    Saul Moreno hörte zu. Er wollte unbedingt helfen. Nichts war ihm wichtiger als die Pflicht seiner Synagoge gegenüber, aber er hatte große Sorge, seine Frau, seine Söhne und all die Menschen in Gefahr zu bringen, die für ihn arbeiteten.
    Der Rabbi hatte einen abgewetzten Lederkoffer bei sich.
    Â»Ich will Ihnen zeigen, was wir haben. Dann können Sie selbst entscheiden, ob Sie unsere Idee für verrückt halten.«
    Roza Moreno blickte ihrem Mann über die Schulter, und im flackernden Kerzenlicht sahen sie zu, wie der Rabbi den Koffer öffnete und den Inhalt vorsichtig herauszunehmen begann. Einen Gegenstand nach dem anderen legte er zum Staunen der Morenos auf den Tisch.
    Â»Das ist ein Fragment der Thorarolle, die man für die älteste in Thessaloniki hält.«
    Dann faltete er ein großes Samttuch auf, das ihnen durchaus vertraut war.
    Es war der Parochet, ein Vorhang, der der

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