Eine Geschichte von Liebe und Feuer
Mahlzeiten.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Olga lächelnd, und dabei entging ihr nicht, dass Katerina ernst blieb und ihr Lächeln nicht erwiderte.
Später am Tag erwähnte sie ihre Beobachtung gegenüber Pavlina.
»Sie hat sich nicht gerade so verhalten, wie man es von einer frisch verheirateten Frau erwarten würde.«
»Ja, sie wirkt bedrückt«, erwiderte Pavlina. »Aber sie war ja von Anfang an nicht gerade wahnsinnig verliebt in ihn.«
»Das stimmt, aber ich habe gehofft, sie würde Grigoris Gourgouris mit der Zeit wenigstens ein bisschen mögen.«
»Na ja, vielleicht ist es noch zu früh dafür.«
»Möglicherweise fühlt sie sich nicht gut«, wandte Olga vorsichtig ein.
»Sie meinen, sie ist schwanger? Das wäre aber schnell gegangen!«
»Aber es wäre doch möglich, oder?«
»Wohl kaum, das hätte sie mir gegenüber bestimmt erwähnt.« Pavlina klang entrüstet.
»Ich habe sie jedenfalls gebeten, nächste Woche wiederzukommen, hoffentlich fühlt sie sich dann etwas besser.«
Als Katerina in der Woche darauf wieder in der Villa er schien, wirkte sie noch niedergedrückter als bei ihrem letzten Besuch. Pavlina hielt nach den untrüglichen Zeichen einer Schwangerschaft Ausschau, konnte aber keine entdecken. Die junge Frau schien einfach jeden Schwung und alle Lebenslust verloren zu haben. Pavlina erinnerte sich noch genau an ihre erste Begegnung mit Katerina, als sie mit Eugenia und deren Töchtern in der IrinistraÃe einzog. Damals war das kleine sechsjährige Mädchen der reinste Sonnenschein gewesen. Obwohl der Rest der Familie einen ängst lichen und misstrauischen Eindruck machte, schien von dem Kind in dem hellen Hängerkleidchen ein inneres Leuchten auszugehen. Dieses Licht war nun erloschen. Es war Mitte August und der heiÃeste Tag dieses Sommers. Das Meer breitete sich glatt wie eine Fläche aus geschmolzenem Silber aus und reflektierte den farblosen, dunstigen Himmel. Nachdem sie Katerina eingelassen hatte, bot ihr Pavlina am Küchentisch ein kühles Getränk an.
»Ist alles in Ordnung mit dir, Katerina? Du bist so still in letzter Zeit.«
»Mir gehtâs gut, Pavlina. Es ist bloà so schwül heute.«
»Bist du sicher, dass es nur das ist? Ich habe das Gefühl, es stimmt etwas nicht. Bist du denn glücklich mit deinem Mann?«
»Ja«, antwortete Katerina knapp. Sie wollte keinesfalls das Versprechen brechen, das sie sich selbst gegeben hatte: ohne Klagen durchzuhalten. »Alles bestens.«
Sie stand auf, um sich Pavlinas Fragen zu entziehen.
»Kann ich zu Kyria Komninou raufgehen?«
Mit den Kleidern über dem Arm ging sie nach oben und traf Olga auf dem Treppenabsatz.
»Guten Tag, Kyria Komninou«, sagte sie und bemühte sich um eine gewisse Fröhlichkeit in der Stimme.
»Guten Morgen, Katerina. Sollen wir gleich in mein Ankleidezimmer gehen?«
Katerina folgte ihr. Dort begann sie, Abnäher abzustecken und an Ãrmeln und Rock Maà zu nehmen. Normalerweise hätten sie sich dabei unterhalten, aber Katerinas angestrengt gerunzelte Stirn hielt Olga davon ab, ein Gespräch anzufangen.
Sie wollte nicht in sie dringen, dennoch war offenkundig, dass etwas nicht stimmte. Katerina war eindeutig unglücklich, und Olga wusste instinktiv, dass es mit Grigoris Gourgouris zu tun hatte. Dieser überhebliche, selbstgefällige Mensch, der schon so oft an ihrem Tisch gesessen und über seine eigenen schlechten Witze gelacht hatte, musste für die Schwermut verantwortlich sein, die wie ein dunkler Schatten über der jungen Frau lag. Olga wusste, was es hieÃ, unglücklich verheiratet zu sein, und stumme Resignation war ihr nur zu gut bekannt. Insgeheim fühlte sie sich verbunden mit Katerina. Sie beide hatten den gleichen Fehler begangen, und es blieb ihnen keine andere Wahl, als lebenslang dafür zu büÃen.
Katerina sah auf, und ihr Blick streifte die Kommode, wo ein gerahmtes Foto von Dimitri stand. Es war das gleiche, das ihr Pavlina gegeben hatte.
Olga folgte ihrem Blick.
»Er war so hübsch, nicht?«
»Ja«, sagte Katerina, und Tränen standen in ihren Augen. »Sehr. Und auch so mutig.«
Sie blickte in das Gesicht eines Menschen, der mutig für die Vertreibung der Deutschen aus Griechenland gekämpft hatte, und heute Nacht würde sie das Bett mit jemandem tei len,
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