Eine Geschichte von Liebe und Feuer
den harten, brennenden Schlag.
Als Pavlina von einem Spaziergang mit dem Baby zurückkehrte, war sie erstaunt, Olga schluchzend auf ihrem Bett vorzufinden. Als ihre Herrin schlieÃlich den Kopf aus den Kissen hob, war Pavlina schockiert über das rote Mal auf ihrer Wange.
»Es ist eine Schande«, sagte Pavlina. »Sein Vater hätte so etwas nie getan. Und sein Bruder auch nicht.«
»Dabei habe ich ihm gar nichts vorgepredigt, Pavlina. Bloà meine Meinung gesagt.«
»Und dann ist er gegangen, ja?«
»Ja. Und er hat mir gesagt, dass er ab jetzt anderswo wohnen wird.«
Das Baby musste gefüttert werden, deshalb konnten sie die Unterhaltung nicht fortsetzen, aber Olga wusste, dass die Beziehung zu ihrem Mann nie mehr die gleiche sein würde.
Nachdem sie sich von dem Schock der Ohrfeige einigermaÃen erholt hatte, gestand sie Pavlina, welch groÃe Erleichterung es sei, nicht mehr mit ihrem jähzornigen Gatten in dem kleinen Haus zusammenleben zu müssen. Er schickte eine Nachricht, dass er wieder in das Hotel gezogen sei, in dem er nach dem Brand gewohnt habe. Es liege näher bei seinen Bauprojekten, was eine plausible Erklärung liefere, falls sich jemand in der IrinistraÃe über seinen Auszug wundern sollte.
Alles war friedlich, bis ein paar Tage später Dimitri wesentlich mehr zu schreien begann als gewöhnlich und selbst Pavlina, die sich gern mit ihrem Geschick im Umgang mit Neugeborenen brüstete, keinen Rat mehr wusste.
Olga und Pavlina hielten ihn abwechselnd in den Armen, schaukelten ihn stundenlang hin und her, aber sein Schreien lieà sich nicht abstellen.
Eines Morgens tauchte unerwartet Konstantinos auf.
»Ich kann unser Kind bis auf die StraÃe hinaus hören!«, schrie er, einerseits aus Wut, andererseits, um sich über das Brüllen des Babys hinweg verständlich zu machen. »Er muss krank sein! Warum hast du keinen Arzt geholt?«
»Babys schreien oft so, sobald ihre Lungen zu Kräften gekommen sind«, sagte Pavlina abwehrend, als sie sah, wie Olga zusammenzuckte beim Zorn ihres Mannes.
Konstantinos fuhr herum.
»Ich werde Dr. Papadakis Bescheid geben, dass er heute Nachmittag vorbeikommen soll«, erklärte er knapp. »Ich weiÃ, dass du einige Erfahrung hast, Pavlina, aber ich finde, es wäre gut, die Ansicht eines erfahrenen Mediziners zu hören.«
Nach diesem Vorfall hielt sich Konstantinos, abgesehen von ein paar gelegentlichen Besuchen, fern. Er brachte das nötige Geld für die Lebenshaltung, blieb aber nie zum Essen.
Bald darauf erschien Dr. Papadakis in der IrinistraÃe. Er war noch nie in dem Viertel gewesen und machte genau wie Konstantinos Komninos keinen Hehl aus seiner Abscheu. Während der kurzen Dauer seines Besuchs trug er die Miene eines Mannes zur Schau, der eigentlich ganz woanders hin unterwegs war.
Er untersuchte Mutter und Kind und stellte schnell fest, dass das Problem an der Muttermilch lag. Sie reiche nicht aus. Sie müssten eine Amme für Dimitri finden.
Olga war traurig über diesen Befund. Sie hatte die enge körperliche Verbundenheit mit ihrem Baby beim Stillen sehr genossen, aber sie würde natürlich tun, was das Beste für das Kind war.
Das Schöne am Leben in einer dicht besiedelten StraÃe war, dass man in jeder Notlage schnell Hilfe fand, egal, ob es sich um die Reparatur eines Schuhs, das Fangen einer Ratte oder um einen Botengang ans andere Ende der Stadt handelte. Auch die Lösung für Olgas Problem lag nur einen Steinwurf weit entfernt.
»Ich habe aufgehört, Elias zu stillen«, sagte Roza, »aber ich habe noch viel Milch. Soll ich ihn übernehmen?«
Es schien die natürlichste Sache der Welt zu sein.
Noch am selben Tag saugte Dimitri an einer anderen Brust. Sein Magen wurde gut gefüllt, und unter den liebe vollen Blicken seiner Mutter kam er wieder zu Kräften. Ihrem Mann sagte sie nicht, um wen es sich bei der Amme handelte, weil sie wusste, dass ihre Wahl nicht seine Zustimmung gefunden hätte.
In dieser StraÃe, die den Reichen so armselig und schäbig erschien, blühte ein starker Gemeinschaftssinn. So dicht aneinandergedrängt auf so engem Raum zu leben machte die Leute keineswegs weniger aufgeschlossen oder weniger tolerant. Eher war das Gegenteil der Fall.
Die Kinder spielten miteinander, egal welcher Konfession sie angehörten, und wenn sie um die nahe Kirche, die Ruinen der
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