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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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Urteil.
    Â»Das Beste ist, ihr bleibt erst mal zusammen, und in der Zwischenzeit stellen wir Nachforschungen über den Verbleib deiner Mutter an. Es wurden zwar Listen geführt, aber die sind nicht genau genug, um ein kleines Kind nach Athen zu schicken! Deine Mutter könnte dort, aber auch hier oder ganz woanders sein. Aber wir tun unser Bestes, um euch wieder zusammenzuführen.«
    Sie hatte Katerinas Hände in die ihren genommen und blickte in die hellen, vertrauensvollen Augen des Kindes. Das kleine Mädchen saugte jedes Wort auf und nahm alles widerspruchslos hin.
    Â»Wollen wir gehen?«, fragte die Frau entschieden. »Kommt mit. Helft eurer Mutter mit ihren Sachen.«
    Eugenia kamen fast die Tränen vor Erleichterung, weil sie sich das Haus gesichert hatte. Die vier folgten der großen Frau, und die Mädchen hatten Mühe, mit der forschen Amerikanerin Schritt zu halten.
    Immer weiter und weiter stiegen sie hinauf und folgten der Straße, die vom Meer wegführte. Die Stadt war an einen Hang gebaut, und ihr Haus schien ganz oben zu liegen. In den Straßen und schmalen Gassen drängten sich Menschen mit Koffern und Karren, und selbst Tiere zwängten sich an ihnen vorbei. Genauso regelmäßig, wie Schiffe eintrafen, die Leute brachten, gab es einen ständigen Strom von Menschen, die Thessaloniki verließen. All das Hasten und Rennen wirkte so planlos wie das Gewimmel eines Ameisenhaufens, und dennoch hatte jeder ein Ziel. Selbst wenn nicht alle mit Sicherheit sagen konnten, wo ihre Reise enden würde, eines war sicher: Die Christen kamen, und die Muslime gingen.
    Ein- oder zweimal musste die Amerikanerin stehen bleiben, um eine Gruppe von Leuten vorbeizulassen, andernfalls wären sie und ihr Anhang buchstäblich überrannt worden.
    Â»Da sind wir«, sagte die Frau schließlich lächelnd. »In der Irinistraße.«
    Sie befanden sich am Ende einer staubigen schmalen Gasse, die sicher nur im Hochsommer Sonnenlicht abbekam und im Winter voller Schlammlöcher wäre, wie Eugenia vermutete. Alles erinnerte sie an den Dorfplatz in ihrer früheren Heimat: die über die Fassade hinausragenden oberen Stockwerke der einfachen Häuser und die Hühner, die auf der Suche nach Futter geschäftig herumpickten. Es fühlte sich fast wie zu Hause an.
    Auf Katerina hingegen wirkte die Umgebung weniger ver traut. Die Straße in Smyrna, in der sie gewohnt hatte, war mit Marmor gepflastert, und die einzigen Tiere, die sie je in der Nähe ihres Hauses gesehen hatte, waren Kutschpferde gewesen.
    Im Gegensatz zu allen Straßen, die sie bisher durchquert hatten, herrschte hier Stille. Niemand störte die Zeit der Mittagsruhe.
    Â»Wir sind fast da«, sagte die Amerikanerin aufmunternd. »Seht her, hier ist das Haus … und da ist der Schlüssel!«
    Wie ein Zauberer zog sie den Schlüssel aus der Tasche, und alle blickten auf die Haustür, an der die dunkle Farbe abblätterte.
    Sie musste eine Weile mit dem Schloss herumfummeln, bevor es mit einem lauten, scharrenden Geräusch aufsprang.
    Hintereinander folgten sie der Amerikanerin über die Schwelle. Mit einem Streichholz wurde die alte Öllampe in der Ecke angezündet. In ihrem gelblichen Schein begannen seltsame Schatten zu tanzen.
    Â»Wir wollen etwas Tageslicht hereinlassen«, sagte Eugenia fröhlich. »Wir müssen doch sehen, wo wir sind!«
    Sie ging zum Fenster hinüber und stieß die schweren Holzläden auf. Ein greller Sonnenstrahl fiel schräg in den Raum und beleuchtete den Tisch, offenbar das zentrale Möbelstück.
    Katerina rührte sich nicht vom Fleck. Seit sechs Monaten war sie nicht mehr im Innern eines Hauses gewesen, und feste Mauern fühlten sich merkwürdig für sie an. Sie hatte sich an die dünnen Zeltwände des Lagers in Mytilini gewöhnt, und in einem Provisorium zu leben kam ihr ganz richtig vor, da sie jeden Morgen in der Hoffnung aufwachte, bald wieder mit ihrer Mutter und Schwester vereint zu sein. Hier war es anders: hölzerne Möbel, ein Steinboden und auf dem Tisch eine Vase mit Blumen. Die waren zwar schon lange verwelkt, und trockene Blütenblätter umringten den Fuß der Vase, aber die kahlen Stängel warfen scharfe Schatten auf den glänzenden Tisch.
    Â»Nun, Mädchen«, sagte Eugenia unnatürlich aufgekratzt, »hier wären wir. Zu Hause. Das ist jetzt unser Zuhause.«
    Niemand

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