Eine glückliche Ehe
Salatplatte. Das ist für die fast eine Beleidigung.« Er seufzte, betrachtete das Pflaster auf der neuen, alten Narbe und zog sich den Schlafanzug an. »Man kommt aus dem Sündigen nicht heraus.«
»Wenn es nur Essen und Trinken ist«, sagte Irmi leichthin.
Er blickte ihr nach, als sie ins Badezimmer ging, und schob die Unterlippe vor. Wie hat sie das gemeint, dachte er. Nur so als Redensart, oder ahnte sie etwas?
Später schliefen sie wie immer zusammen, sie atmete tief im Schlaf. Er konnte lange nicht einschlafen, betrachtete sie und war zufrieden, daß alles so gutgegangen war. Der Kreis hatte sich wieder geschlossen, das Leben nahm wieder seinen normalen Lauf.
Es blieb, als Fossil aus vergangenen Jahren, nur noch Dr. Velbert.
Und Dr. Velbert machte Schwierigkeiten.
Zunächst schrieb er ab und zu liebe Briefe, mit denen er Geld anforderte. Dann tauchte er in Köln auf, im Konzern, ließ sich bei Wegener melden und klagte sein Leid. St. Pauli fresse ihn auf. Er war noch aufgedunsener, hatte glänzende Augen, seine Hände zitterten.
»Laß das Fixen sein!« sagte Wegener. »Und wenn du glaubst, das mit dem Geld geht immer so weiter, dann irrst du dich!«
»Kamerad, wir sitzen im gleichen Boot!« Dr. Velbert lächelte unverschämt. »Was willst du machen? Ein Konzernherr, der in sich zusammenfällt wie ein Ballon, wenn man hineinsticht! Das bist du doch! Weiter nichts. Und ich habe die Nadel in der Hand!«
»Dr. jur. Velbert, ein gemeiner Erpresser?!«
»Das beleidigt mich gar nicht. Ich habe schon andere Dinge gemacht, um nicht zu ersaufen!« Er beugte sich über den breiten Schreibtisch. »Nimmt man es ganz genau, Hellmuth – oder bist du Peter?! – dann bin ich dein Teilhaber. Indem ich den Mund halte, pumpe ich den Konzern immer größer. Logisch gesehen müßte das eine Partnerschaft fünfzig zu fünfzig sein!«
»Du bist total verrückt!« sagte Wegener eiskalt.
»Wenn du bleibst, was du bist, bleibst du es nur durch mich – das ist doch keine Frage! Was ich für diese Glanzleistung bekomme, von dir bisher bekommen habe, ist schäbig genug. Auch das muß man einsehen.«
»Was willst du?«
»Eine größere Summe, Hellmuth. Sagen wir hunderttausend. Ein Haus an der Côte d'Azur. Da wollte ich schon immer leben!« Dr. Velbert lehnte sich genüßlich zurück. »Du mußt dich daran gewöhnen, eine Made in deinem Speck zu haben. Ich verspreche dir, eine zahme Made zu sein. Nur: Ich will leben!«
»Ich überlege es mir«, sagte Wegener dumpf. »Ich gebe dir einen Scheck über zwanzigtausend mit, und dann verschwinde!«
Dr. Velbert reiste ab. Nach Cannes. Dort mietete er zunächst eine Villa und schickte Mietvertrag und Rechnungen schamlos an Wegener. Da es Privatbriefe waren, liefen sie nicht durch das Sekretariat. Wegener zerriß sie oder schloß sie in seinen Tresor ein.
So geht es nicht, grübelte er. Rudi Velbert wird immer unverschämter werden, und ich werde zahlen müssen, zahlen, immer nur zahlen, bis er tatsächlich die Hälfte alles dessen an sich gerissen hat, was ich geschaffen habe. Soll man jetzt die Wahrheit sagen? Zunächst zu Irmi, dann zu Dr. Schwangler? Kann man das überhaupt noch? Bricht dann nicht alles zusammen?!
Er wälzte das Problem so lange vor sich her, bis Dr. Velbert aus Cannes telefonierte und verlangte, die Villa zu kaufen. Er habe jetzt eine tolle Geliebte, sagte er, eine Fünfundzwanzigjährige, die ein Wirbelwind im Bett sei, und das alles koste nun viel mehr Geld als bisher. »Jetzt weiß ich endlich, was Leben ist!« jubelte Dr. Velbert ins Telefon. »Ist alles klar, Hellmuth?«
»Nein!« sagte Wegener rauh. »Ich zahle nicht mehr!«
»Bist du verrückt?!« schrie Dr. Velbert. »Peter Hasslick, überlege mal …«
»Ich habe überlegt! Du gehst vor die Hunde, ich gehe vor die Hunde! Na wenn schon!«
»Und deine Werke?! Deine Frau? Deine Kinder?!«
»Ihnen gehört alles nach meinem Tod! Was ich geschaffen habe, kann man mir nicht mehr wegnehmen. Nur mich selbst werden sie bekommen! Aber das ist mir jetzt gleichgültig. Ich habe gute Nachfolger herangezogen, meine Fabriken werden weiterlaufen! Aber du, du verdammtes Schwein, kannst dich in Cannes im Meer ersäufen! Nicht eine müde Mark mehr, ist das klar?!«
»Laß uns verhandeln, Hellmuth …«
»Nein!« Er legte auf und starrte das Telefon an.
Was kommt jetzt? Wie wird Velbert reagieren?! Irmi und die Kinder waren versorgt, Dr. Schwangler würde alles weiterführen. Nur er, der Peter Hasslick, der
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