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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Über-der-Krankheit-Stehen, die Distanz zum Leiden. Ich leide immer mit.«
    »Alles Übungssache, mein Junge. Wenn zu mir ein Kranker in die Apotheke kommt, dem der Krebs schon aus den Augen wächst, kann ich auch nicht rufen: Laß die Medikamente weg, Freund, sie helfen gar nichts – du hast nur noch ein paar Wochen, mach dir lieber ein schönes Leben! – Man stumpft ab, und das ist nur ein Ausdruck der Gewohnheit.« Lohmann beugte sich vor und legte beide Hände auf Wegeners Knie. »Versuch es wenigstens, Hellmuth!«
    »Nein, Vater. Es wäre vergeudete Zeit. Und ich habe schon vier Jahre verloren. Man sollte sie auf andere Weise nachholen.«
    »Und wie?«
    »Ich trete in deine Apotheke ein und lerne den ganzen kaufmännischen Kram.«
    »Das ist eine Totgeburt, Hellmuth! Eine Apotheke braucht einen Apotheker, aber keinen Buchhalter. Wenn du Pharmakologie studieren würdest …«
    »Ich glaube, ich besitze ein gewisses Organisationstalent. Irmi erzählte mir von einigen pharmazeutischen Erfindungen, die du gemacht hast. Wenn wir eine Firma gründen, die das auswertet …«
    »Eine Firma in dieser Zeit?« Lohmann schlug mit der Faust auf seine Sessellehne. »Sollen wir unsere Medikamente im Waschkessel kochen?!«
    »Wenn das geht – warum nicht?!«
    »Du bist verrückt, Junge – verzeih mir!«
    »Die Zeiten werden sich ändern, Vater. Deutschland ist ein Trümmerhaufen, ein Land des Nichts. Hier wird es wieder Pioniere geben, die ganz von vorne anfangen und ganz neue Methoden entwickeln werden. Wir sollten an morgen glauben und uns darauf einrichten. Von mir aus brauen wir deine Medikamente in der Waschküche und verkaufen sie in Zeitungspapier – aber wir sind da! Und wir werden vor allem da sein, wenn aus Deutschland wieder ein vernünftiger Staat geworden ist.«
    »Glaubst du daran?«
    »Ja! Wenn wir in die Hände spucken, bleiben sie nicht trocken! Das allein zählt. Und das kann uns auch kein Sieger wegnehmen. Wir liegen auf der Schnauze, aber wir können noch atmen, Vater, wir sollten uns wirklich konkrete Gedanken darüber machen!«
    Viel später, in der Nacht – Wegener war schon ins Bett gegangen, und Irmgard räumte die Weingläser und die bis zum Rand gefüllten Aschenbecher weg – sagte Johann Lohmann zu seiner Tochter:
    »Dein Mann ist ein Phantast, aber ein Phantast mit verdammt überlegenswürdigen Ideen! Als ich ihn heute zum erstenmal in natura sah, wäre ich fast umgefallen. Das Foto, das wir von ihm kennen, ist ja ein Bild aus 1.001 Nacht gegen die Wirklichkeit! Wenn der unter der Dusche steht, muß er ja hin und her springen, um naß zu werden!«
    »Er kommt aus Sibirien, Paps!«
    »Und jetzt will er, daß ich eine pharmazeutische Fabrik aufmache!«
    »Das ist doch wunderbar!«
    »Und womit?« Lohmann griff zur Weinflasche, sah, daß noch ein Rest drin war, setzte sie an den Mund und trank sie aus. Den strafenden Blick seiner Tochter ignorierte er. »Er will nicht mehr studieren – er will organisieren! Theoretisch kann man alles machen. Aber wie sieht das dann in der Praxis aus? Der Junge schwebt in den Wolken. Trotzdem – ich beginne mich an ihn zu gewöhnen.«
    »Das ist schön, Paps.« Sie setzte sich ihm gegenüber in den Sessel, indem Wegener vorhin gehockt hatte, und zog die Knie an. Sie trug viel zu weite, schlotternde Hosen, »Hellmuth weiß, was er will.«
    »Bist du so sicher?«
    »Wenn er nicht wüßte, was er will, hätte er dir den Vorschlag mit der Fabrik nicht gemacht.«
    »Das ist eine typisch weibliche Logik«, sagte Lohmann. »Und damit wollt ihr ein neues Deutschland aufbauen …«
    Vier Wochen später sagte Irmgard zu ihrem Mann: »Ich war heute beim Arzt, Liebling. Es stimmt. Wir bekommen ein Kind.«
    Und Wegener antwortete: »Das ist schön, Irmi. Ich habe mir das immer gewünscht. Mindestens zwei Kinder. Ein Pärchen: Mädchen und Junge.«
    »Ich werde mir Mühe geben«, sagte sie. Sie lagen im Bett, nackt wie immer, Leib an Leib, jeder von der Wärme des anderen zehrend. Es war nicht der Nachholbedarf von vier Jahren unerfüllter Ehe – es war nichts als die Zärtlichkeit, die jeder von ihnen nötig hatte wie ein Glas Wasser oder ein Stück Brot: ein Grundstoff zum Leben. »Das hier wird ein Junge.«
    »Er wird Peter heißen«, meinte er.
    »Warum Peter?«
    »Ich hatte einen guten Freund, den besten«, sagte er. Er rollte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Sie schwieg, streichelte ihn nur und legte dann ihre Hand auf seine Männlichkeit. Er hatte das

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