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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aussprechen konnte, weshalb Hobolka auch, nach seiner Herkunft gefragt, immer fröhlich antwortete: »Ich stamme aus Bumski!« – Dieser Oscar also kam an die Bestände einer vergessenen Wehrmachtsapotheke heran, die man irgendwo in einem Bunker des Westwalles entdeckt hatte. Er kaufte den ganzen Ramsch für drei Schweine, die er von einer Bäuerin im Münsterland, einer Bäuerin im Hessischen und einer Bäuerin in der Pfalz bekommen hatte; jede von ihnen beschlief er bei seinen Rundfahrten von Apotheke zu Apotheke regelmäßig, gewissermaßen nach Fahrplan. Da auf seinem alten Lastwagen groß – unter einem Roten Kreuz – geschrieben stand: Arzneimitteltransport, wurde er von keinem kontrolliert, auch wenn er in Sperren geriet. Weder die Franzosen noch die Engländer, noch die Belgier oder Amerikaner hielten Oscar Hobolka an; auf sie wirkte das Rote Kreuz geradezu magisch. Die deutsche Polizei sah wenigstens noch die Papiere an, aber da diese immer von etlichen Dienststellen abgestempelt waren und Stempel so ziemlich das Wichtigste in den Augen der Behörden sind, kam keiner auf den Gedanken, hinten unter der Plane neben Kartons mit Prontosil und Packungen mit Hustensaft könne auch ein geschlachtetes Schwein liegen.
    Die alte Wehrmachtsapotheke erwies sich als ein Schatz. Die Entdecker hatten keine Ahnung; es waren zwei Braunkohlearbeiter, denen die drei Schweine handgreiflicher waren als Tausende von Packungen mit lateinischen Namen. Und Hellmuth Wegener legte noch zwanzig Stücke Seife dazu.
    »Bis jetzt habe ich die Hauptarbeit gehabt«, sagte Oscar Hobolka, als sie die Bestandsaufnahme der Wehrmachtsapotheke abgeschlossen hatten. Allein einhundertzwanzig Ampullen mit Morphin waren darunter, dreihundert Packungen eines Grippemittels, zehn Flaschen Äther, eine Reihe Fiebermittel, Cardiazol, Jodpräparate und – Oscar Hobolka jubelte auf – ein Karton voll Präservative, immer zu zweien verpackt.
    »Das war eine Fabrik im Sinne Luthers!« rief Hobolka fröhlich. »›In der Woche zwier schadet weder dir noch ihr‹, hat der gesagt. Wegener, damit läßt sich ins große Geschäft kommen! Wenn nichts mehr läuft – da läuft's immer!«
    Er kontrollierte eine Packung, pumpte zwei Präs voll Wasser, bis sie sich wie Ballons blähten, und sah Wegener zufrieden an. »Einwandfrei! Das ist noch gute Ware. Made in Germany! Zu solch extremen Dehnungen kommt es unter natürlichen Bedingungen nie! Da werden selbst Marokkaner blaß! Wegener, Ihre Aufgabe ist es, jetzt den Markt zu bearbeiten. Ich muß im Hintergrund bleiben. Sie wissen: Wenn 'ne Razzia kommt, können Sie als Apotheker und Mediziner immer noch sagen: ›Ich war auf′m Weg zu Patienten.‹ Mir nimmt das keiner ab. Ein Großhändler hat andere Kunden. Sie zum Beispiel!«
    Es war leichter, als Wegener es sich vorgestellt hatte. In Köln gab es bestimmte Straßen und Plätze, wo man sich traf. Dort herrschte immer ein reger Passantenverkehr, obgleich jedes Haus zerstört und eigentlich kein Grund ersichtlich war, gerade hier spazieren zu gehen. Da war der Neumarkt mit seinen Seitenstraßen, die nur noch Trümmer waren, wie etwa die Thieboldsgasse oder die Fleischmengergasse, da war der Heumarkt mit dem ehemaligen Hurenviertel Buttermarkt, und da war die Gegend hinter dem Hauptbahnhof, wo man bei richtigem Herumflüstern alles bekommen konnte, sogar amerikanische Maschinenpistolen. Ausweispapiere, gefälschte Lebensmittel- und Raucherkarten oder Bezugsscheine für Textilien gehörten schon gar nicht mehr zu den Besonderheiten.
    Als Wegener mit seinen Präservativen auftauchte, lachte man ihn aus. Aber als er die erste Ampulle Morphin vorzeigte, stellte er mit Verblüffung fest, daß er schnell zu einem Top-Händler wurde, der verlangen konnte, was im Rahmen des gerade noch Möglichen lag.
    Er stand in den Eingängen ausgebrannter Häuser, die Hände in den Taschen, und kannte bald jeden der eiskalten Profis, die hier nicht nur des knurrenden Magens wegen herumtappten und wie im Selbstgespräch ihre Waren feilboten: »Uhren!« – »Saccharin!« – »Seife!« – »Bezugsschein für eine Hose gegen Kaffee« –, sondern sie erhandelten sich oftmals in großen Ringtauschgeschäften ein Vermögen.
    »Nimm eine Knarre mit!« sagte Hobolka, als Wegener nach acht Tagen so bekannt war, daß man auf ihn wartete. Er führte immer nur vier Ampullen Morphin und einige Packungen anderer Medikamente bei sich, außerdem ein paar selbstgeschriebene Rezepte, um sich bei

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