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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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werden; man buk ja auch Reibekuchen in Schmierfett und kochte die Haut der Bücklinge als Suppe aus), könne er eine Woche überleben. Denn der Süchtige habe Speck und Margarine …
    Hellmuth schob das volle Magazin in den Griff der 08, steckte sie entsichert zwischen den Hosenbund und seinen nackten Bauch und verließ das Haus. Es war eine nicht gerade kalte, aber auch nicht angenehme Oktobernacht, der Übergang zum Spätherbst mit viel Feuchtigkeit in der Luft.
    Wegener überquerte den Hof, ging vorbei an den Materialstapeln und betrat die neue Halle, die Hand um den Griff der 08 gekrallt. Von hier war der huschende Schatten gekommen. Aber da war natürlich längst keiner mehr, und wenn wirklich ein Stück Kupferrohr von den Wasserleitungen fehlen sollte – scheiß was drauf, dachte er. Aber Irmi würde beruhigter schlafen, und wenn sie nächstens wieder vom Schießen träumte, würde sie sich nicht mehr so erschrecken.
    Er stand am Halleneingang und wollte sich schon umdrehen, um wieder zum Haus zurückzugehen, als er einen merkwürdigen Ton aus der Dunkelheit hörte. Einen Fall, ein dumpfes Hinplumpsen, so, als wenn ein Sack umstürzt. Säcke aber stürzen nicht von allein um, vor allem nicht bei diesem leichten Wind, der durch den Neubau zog.
    Wegener riß die Pistole aus dem Hosenbund und – es war merkwürdig, wie das in einem steckte und anscheinend nie verlorenging – es war ihm zumute wie damals bei Ranowjewo, als sie im Wald des Nachts von Partisanen überfallen wurden, nach allen Seiten auseinanderspritzten und dann jeder für sich, Mann gegen Mann, um das nackte Überleben kämpften. Damals hatte man tierische Instinkte entwickelt, man spürte und roch den Gegner, noch bevor man ihn sah.
    Er ging hinter einem Stapel Heizkörper in Deckung, kniete sich hin und lauschte mit gedrosseltem Atem. Das Plumpsen wiederholte sich nicht, aber auch kein anderer Laut als das leichte Windgeräusch war in der Halle zu hören. Kein Schleifen, kein schleichender Schritt, nichts.
    Warten wir, dachte Wegener. Da ist etwas, das kann mir jetzt keiner mehr ausreden, Irmi hatte doch recht … im Neubau steckt jemand! Aber der Schuß?! Was soll hier ein Schuß für einen Sinn haben? Sind zwei, die den gleichen Gedanken hatten, zusammengeraten und haben das Problem mit der Waffe gelöst?
    Er wartete noch eine Weile hinter den Heizkörpern, dann kroch er auf dem Bauch – beim Militär hatte man das Robben genannt, und damit konnte man in der Kaserne oder im Gelände jeden Renitenten fertigmachen – durch den Baustaub weiter in die Richtung, aus der er das Plumpsen gehört hatte.
    Seine Augen gewöhnten sich an die fade Dunkelheit in der Halle. Er konnte die Gegenstände klarer unterscheiden: einen Steinhaufen mitten im Saal, ein paar Holzkisten mit Installationsmaterial, gestapelte Abflußrohre aus Ton, sie sahen wie Kanonenrohre aus, ein großer, weißer Bottich mit angesetztem Kalk, ein paar Eisenträger, die man noch irgendwo einziehen mußte, aufeinandergelegte Matten aus Baustahlgeflecht, Drahtrollen. Und dort, zwischen dem Steinhaufen und einigen kleineren Heizkörpern, bewegte sich etwas, langsam, seltsam zuckend, ein verkrümmter Gegenstand, lautlos. Er lag auf der Erde, und Wegener hatte ihn nur bemerkt, weil er unter all den starren Gegenständen das einzige Bewegliche war.
    Etwas Eiskaltes griff an sein Herz. Irmi, dachte er. Wie gut, daß sie im Bett ist! Da liegt ein Mensch, und den hat man erschossen. Er zuckt noch, aber auch das wird gleich vorbei sein. Er kannte das … im Krieg hatte man gelernt, wie Sterbende sich bewegen.
    Wegener hob die Pistole und richtete sich in den Knien auf. Man kann nie wissen, wie der andere reagiert. Er hatte Russen erlebt, die noch die Hand hoben und abdrückten, während schon kein Leben mehr in ihren Augen war. Das Unmögliche konnte möglich werden, – damit hatte man an der Front leben müssen.
    »Bleib liegen!« sagte Hellmuth Wegener halblaut in die Halle hinein. »Breite die Arme seitlich aus und bleib liegen! Junge, ich habe eine 08 in der Hand. Weißt du, was für Löcher die reißen kann?! Ich komme jetzt zu dir, und wenn du dich rührst, knallt es!«
    Er wartete auf eine Antwort, aber die Gestalt auf der Erde schwieg. Sie zog nur ein Bein an, streckte es wieder und lag dann völlig unbeweglich.
    Wegener sprang mit drei Sätzen zu ihr hin und beugte sich über den Körper. Das Gesicht war von Kalkstaub weiß wie das eines gepuderten Clowns, und aus diesem weißen

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