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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie setzte sich in der Apotheke, hinter der Rezeptur, auf den Drehstuhl und hörte versteinert zu, wie Hellmuth zuerst den Arzt und dann die Polizei anrief. Sie mußte es mit anhören, es war zwecklos, sie bewegen zu wollen, hinauf in die Wohnung zu gehen. ›Erschossen‹, hörte sie, weil der Polizist, der im Revier Nachtwache hatte, immer wieder fragte, als sei das Wort ›erschossen‹ so wohlklingend, daß man es nicht oft genug hören konnte.
    »Sie haben den Apotheker Johann Lohmann erschossen!« schrie Wegener endlich. »Einbrecher! Erschossen! Vor ein paar Minuten! Sind Sie schwer von Begriff?«
    Der Polizist am anderen Ende mußte sich anscheinend über diesen unverschämten Ton beschweren. Wegener legte auf und sagte: »Vielleicht ist es wirklich so: Uniformen trocknen das Hirn aus.«
    Aber dann ging alles schneller, als man erwartet hatte. Dr. Hampel, der langjährige Hausarzt der Lohmanns, war sofort zur Stelle, er wohnte ja nur drei Häuserblocks weiter, zwei Polizeiautos kamen heran, ein alter Adlerwagen und ein klappriger DKW, dem sieben Beamte in Zivil – die Mordkommission – entstiegen, dazu ein Uniformierter, der sofort rief: »Wer war da vorhin am Telefon?! Sofort melden!« Irmi saß noch immer auf dem Drehstuhl, im Nachthemd, darüber den gesteppten Morgenrock, an den Füßen Pantoffeln mit Baumwolltroddeln. Hellmuth hatte ihr noch einen Mantel umgehängt, weil sie sich geweigert hatte, alles oben in der Wohnung abzuwarten. Das einzige, was Wegener erreichte, war, daß der Arzt und die Beamten der Mordkommission allein in den Neubau gehen konnten, ohne daß Irmi darauf bestand, sie zu begleiten. Dann hielt noch ein dritter Wagen mit einem weißhaarigen Mann, der sich als Polizeiarzt vorstellte und ebenfalls hinüberging in die neue Halle.
    Nach zehn Minuten kamen ein paar Männer zurück, mit ihnen die beiden Ärzte und der Uniformträger. »Kann ich telefonieren?« fragte einer, der sich als Kommissar Runckel vorstellte.
    Hellmuth Wegener zeigte auf das Telefon. »Selbstverständlich. Bitte!«
    Runckel hob den Hörer ab. Der Uniformierte starrte Wegener böse an. »Sie sind das also, der mich vorhin so unverschämt angepflaumt hat! Ich erkenne Ihre Stimme wieder!« sagte er laut.
    »Mann, halten Sie Ihre Schnauze!« schrie Wegener.
    Runckel winkte energisch ab, er hatte irgendeine vorgesetzte Stelle an der Strippe, vielleicht die Staatsanwaltschaft, falls es da einen Nachtdienst gab.
    »Ja, es ist einwandfrei Mord!« sagte Runckel mit der Unbefangenheit eines Mannes, bei dem Leichen zum Alltag gehören. »Schuß in die Brust, genau ins Herz. Muß ein blendender Schütze gewesen sein! Trotzdem hat, nach Aussagen des Schwiegersohnes, der Getötete noch einige Minuten überlebt. Eine Roßnatur anscheinend.«
    »Muß das sein?« sagte Wegener heiser dazwischen. »In Gegenwart meiner Frau …«
    »Ich hatte darum gebeten, daß die gnädige Frau hinaufgeht«, sagte Runckel ungehalten. »Ich bitte um Verzeihung, aber die amtlichen Ermittlungen müssen nun einmal gemacht werden, auch wenn Ihre Frau dabei sitzt.«
    »Aber Ihre dämlichen Bemerkungen können Sie sich sparen!« schrie Wegener.
    »Da sehen Sie es, Herr Kommissar«, sagte der Uniformierte zufrieden. »Ich hatte Ihnen ja gemeldet, daß …«
    Runckel winkte wieder ab. »Ja!« sagte er ins Telefon. »Schicken Sie den Wagen herüber. Bis dahin haben wir alles fotografiert und auch die Spurensicherung hinter uns. Einbruch mit Mord. Das wird jetzt typisch. Zum Kotzen! Ende.«
    Er warf den Hörer auf die Gabel, sah Irmgard kurz an, legte ihr tröstend eine Hand auf die Schulter und rannte wieder hinaus. Der Polizeiarzt und der Uniformierte folgten ihm, als sei die Gerechtigkeit ein Drilling.
    Dr. Hampel, der den Apotheker Lohmann natürlich sehr gut gekannt hatte, beugte sich über Irmgard. Ihr Blick war starr und leer, ihr junges Gesicht, das gar nicht zu ihrem schweren schwangeren Leib passen wollte, war bleich wie unbemaltes Porzellan.
    »Wir gehen jetzt ins Bett, Frau Wegener«, sagte der Arzt väterlich. »Ich gebe Ihnen eine Beruhigungsinjektion.«
    »Nein! Ich bin ganz ruhig«, sagte sie leise.
    »Sie müssen sich hinlegen!«
    »Nein.«
    »Denk an das Kind!« sagte Wegener wieder.
    Aber diesmal reagierte sie nicht darauf. Sie blieb auf dem Drehstuhl hinter der Rezeptur sitzen und beobachtete durch die große Fensterscheibe die nachtdunkle Straße. Ich weiß, worauf sie wartet, dachte Wegener. Wir müssen das verhindern, und wenn wir ihr

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