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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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… War das normal?!
    »Wie – wie fühlst du dich, mein Liebling?« Das ist eine saudumme Frage, dachte er. Man soll einen Kranken nie fragen, wie's ihm geht, im Gegenteil, man soll ihn von seiner Krankheit ablenken. »Nicht einmal Blumen habe ich –«, sagte er und grinste jungenhaft. »Die ganze Nacht habe ich hier gesessen, und Blumen vom Flur draußen wollte ich nicht klauen.«
    »Als ob es auf Blumen ankommt, Liebling«, sagte sie mit schwacher Stimme und schloß wieder die Augen. »Du bist da! Das ist so schön …« Sie atmete kräftiger durch, was ihn sehr beruhigte, und als sie sich bewegte, beugte er sich wieder über sie und hielt ihren rechten Arm fest.
    »Du darfst dich nicht bewegen, Irmchen. Du hast das Fieberthermometer in der Achsel.«
    »Was ist es, Hellmuth?« fragte sie und hielt die Augen geschlossen. »Unser Kind?«
    »Man hat es dir nicht gesagt? Das ist ja unerhört …«
    »Doch, doch … gleich, als ich aufwachte. Irgend jemand sagte es mir ins Ohr, aber ich habe es nicht begriffen. War gleich wieder weg …«
    »Ein Junge, Irmchen. Ein Junge ist es! Ein schöner, kräftiger, gesunder Junge. Ein Prachtjunge! Sagt der Professor! Kaiserschnittkinder sind immer besonders schöne Kinder, nicht so schrumpelig wie andere!«
    Sie lächelte wieder und öffnete ihre großen blauen Augen, in deren Glanz er ihre unendliche Liebe erkannte. »Das freut den Mediziner, nicht wahr?« sagte sie. »Hast du ihn schon untersucht?«
    »Ich habe ihn noch gar nicht zu Gesicht bekommen. Aber die Schwester sagte, daß sie Peter nachher bringen wird …«
    »Peter …« Sie drückte wieder die Nägel in seine Hand. »Er soll also wirklich Peter heißen?«
    »Peter Johann … ja.« Er wechselte von seinem Stuhl auf die Bettkante über und nahm Irmi das Thermometer aus der Achselhöhle. Er hielt es hoch und las die schmale blinkende Quecksilbersäule ab. 38,1. Etwas Fieber. Sicherlich eine Reaktion des Körpers auf den Eingriff. Immerhin hatte man ihr den ganzen Bauch aufgeschnitten, und Fieber – das hatte er im Kriegsgefangenenlazarett gelernt – war immer eine Abwehrreaktion des Organismus. Genauso wie eine Eiterung. Ob das stimmte, wußte er nicht. Auch das muß man also nachlesen, dachte er. Die einfachsten Dinge sind es oft, über die man stolpert.
    »Es sieht gut aus!« sagte er, nur um etwas zu sagen. »Das natürliche kleine Fieber. Morgen sieht alles anders aus.«
    »Die berühmte Krisenzeit, nicht wahr?« fragte sie.
    »Natürlich.«
    »Peter Wegener.« Sie sprach es langsam und betont aus. »Peter Johann Wegener. Es klingt eigentlich ganz gut. Typisch deutsch und voll Tradition.« Ihr Griff wurde fester. Die schlaffe Hand füllte sich schnell wieder mit pulsendem Leben. »Du hast ihn sehr gern gemocht, deinen Freund Peter, nicht wahr?«
    »Sehr«, antwortete er einsilbig.
    »Du hast mir wenig von ihm erzählt.«
    »Was gibt es schon zu erzählen, mein Liebling? Das war eine grausame Zeit, und er ist grausam gestorben. Auf einem dreckigen Dielenboden in der Schule von Orscha. Weil niemand Zeit für ihn hatte.«
    »Auch du hast ihm nicht helfen können?«
    »Ich auch nicht! Mit den bloßen Händen?!« Helfen? dachte er. Ich habe daneben gesessen und hätte die Wand anheulen können. Der Schlosser Peter Hasslick, hilflos wie ein Armloser. Nur Worte hatte ich, und das verdammte Versprechen, der zu werden, der ich jetzt bin.
    Verdammt? Ist dieses Leben verdammt?! Habe ich nicht Irmi, habe ich jetzt nicht ein Kind? Mein Kind, dieses Mal wirklich etwas Eigenes, nichts, was ich übernommen habe?! Ist dieses Leben jetzt nicht wirklich voll und ganz mein Leben?! Ich, Hellmuth Wegener! Das eine ist nur ein Name. Das andere aber ist das volle Leben, das ich mir selbst erbaut habe. Ich bin ich. Das genügt. Kommt es darauf an, welches Firmenschild darüber hängt?
    Irgendwie schien Irmi zu spüren, daß er an belastende Dinge dachte. Sie zog seine Hand an ihre Lippen und küßte sie. Es durchfuhr ihn heiß, er zuckte zusammen und riß sich von Peter Hasslick los.
    »Peter ist ein schöner Name«, sagte sie. Seine Hand blieb vor ihrem Mund liegen; er spürte ihre Lippen, rauh, trocken, an einigen Stellen aufgesprungen. »Ich habe Durst, Liebling«, sagte sie.
    »Du darfst jetzt noch nichts trinken, soviel ich weiß.« Er streichelte mit den Fingerkuppen ihre borkigen Lippen. »Bei einem offenen Bauch …«
    »Ich weiß, Herr Doktor.« Sie lächelte wieder, aber das ›Herr Doktor‹ gab ihm wieder einen Stich. Wie

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