Eine glückliche Ehe
die Jahre nichts, die gleichförmig dahinfließen wie das Wasser eines Baches.
So war auch das Leben des Hellmuth Wegener in den nächsten Jahren ein gleichförmiges Fließen. Sie erbrachten, wie zwangsläufig, eine Steigerung seiner Produktivität, seiner Arbeit, seiner Erfolge. Die Kinder wuchsen heran, Peter besuchte das Gymnasium, die Villa Fedeltà füllte sich von Jahr zu Jahr mehr mit wertvollen Möbeln, Teppichen und Gemälden. Die Protosano- Werke und die Vitalan- Fabrik waren längst zu Begriffen geworden, als Wegener 1964 sich entschloß, alles zusammenzufassen und seine Firmen von nun an ›Euromedica- Werke‹ zu nennen. Anlaß dazu war ein gehässiger Artikel in einer deutschen Zeitung, deren Chefredakteur früher, sinnigerweise, Kriegsberichter gewesen war. Er wärmte wieder die Geschichte von Onkel Axel Hellebrecht und seinem Gas auf. Wegener rief die Redaktion an.
»Sie werden uns zu groß!« sagte der verantwortliche Redakteur freimütig. »Sie persönlich interessieren uns überhaupt nicht. Aber das Monopol, das Sie auf dem Pharmazie Markt haben – das ist uns wichtig! Sie sind der Typ des Kapitalisten! Ob Sie sich das schwer und mit Schweiß auf der Stirn erarbeitet haben, interessiert uns einen Dreck! Sie sind reich, Millionen andere sind arm – das ist der Hammer! Was wären wir, wenn wir keine Buhmänner der Nation hätten?«
Wegener brach das Telefonat ab – es führte zu nichts. Man sagte sich das alles unter vier Augen, und die Redaktion würde doch alles abstreiten, wenn man dieses Gespräch bekanntgab.
Die Villa Fedeltà am Stadtwald von Köln wurde zu einem gesellschaftlichen Mittelpunkt. Und dessen Mittelpunkt wiederum war Irmi. Sie alterte anscheinend nicht, – sie erblühte nur! Wegener, der jetzt einhundertundneunzig Pfund wog und alles tat, etwas von seinem Gewicht herunterzubekommen, aber alle Bemühungen als nutzlos erkannte, da er pro Woche drei Arbeitsessen durchstehen mußte, kam sich ganz verloren vor, wenn Irmi nicht bei Empfängen repräsentierte. Da die meisten Verträge bei Essen und Trinken ausgehandelt werden, nutzte auch der Hinweis Dr. Bernharts' nichts, auch Heinrich VIII. habe sich zu Tode gefressen, und jedes Pfund über Normal verkürze die Lebenszeit um ein Jahr. Wegener nahm ihn zweimal zu Verhandlungen mit Auslandspartnern mit und setzte Dr. Bernharts an der Tafel unter die Manager. Hinterher hing der Arzt in einem Sessel, trank Mokka und sah Wegener wie ein geprügelter Hund an.
»Das ist Mord!« stöhnte er. »Ihr ermordet euch gegenseitig mit Löffel, Gabel und Messer!«
»Haben Sie einen anderen Vorschlag, Doktor?« fragte Wegener.
»Für diese Clique nicht! Sie haben heute abend mindestens 4.000 Kalorien zu sich genommen!«
»Und einen Vertrag über 30 Millionen unter Dach gebracht! Geben Sie mir einen vernünftigen Rat!«
»Bei diesen Zahlen weiß ich keinen Rat, Herr Wegener.« Dr. Bernharts trank den glühheißen Mokka mit kleinen Schlucken. »Haben Sie das noch nötig?«
»Ich nicht! Aber von meiner Arbeit leben 3.500 Arbeiter und Angestellte.«
»Delegieren Sie gute Mitarbeiter, die Ihnen das Fressen abnehmen!«
»Ich habe schon fünf Direktoren. Aber bei bestimmten Größenordnungen will man mich selbst sehen. Das wäre so, als müßten sich Ihre prominenten Privatpatienten mit telefonischen Ferndiagnosen zufrieden geben.«
Dr. Bernharts kapitulierte.
Dr. Schwangler hingegen konnte durchaus nicht begreifen, daß sein Freund ›bei diesem Lebenswandel nicht vom Fleische fiel‹. Er war noch immer der Meinung, Wegener fröne am Gereonswall verzehrenden Leidenschaften. Wochenlang hatte er seine Neugier gezügelt, aber eines Tages ging sie doch mit ihm durch.
Seit Hellmuth aus Sibirien zurückgekommen war, hatten Irmi und er immer alles gemeinsam gekauft. Es gab kein Kleid, das Wegener nicht mit ausgesucht hatte. Kein Paar Schuhe, das er nicht begutachtet, keine Bluse, die ihm Irmi nicht vorgeführt hätte. Oft saß er mit ihr stundenlang in den Modehäusern herum, denn Irmi kaufte grundsätzlich nur das, was Hellmuth für gut befunden hatte. Manchmal durchwühlte er selbst die Kleiderständer, zog heraus, was ihm gefiel, oder ließ es ändern. Es kam sogar so weit, daß Wegener in den Kabinen der Miedergeschäfte auf einem Hocker saß und die Büstenhalter und Miederhöschen begutachtete, die Irmi anprobierte.
»So was wie dich sollte man später einbalsamieren!« sagte Dr. Schwangler, als er von diesen Einkäufen erfuhr. »Sucht die
Weitere Kostenlose Bücher