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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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vollkommen verkohlten Rice Krispies.
    Die Frau war nicht lebendig verbrannt; sie war tot gewesen und dann verbrannt. Tot und bereits im Stadium der Verwesung.

6
    Ich schaute ein zweites Mal auf den Inhalt des Päckchens und betrachtete noch einmal die beiliegende Nachricht. » Dr .  Brockton , bitte rufen Sie mich an , wenn Sie das hier bekommen . Danke . Burt .«
    Dann wählte ich Burt DeVriess’ Nummer. Dazu brauchte ich nicht auf den schicken geprägten Briefkopf zu schauen, ich hatte die Nummer noch aus der kurzen, denkwürdigen und finanziell ruinösen Periode im Kopf, als DeVriess – in Knoxvilles legalen (und illegalen) Kreisen auch als »der Fiese« bekannt – mein Strafverteidiger war. Der Fiese hatte mich eine Stange Geld gekostet, aber er hatte mir auch den Hals gerettet, also konnte ich ihm sein Fünfzigtausend-Dollar-Honorar eigentlich nicht verübeln. Seine Sekretärin Chloe schien der Meinung zu sein, dass der Umgang mit mir einen Teil des Fiesen gerettet hatte, jenen Teil, der als die verkümmerte Seele des Anwalts durchging. Angesichts der Tatsache, dass er jahrelang skrupellos die finstersten Kriminellen von Knoxville vertreten hatte – seine Mandantenliste las sich wie ein Who is who der Mörder, Drogenhändler und Pädophilen –, schien auf wahres Seelenheil nicht zu hoffen zu sein. Andererseits wies DeVriess die notorische Kundschaft, durch die er reich und berüchtigt geworden war, inzwischen immer öfter ab. Noch hatte er seinen Bentley meines Wissens nicht gegen einen Prius eingetauscht oder angefangen, gratis für Obdachlose zu arbeiten, hatte also den Stand der Heiligkeit noch nicht erreicht, aber zumindest schien er sich für eine Art »Verbessertes Karma«-Award qualifiziert zu haben. Chloe war beim zweiten Klingeln dran. »Kanzlei DeVriess, was kann ich für Sie tun?«
    »Hi, Chloe, hier spricht Bill Brockton.«
    »Hallo«, zwitscherte sie. »Wie geht es Ihnen?«
    »Ich halte mich, Chloe. Und selbst?«
    »Ziemlich gut, aber wir vermissen Sie. Sie müssen sich wieder verhaften lassen, damit wir Sie öfter zu sehen kriegen.«
    »Das kann ich mir nicht leisten«, sagte ich lachend. »Wenn ich Burt noch einmal verpflichten müsste, müsste ich Privatinsolvenz anmelden.«
    »Perfekt«, sagte sie. »Dann könnte er Sie vor dem Insolvenzgericht vertreten.«
    »Gratis, versteht sich«, sagte ich. »Wo wir gerade vom Meister des legalen Diebstahls reden, was hat es mit dem Päckchen auf sich, das er mir geschickt hat?«
    »Oh, das «, sagte sie. »Ich glaube, das erzählt er Ihnen besser selbst. Bleiben Sie dran. Und kommen Sie mal wieder vorbei?«
    Ich lächelte. Genauso – als Freund – hatte Chloe mich auch behandelt, als ich zum ersten Mal durch die Artdeco-Tür der Kanzlei ihres Chefs gekommen war, mit einer Mordanklage am Hals und so verzweifelt, dass ich mich dazu herabgelassen hatte, den aggressiven Verteidiger zu engagieren, den ich abgrundtief verachtete.
    Während ich in der Leitung auf DeVriess wartete, warf ich noch einmal einen Blick auf den Inhalt des Päckchens, das er mir geschickt hatte. Es war eine kleine, würfelförmige Holzkiste, von etwa zwanzig Zentimetern Kantenlänge, kunstvoll geschnitzt, mit graviertem Messingverschluss und Klappdeckel. Das Kistchen war hübsch, doch was wirklich meine Aufmerksamkeit erregte, war die körnige, pudrige Mischung, die zum Vorschein kam, wenn man den Deckel aufklappte.
    »Hallo, Doc«, sagte eine Stimme, die es fertig brachte, gleichzeitig butterweich und hart wie Granit zu klingen. Sie klang nach Geld und Macht, und ich wusste, dass Knoxvilles erfolgreichster Strafverteidiger von beidem reichlich besaß. »Wie läuft es im Augenblick auf der Farm?«
    »Die Leute sterben, um reinzukommen, Burt«, witzelte ich. »Wie ist das Leben unten in der Kloake?«
    »Stagniert ein wenig«, sagte er gut gelaunt. »Ein gemeines Gerücht ist im Umlauf, ich wäre weich geworden und hätte sogar so etwas wie ein Gewissen bekommen. Es ruiniert meine Kanzlei, aber für mein Handikap beim Golf ist es großartig.«
    »Es gibt immer einen Silberstreif am Horizont«, sagte ich. »Wie man so schön sagt: Wenn man nicht haben kann, was man will, muss man das wollen, was man hat. Dieses kleine Geschenk, das Sie mir geschickt haben – ist es das, wonach es aussieht?« Ich rührte mit einem spitzen Bleistift in der obersten Schicht der Mischung, und aus dem Kistchen stieg eine winzige Staubwolke auf. Zuoberst auf der Mischung war eine Lage feinen,

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