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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Mann, und ich bin erst Ende Zwanzig.«
    »David Unger ist fünfzehn«, erwiderte Patterson. »In diesem Moment sind Sie fast doppelt so alt wie er. Sie sind bereits Offizier im politischen Stab auf Luna. Unger ist noch nicht einmal in der Armee. Wenn der Krieg ausbricht, wird er sich freiwillig melden, ein einfacher Zivilist ohne Erfahrung oder Ausbildung. Wenn Sie als alter Mann die Wind Giant kommandieren, wird David Unger ein Niemand mittleren Alters sein, der einen der Geschütztürme bedient, ohne daß Sie seinen Namen überhaupt kennen.«
    »Dann lebt Unger bereits?« fragte Gannet verwirrt.
    »Unger ist irgendwo und wartete darauf, auf der Bühne zu erscheinen.« Patterson entschloß sich, diesen Gedanken später weiterzuverfolgen; vielleicht boten sich ihnen dadurch wertvolle Möglichkeiten. »Ich glaube nicht, daß er Sie erkennen wird, West. Womöglich hat er Sie nie gesehen. Die Wind Giant ist ein großes Schiff.«
    West stimmte rasch zu. »Richten Sie ein Überwachungssystem auf mich, Gannet. Damit der Kommandostab alles verfolgen kann, was Unger sagt.«
     
    Mürrisch saß David Unger im hellen Licht der Morgensonne auf seiner Parkbank, die knotigen Finger um den Aluminiumstock gekrallt, und betrachtete düster die Spaziergänger.
    Zu seiner Rechten mähte ein Robotgärtner den Rasen und hatte die metallenen Augenlinsen auf den verhutzelten, vornübergebeugten alten Mann gerichtet. Einige Männer bummelten über den Kiesweg und warfen den Kontrolleuren hin und wieder ein paar Scherzworte zu, die über den ganzen Park verteilt waren und mit ihren Sensoren lauschten. Eine barbusige junge Frau, die am See ein Sonnenbad nahm, nickte knapp zwei Soldaten zu, die durch den Park wanderten und David Unger nicht aus den Augen ließen.
    An diesem Morgen hielten sich hundert Personen im Park auf. Alle waren sie in das Beobachtungssystem integriert, in dessen Zentrum sich der dösende, mürrische alte Mann befand.
    »In Ordnung«, sagte Patterson. Sein Auto hatte er am Rand der grünen Bäume und Rasenflächen geparkt. »Denken Sie daran, ihn nicht überzustrapazieren. V-Stephens hat ihn damals wiederbelebt. Wenn sein Herz versagt, können wir diesmal nicht auf V-Stephens zurückgreifen.«
    Der blonde, junge Lieutenant nickte, strich seine fleckenlose blaue Uniform glatt und trat auf den Bürgersteig. Er schob den Helm zurück und schritt den Kiesweg entlang, auf das Zentrum des Parks zu. Als er ihn erreichte, ging eine kaum merkliche Bewegung durch die bummelnden Spaziergänger. Einer nach dem anderen nahmen sie ihre Positionen auf den Rasen, den Bänken ein und sammelten sich hier und da am Ufer des Sees zu kleinen Gruppen.
    Lieutenant West blieb bei dem Trinkwasserspender stehen und gab dem Automaten Zeit, seinen Mund zu finden und einen Strahl eiskalten Wassers abzugeben. Langsam wanderte er weiter und verharrte für einen Moment, die Arme locker an den Seiten, und betrachtete geistesabwesend eine junge Frau, wie sie ihre Kleidung auszog und sich auf einer farbenprächtigen Decke ausstreckte. Mit geschlossenen Augen, leicht geöffneten Lippen, entspannte sich die Frau und seufzte erleichtert.
    »Sorgen Sie dafür, daß er Sie anspricht«, sagte sie leise zu dem Lieutenant, der ein paar Schritte von ihr entfernt stand und einen schwarzen Stiefel auf eine Bank gestellt hatte. »Er muß das Gespräch beginnen.«
    Lieutenant West sah sie noch eine Weile an und folgte dann weiter dem Weg. Ein schwergewichtiger Mann spazierte an ihm vorbei und raunte ihm ins Ohr: »Nicht so schnell. Lassen Sie sich Zeit, überstürzen Sie nichts.«
    »Sie müssen einen ganz alltäglichen Eindruck machen«, forderte ihn eine scharfgesichtige Schwester auf, die ihm mit einem Kinderwagen entgegenkam.
    Lieutenant West verlangsamte seine Schritte. Er trat nach einem Kiesel und schleuderte ihn von dem Weg in die nassen Büsche. Die Hände tief in den Taschen vergraben, spazierte er zum See und blieb geistesabwesend stehen, blickte ins Wasser. Er entzündete eine Zigarette und erwarb dann ein Eishörnchen von einem vorbeirollenden Robotverkäufer.
    »Lassen Sie etwas auf Ihre Uniform fallen«, wies ihn der Roboter flüsternd an. »Fluchen Sie und beginnen Sie, die Flecken abzubürsten.«
    Lieutenant West ließ das Eis in der warmen Sommersonne schmelzen. Als einiges davon von seinem Handgelenk auf seine gestärkte blaue Uniform getropft war, runzelte er die Stirn, griff nach seinem Taschentuch, tauchte es in den See und begann unbeholfen das

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