Eine handvoll Dunkelheit
Widerstrebend, innerlich vollkommen durcheinander, fuhr er fort: »Diese Lehnstuhlstrategen ... Was, zum Teufel, haben die denn behauptet? Ich habe diesen Bonzen noch nie geglaubt.« Er versuchte ein Lächeln, aber sein Gesicht weigerte sich, den Nervenimpulsen zu gehorchen. »Ich weiß zwar, daß sie immer behauptet haben, wir hätten die Schlacht gewinnen und sogar die Wind Giant retten können, aber ich ...«
»Schauen Sie ...«, forderte ihn Unger voller Eifer auf, während sein tief in der Höhle liegendes Auge wild funkelte. Mit der Spitze seines Aluminiumstocks begann er energisch krumme Linien in den Kies zu seinen Füßen zu kratzen. »Diese Linie stellt unsere Flotte dar. Erinnern Sie sich, wie West sie formiert hat? Es war eine wahre Meisterleistung. Ein Geniestreich. Wir hielten sie zwölf Stunden auf, bevor sie durchbrachen. Niemand hat das für möglich gehalten.« Mit heftigen Bewegungen zog Unger eine weitere Linie. »Das ist die Krähen-Flotte.«
»Ich verstehe«, murmelte West. Er beugte sich nach vorn, damit die an seiner Brust befestigten Objektive die groben Linien im Kies zum Beobachtungssystem der mobilen Einheit übertragen konnten, die träge über ihnen kreiste. »Und die Flotte der Schwimmfüße?«
Unger sah ihn zurückhaltend, von plötzlicher Scheu erfüllt an. »Ich langweile Sie doch nicht, oder? Wissen Sie, ein alter Mann hört sich gerne reden. Manchmal langweile ich die Leute und stehle ihnen die Zeit.«
»Machen Sie weiter«, entgegnete West. Er meinte es ehrlich. »Zeichnen Sie nur – ich werde zuschauen.«
Evelyn Cutter schritt ruhelos in ihrem dämmrig beleuchteten Apartment auf und ab, die Arme verschränkt, die roten Lippen vor Zorn zusammengepreßt. »Ich verstehe Sie nicht!« Sie blieb stehen, um die schweren Vorhänge zuzuziehen. »Noch vor kurzer Zeit wollten Sie V- Stephens töten. Nun wollen Sie nicht einmal helfen, LeMarr aufzuhalten. Sie wissen, daß LeMarr gar nicht begreift, was vor sich geht. Er verabscheut Gannet, und er schwätzt von der interplanetaren Verständigung zwischen den Wissenschaftlern, unserer Verantwortung gegenüber der ganzen Menschheit und all dieses Zeug. Sehen Sie denn nicht, daß V-Stephens ihn beeinflußt ...«
»Vielleicht hat LeMarr recht«, unterbrach Patterson. »Ich kann Gannet ebenfalls nicht ausstehen.«
Evelyn explodierte. »Sie werden uns vernichten! Wir können den Krieg nicht gewinnen – wir haben keine Chance.« Sie blieb vor ihm stehen, und ihre Augen blitzten. »Aber noch wissen sie das nicht. Wir müssen LeMarr kaltstellen, zumindest für einige Zeit. Jede Sekunde, die er frei herumläuft, erhöht das Risiko für unsere Welt. Drei Milliarden Menschenleben hängen davon ab, daß wir es verringern.«
Patterson grübelte nach. »Ich nehme an, Gannet hat Sie bereits über die Ergebnisse der heutigen Kontaktaufnahme durch West informiert.«
»Bisher besteht kein Grund zum Optimismus. Der alte Mann kennt jede Schlacht bis ins Detail, und wir haben sie alle verloren.« Müde rieb sie über ihre Stirn. »Ich meine, wir werden sie alle verlieren.« Mit bebenden Händen sammelte sie die leeren Kaffeetassen. »Wollen Sie noch etwas Kaffee?«
Patterson hörte sie nicht; er war in seine eigenen Gedanken vertieft. Er ging hinüber zum Fenster und blickte hinaus, bis sie mit frischem Kaffee zurückkehrte, der heiß und schwarz war und dampfte.
»Sie haben nicht gesehen, wie Gannet dieses Mädchen getötet hat«, sagte Patterson.
»Welches Mädchen? Diesen Schwimmfuß?« Evelyn tat Zucker und Sahne in ihren Kaffee. »Sie wollte Sie töten. V-Stephens hätte das Kolonialbüro informiert, und der Krieg hätte begonnen.« Ungeduldig schob sie ihm die Kaffeetasse hinüber. »Es war das Mädchen, das wir gerettet haben, nicht wahr?«
»Ich weiß«, nickte Patterson. »Und deshalb bekümmert es mich.« Mechanisch griff er nach der Tasse und begann gedankenlos daran zu nippen. »Weshalb haben wir sie denn vor dem Mob retten müssen? Wegen Gannet. Wir sind Gannets Angestellte.«
»So?«
»Sie wissen doch, welche Art Spiel er spielt!«
Evelyn zuckte die Achseln. »Ich denke nur praktisch. Ich möchte nicht, daß die Erde zerstört wird. Ebensowenig wie Gannet – er möchte den Krieg verhindern.«
»Vor ein paar Tagen wollte er noch den Krieg. Als er erwartete, ihn zu gewinnen.«
Evelyn lachte hart. »Natürlich! Wer würde schon Krieg führen, wenn er wüßte, daß er ihn verliert? Das wäre irrational.«
»Nun wird Gannet den
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