Eine handvoll Dunkelheit
Abwesenheit von Wärme, als ob sich dort eine Verbindung zum Weltraum befinden würde.
Er war noch immer dabei, sich zu sammeln und über die Ereignisse nachzudenken, die sich vor dem Beginn seiner Bewußtlosigkeit abgespielt hatten, als unvermittelt Doktor V-Stephens auftauchte.
V-Stephens lief mit geschmeidigen Bewegungen an den geparkten Bodenautos entlang, eine Hand in der Manteltasche, die Augen wachsam und wild funkelnd. Eine seltsame Atmosphäre ging von ihm aus, eine Veränderung, über deren Natur sich LeMarr in seinem betäubten Zustand nicht klarwerden konnte. V-Stephens hatte fast den Wagen erreicht, als er endlich erkannte, was ihn so irritierte – und im gleichen Moment überflutete ihn auch die Erinnerung. Er sank zusammen und lehnte gegen die Tür, so steif und unbeweglich wie möglich. Dennoch fuhr er leicht zusammen, als V-Stephens die Tür aufriß und hinter das Lenkrad glitt.
V-Stephens war nicht mehr grün.
Der Venusier schlug die Tür zu, drehte den Zündschlüssel und startete den Motor. Er setzte eine Zigarette in Brand, betrachtete seine beiden dicken Handschuhe, warf LeMarr einen kurzen Blick zu und steuerte dann hinaus in den frühabendlichen Verkehr. Einen Augenblick lang umklammerte er das Lenkrad mit nur einer Hand, während sich die andere noch immer in seiner Tasche befand. Dann, als er das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrückte, holte er den Kältestrahler heraus und legte ihn auf den Nebensitz.
LeMarr stürzte sich darauf. Aus den Augenwinkeln nahm V- Stephens wahr, wie die steife Gestalt zum Leben erwachte. Er trat auf die Bremse und ließ das Lenkrad los; stumm, verbissen kämpften die beiden Männer miteinander. Der Wagen kam quietschend zum Stehen und befand sich unvermittelt im Zentrum einer wütenden Ansammlung hupender Autos. Die beiden Männer rangen mit verzweifelter Anstrengung, atemlos, in Unbeweglichkeit erstarrt, als sich ihre Kräfte ausglichen. Dann entschlüpfte LeMarr der Umklammerung und zielte mit dem Kältestrahler auf V-Stephens Gesicht.
»Was ist geschehen?« krächzte er heiser. »Mir fehlen fünf Stunden. Was haben Sie getan?«
V-Stephens sagte nichts. Er löste die Bremse und fädelte sich langsam wieder in den Verkehrsstrom ein. Grauer Zigarettenrauch dampfte aus seinem Mund; seine Augen waren halb geschlossen und von einer milchigen Trübe.
»Sie sind ein Erdmensch«, stelle LeMarr verwundert fest. »Sie sind überhaupt kein Schwimmfuß.«
»Ich bin Venusier«, erwiderte V-Stephens gleichgültig. Er zeigte ihm die mit Schwimmhäuten versehenen Finger und zog dann wieder seine dicken Handschuhe an.
»Aber wie ...«
»Meinen Sie, wir könnten nichts gegen den Farbunterschied tun, wenn es nötig ist?« V-Stephens zuckte die Achseln. »Farbstoffe, chemische Hormone, einige geringe chirurgische Veränderungen. Eine halbe Stunde in einer Herrentoilette, einige hypodermatische Injektionen und etwas Salbe ... Dies ist keine Welt für einen Mann mit grüner Haut.«
Quer über die Straße hatte man hastig eine Barrikade errichtet. Eine Anzahl düster dreinblickender Männer stand mit Gewehren und ungefügen Knüppeln davor; einige von ihnen trugen die grauen Mützen der Heimwehr. Nacheinander winkten sie die Autos heran und durchsuchten sie. Ein Mann mit fleischigem Gesicht bedeutete V- Stephens anzuhalten. Er stapfte heran und gestikulierte, daß er das Fenster herunterdrehen sollte.
»Was ist los?« fragte LeMarr nervös.
»Wir suchen nach Schwimmfüßen«, knurrte der Mann, und ein durchdringender Geruch nach Knoblauch und Schweiß ging von seiner dicken Drillichjacke aus. Mißtrauisch äugte er in das Wageninnere. »Haben Sie einen gesehen?«
»Nein«, erklärte V-Stephens.
Der Mann öffnete den Kofferraum und blickte hinein. »Vor ein paar Minuten haben wir einen von ihnen erwischt.« Er hob den dicken Daumen. »Sehen Sie ihn da oben?«
Man hatte den Venusier an einer Straßenlampe aufgehängt. Seine grüne Gestalt schwankte im Abendwind. Sein Gesicht war eine häßliche, schmerzverzerrte Grimasse. Ein Menschenhaufen hatte sich um den Pfahl versammelt und stand wartend, mit grimmigen, boshaften Mienen da.
»Wir werden noch mehr aufknüpfen«, versicherte der Mann, als er die Haube des Kofferraums zuschlug. »Viel mehr.«
»Was ist geschehen?« gelang es LeMarr hervorzustoßen. Er war schockiert und entsetzt; seine Stimme war fast unhörbar. »Was soll das alles?«
»Ein Schwimmfuß hat einen Menschen getötet. Einen Erdmenschen.« Der Mann
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