Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
blickte zufrieden von dem Rücksitz des Autos auf. Korrekt hatte sie gewisse Hinweise interpretiert: Die Erwachsenen hatten die Macht, und deshalb besaßen die Erwachsenen auch das Geld. Sie waren stark, und ihre Stärke verhinderte, daß man sie überwältigte. Ihre Stärke und ihre Größe. Bei den Kindern war es anders. Sie waren klein, und es war leichter, mit ihnen zu reden. Sie akzeptierten alles, was sie hörten, und sie taten, was man ihnen sagte. Zumindest behauptete man dies in der Fabrik.
    Die kleine Figur lag da und gab sich verträumten, lustvollen Gedanken hin.
    Das Herz des Jungen pochte heftig. Er lief die Treppen hinauf und öffnete die Tür. Nachdem er sie sorgfältig wieder geschlossen hatte, trat er ans Bett und ließ sich darauf nieder. Er betrachtete das Spielzeug in seinen Händen.
    »Wie heißt du?« fragte er. »Wie nennt man dich?«
    Die Metallfigur antwortete nicht.
    »Ich werde dir alles zeigen. Du mußt jeden kennenlernen. Es wird dir hier bestimmt gefallen.«
    Bobby legte die Figur auf das Bett. Er hastete zum Kleiderschrank und holte einen Karton hervor, der bis zum Bersten mit Spielsachen gefüllt war.
    »Das ist Bonzo«, erklärte er und hielt einen zerrupften Stoffhasen hoch. »Und das ist Fred.« Er drehte das Gummischwein, damit es der Soldat von allen Seiten sehen konnte. »Und natürlich Teddo. Das ist Teddo.«
    Er trug Teddo zum Bett und legte ihn neben den Soldaten. Teddo lag still da und blickte mit glasigen Augen hinauf zur Decke. Teddo war ein brauner Bär, und durch das Fell hindurch lugte schon das Stroh.
    »Und wie sollen wir dich nennen?« fragte Bobby. »Ich glaube, wir sollten eine Versammlung abhalten und dann entscheiden.« Er schwieg und dachte nach. »Ich werde dich aufziehen, damit wir alle sehen können, wie du funktionierst.«
    Er begann vorsichtig die Figur aufzuziehen und drehte sie dazu auf den Rücken. Als sich der Schlüssel nicht mehr weiterbewegte, bückte er sich und stellte die Figur auf den Boden.
    »Geh schon«, sagte Bobby. Die Metallfigur stand reglos da. Dann begann sie zu summen und zu klicken. Steifbeinig stakste sie über den Boden. Plötzlich veränderte sie ihre Richtung und näherte sich der Tür. An der Tür hielt sie an. Dann drehte sie sich zu einigen Bausteinen um, die dort herumlagen, und schob sie zu einem Haufen zusammen.
    Bobby sah interessiert zu. Die kleine Figur mühte sich mit den Bausteinen ab und schichtete sie zu einer Pyramide auf. Schließlich kletterte sie auf die Klötze und drehte den Schlüssel im Schloß um.
    Verwirrt kratzte sich Bobby den Kopf. »Warum hast du das getan?« fragte er. Die Figur kletterte wieder hinunter und kam summend und klickend auf Bobby zu. Bobby und die Stofftiere verfolgten mit Überraschung und Erstaunen das Geschehen. Die Figur erreichte das Bett und verharrte.
    »Heb mich hoch!« schrie sie ungeduldig mit ihrer dünnen, metallischen Stimme. »Beeil dich! Sitz nicht so faul herum!«
    Bobbys Augen weiteten sich. Er blinzelte. Die Stofftiere sagten nichts.
    »Mach schon!« rief der kleine Soldat.
    Bobby griff nach unten. Fest umklammerte der Soldat seine Hand. Bobby schrie auf.
    »Sei still«, befahl der Soldat. »Heb mich aufs Bett. Ich habe einiges mit dir zu besprechen, das von größter Wichtigkeit ist.«
    Bobby setzte ihn neben sich auf das Bett. Im Zimmer war es bis auf das leise Summe der Metallfigur still.
    »Das ist ein hübsches Zimmer«, erklärte der Soldat schließlich. »Ein sehr hübsches Zimmer.«
    Bobby rückte ein wenig ab.
    »Was ist los?« fragte der Soldat scharf, drehte den Kopf und blickte zu ihm hinauf.
    »Nichts.«
    »Was hast du?« Die kleine Figur musterte ihn. »Du hast doch keine Angst vor mir, oder?«
    Bobby bewegte sich unbehaglich.
    »Angst vor mir?« Der Soldat lachte. »Ich bin nur ein kleiner Metallmann, nicht größer als vierzehn Zentimeter.« Er lachte wieder. Abrupt verstummte er dann. « Hör zu. Ich werde eine Zeitlang hier bei dir wohnen. Es wird dir schon nichts geschehen; du kannst dich ganz auf mich verlassen. Ich bin dein Freund – ein guter Freund.«
    Ängstlich blickte er zu Bobby hinauf. »Aber ich möchte, daß du einige Dinge für mich erledigst. Das macht dir doch nichts aus, oder? Sag einmal, wie viele von ihnen gibt es in deiner Familie?«
    Bobby zögerte.
    »Komm schon, wie viele sind es? Erwachsene.«
    »Drei ... Vati und Mutter und Foxie.«
    »Foxie? Wer ist das?«
    »Meine Großmutter.«
    »Drei also.« Die Figur nickte. »Ich verstehe.

Weitere Kostenlose Bücher