Eine handvoll Dunkelheit
sind; insgeheim schließen sie sich zu fanatischen, aufrührerischen Banden zusammen. Sie treffen sich in der Dunkelheit der Nacht; sie trachten im Innern nach der Umkehrung akzeptierter Normen, während sie öffentlich vorgeben, sich nach den grundlegenden Sitten und Gebräuchen zu richten.«
»Tja«, nickte Sung-wu und fügte rasch hinzu: »Ich meine, es ist doch unvorstellbar, daß diese Leute derart fanatische und verwerfliche Riten abhalten können.« Nervös stand er auf. »Wenn Sie erlauben, dann gehe ich jetzt.«
»Warten Sie«, schnappte Chai. »Sind Sie mit dem Gebiet Detroit vertraut?«
»Ein wenig«, gestand Sung-wu unbehaglich.
Mit der ihm eigenen Vitalität traf Chai seine Entscheidung. »Ich habe einen Auftrag für Sie; schauen Sie sich dort um und schreiben Sie einen Bericht. Wenn diese Gruppe wirklich gefährlich ist, sollte der Heilige Arm darüber informiert werden. Sie besteht aus den schlimmsten Elementen – aus Mitgliedern der Techno-Klasse.« Er schnitt eine Grimasse. »Weiße, ungefüge, haarige Kerle. Nach Ihrer Rückkehr können Sie sechs Monate in Spanien verbringen und in den Ruinen der verlassenen Städte herumstöbern.«
»Weiße!« stieß Sung-wu hervor, und sein Gesicht nahm eine grüne Färbung an. »Aber ich war einige Zeit erkrankt; könnte nicht jemand anders ...«
»Glauben Sie zufällig an die Theorie der Zerbrochenen Feder?« Chai wölbte eine Augenbraue. »Diese Zerbrochene Feder ist ein bemerkenswerter Philologe; ich selbst habe einige Zeit unter ihm studiert. Wie Sie wissen, hält er die Weißen für direkte Nachkommen der Neandertaler. Ihre extreme Größe, ihre dichte Körperbehaarung, ihre gierige Natur, die es ihnen verbietet, anders als nach vollkommen animalischen Prinzipien zu handeln ... Ein Versuch, sie zu ändern, wäre verschwendete Zeit.«
Ernst sah er den jüngeren Mann an. »Ich würde Sie nicht schicken, wäre ich nicht vollkommen von Ihrer Zuverlässigkeit überzeugt.
Unglücklich befingerte Sung-wu seine Perlenschnur. »Elron sei gelobt«, murmelte er. »Sie sind zu gütig.«
Sung-wu betrat die Liftkabine und glitt hinauf, begleitet von Geknarre und Gesumme, und nachdem der Fahrstuhl mehrmals steckengeblieben war, erreichte er schließlich die oberste Etage des Zentralkammer-Gebäudes. Er hastete durch einen nur schwach erleuchteten Korridor. Kurz darauf tauchten vor ihm die Türen zu den Überwachungsbüros auf, und er zeigte dem Robotwächter seinen Ausweis. »Ist Barde Fei-p’ang im Büro?« fragte er.
»Anwesend«, bestätigte der Roboter und trat beiseite.
Sung-wu betrat die Büros, vorbei an den rostigen, ungenutzten Maschinen, und gelangte schließlich in den Flügel, der noch genutzt wurde. Dort entdeckte er seinen Schwager, der an einem der Tische saß und sich über ein paar Grafiken beugte und geschäftig arbeitete. »Klarheit sei mit dir«, murmelte Sung-wu.
Widerwillig blickte Fei-p’ang auf. »Ich sagte dir doch, du sollst nicht wieder hierherkommen; wenn der Arm erfährt, daß ich dir den Scanner für Privatzwecke überlasse, ist mir die Streckbank sicher.«
»Es tut mir leid«, murmelte Sung-wu und legte seinem Verwandten die Hand auf die Schulter. »Es ist das letztemal. Ich gehe fort; nur noch einen Blick, einen letzten Blick.« Sein olivfarbenes Gesicht nahm einen bittenden, verzweifelten Ausdruck an. »Mir steht der Wechsel unmittelbar bevor; dies wird unsere letzte Unterhaltung sein.«
Sung-wus bittende Miene verhärtete sich. »Willst du diese Schuld auf dich nehmen? Zu diesem späten Zeitpunkt wäre keine Wiedergutmachung mehr möglich.«
Fei-p’ang schnaubte. »In Ordnung; aber um Elrons willen, beeile dich.«
Sung-wu eilte zum Hauptscanner und setzte sich in den wackeligen Korb. Er schaltete die Kontrollen ein, setzte das Sichtteil auf, schob seine Ausweiskarte in den Schlitz und aktivierte den Raum-Zeit-Finger. Langsam, widerstrebend erwachte die uralte Maschine zum Leben und begann Sung-wus Persönlichkeitslinie in die Zukunft zu folgen.
Sung-wus Hände zitterten; sein Körper bebte; Schweiß tropfte ihm von der Stirn, als er sein miniaturenes Abbild davonrennen sah. Armer Sung-wu, dachte er zerknirscht. Dieses winzige Ding erfüllt seine Pflicht; dies lag nicht mehr als acht Monate entfernt. Gequält und bedrängt erledigte es seine Aufgaben – und dann, in einem späteren Kontinuum, fiel es zu Boden und starb.
Sung-wu wandte den Blick von dem Sichtteil ab und wartete, bis sich sein Pulsschlag wieder
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