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Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Titel: Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dahlhoff
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zurück. »Es ist noch etwas Milch da, wenn wir sie teilen, bekommt jede einen Schluck«, sagte Hildegard. Und eine andere rief: »Brot gibt es auch noch, reicht aber nicht für uns alle.« Ich verzichtete auf das Brot. Die Milch wollte ich trinken, doch ich schaffte es nicht, ohne mir dabei die Nase zuzuhalten, denn noch immer lag dieser Soldatengeruch in der Luft.
    »Wer will sich denn waschen? Das Wasser reicht vielleicht für drei.« – »Oje, der Ofen geht aus. Schnell, legt Holz nach!«
    Mir waren das Waschen und der Ofen völlig gleichgültig. Ich hatte meine einzige Freundin an diesem traurigen Ort verloren. Mutterseelenallein war ich.
    Später kam die Frau mit Suppe. Sie schien zuerst gar nicht zu bemerken, dass ein Mädchen fehlte. Dann aber holte sie plötzlich Johannes Kleider aus einem Sack hervor. Und sie ging zu Johannes Platz und nahm den Schal, der auf ihrem Strohbett lag. »Hier, ist kalt«, sagte sie und warf uns die Sachen hin. Die anderen überließen sie mir, vielleicht weil Johanne meine Freundin gewesen war, und ich nahm die Sachen und verwahrte sie, falls Johanne doch noch zurückkäme.
    In den folgenden Nächten fürchtete ich mich davor, dass sich der Soldat mich oder ein anderes Mädchen holte. Selbst aus einem ohnmachtsähnlichen Schlaf schreckte ich beim leisesten Knacken von meinem Lager hoch und war hellwach … Und ich vermisste Johanne. Ich war die Einzige in unserer Baracke, die keine Freundin mehr hatte, niemanden, der mich tröstete. Von meinem Lager aus sah ich abends nun oft zum Fenster und wenn ich einen Stern am schwarzen Himmel sah, dachte ich, dass ihn Papa geschickt hätte. Dann erzählte ich leise, warum ich so traurig war. Ich fragte ihn auch nach Peter, ob er ihn nun endlich bei sich hatte, und nach Mama. Suchte sie mich? Vermisste sie mich? Wo war sie?
    Allmählich ging der Winter zu Ende. Wie glücklich machte es mich, als sich eines Morgens ein paar Sonnenstrahlen durch das Fenster bis zu meinem Bett verirrten und meine Nase kitzelten. Ich schloss die Augen und ließ mein Gesicht wärmen. Doch schon bald kamen wieder diese traurigen Gedanken, die ich jetzt oft hatte und die ich nicht vertreiben konnte. So viele Tränen!
    An einem Morgen brachte uns die Frau Schnee. »Los, Kinder, waschen. Und dann raus. Schnell, schnell.« Hatte sie das wirklich gesagt? Wir durften raus? Raus aus der stinkigen, halbdunklen Hütte, raus an die frische Luft, das Tageslicht, die Sonne?
    Mit einem Mal waren wir alle munter, so munter wie noch nie seit unserer Ankunft im Gulag. Es war, als dürften wir nach Hause. Übermütig, glücklich wuschen wir uns mit dem eiskalten Schnee, ohne ihn vorher zu erwärmen. Wenn Oma das wüsste, dachte ich. Sie hatte schon geschimpft, wenn ich bloß mit dem kalten Brunnenwasser auf dem Hof gespielt hatte. »Brrr …«, kam es von allen Seiten. Wir lachten und zitterten um die Wette. Wieder angezogen, standen wir an der Tür. Sie war nicht abgeschlossen, das wussten wir, aber wir warteten. Die Frau kam auch bald zurück. »Kommt raus!«, rief sie. »Kommt!« Und wir traten eine nach der anderen vor die Hütte, die Augen zusammengekniffen, so hell leuchtete die Sonne über dem Schnee. Ich rieb meine Augen und sah zu dem Tor hinüber, vor dem die Soldaten mit geschulterten Gewehren und großen Hunden auf und ab gingen, wie immer. Die langen Stacheldrahtzäune sahen wackelig aus, als wären sie müde, doch ihre blinkenden Spitzen waren Warnung genug. Weglaufen konnte ich von hier nicht. Und wo sollte ich auch hinlaufen? Während ich mich umsah, fiel mein Blick auf die anderen Kinder, kleine und große, die vor ihren Hütten standen. Manche liefen auch umher, die meisten guckten durch die Gegend. Zögerlich, ängstlich, neugierig. Durften wir tatsächlich raus zum Spielen wie ganz normale Kinder? Wie wir es von früher kannten, als wir noch zu Hause bei unseren Familien gelebt hatten, ein Zuhause mit Mama und Papa gehabt hatten? Nach und nach rannten die Kinder von einer Hütte zur anderen, suchten Geschwister und Freunde. Ich tat einen Moment lang so, als suchte ich Peter und Johanne. Aber ich dachte nicht wirklich, dass ich sie finden würde, und ließ es bleiben. Auf einmal traf mich ein Schneeball, dann noch einer. Ich duckte mich, griff selbst nach Schnee, formte eine feste Kugel und zielte auf eine Gruppe Jungen, die mit dem Werfen begonnen hatten. Danach lief ich zu den größeren Mädchen hinüber, die sich zusammengetan hatten. Der Schnee flog hin

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