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Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Titel: Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dahlhoff
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wenige Fleisch ab. Wir aßen eine Weile, dann steckten wir, so viel wir konnten, in unsere Kleider. Plötzlich zischte Gert leise: »Ducken!« Ich sah gerade noch eine Hand, die etwas aus dem Fenster warf, und machte mich so klein ich konnte. Ein Soldat hatte Fischreste entsorgt, jede Menge davon türmte sich nahe dem Fenster auf. Zu dritt krochen wir hin und zogen die Fischköpfe mit Gräten am Schwanz hervor. »Ihr müsst die Kiemen anlutschen und den Kopf aussaugen«, erklärte Gert leise. »Das hat mein Vater auch immer gemacht.«
    Meine Taschen waren bald voll und mein Magen zwickte schon, als ich bemerkte, dass ich dicht unter dem Fenster hockte. Ich lauschte der russischen Musik, die Soldaten sangen dazu. Gern wollte ich einen Blick durchs Fenster wagen, während die anderen sich weiter die Münder und Taschen füllten. Vorsichtig reckte ich den Kopf und spähte an der Ecke über mir in die Baracke hinein. Ich sah zuerst den großen Tisch mit Flaschen und Tellern, darauf die Fische. Brot lag daneben, in große Stücke gerissen. Rundherum saßen und standen Soldaten, mit einer Flasche in der Hand oder einem Mädchen im Arm. Ich wollte mich schon wieder wegducken, als ich weiter hinten in der Baracke eine Reihe Mädchen entdeckte, die auf einer Bank saßen. Ihre Gesichter konnte ich nicht sehen, denn sie hielten die Köpfe geneigt, als würden sie im Sitzen schlafen. Doch bei einigen zuckten die Schultern, so als würden sie weinen. Seltsam, die haben es doch warm und bekommen sicher zu essen, dachte ich. Und da ging auch schon ein Soldat zu den Mädchen hinüber und steckte ihnen der Reihe nach etwas in den Mund. Die Mädchen schienen es aber gar nicht essen zu wollen, sie verzogen die Gesichter, und jetzt sah ich ihre verheulten Augen. Ob die schon so viel zu essen bekommen hatten, dass ihnen schlecht war? Aber warum? Warum ließ man uns hungern und … Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als der Soldat ein Mädchen zu einem Tisch zerrte. Was passierte jetzt? Ich wollte es eigentlich nicht wissen, konnte den Blick aber auch nicht lösen. Der Russe setzte das Mädchen auf den Tisch und hielt ihm eine Flasche an den Mund. Es war sicher kein Wasser, denn das Mädchen schüttelte sich, hustete und prustete. Doch der Soldat riss ihm den Mund immer wieder auf und schüttete mehr von der Flüssigkeit hinein. Ein paar andere Soldaten, die dazugekommen waren, feuerten ihn an und lachten laut. Das Mädchen aber schrie und schluchzte und begann zu spucken und übergab sich schließlich auf den Tisch. Da wurde der Soldat wütend und ohrfeigte es; er zwang das Mädchen, das Erbrochene aufzulecken. Ich bebte vor Angst und Ekel am ganzen Körper, ich wollte nicht weiter zuschauen, was der Soldat mit dem Mädchen noch anstellte, aber ich war wie versteinert. Jetzt sah ich, wie ein anderer Soldat einem Mädchen die Lumpen vom Körper riss und es in den Arm nahm. Wie eine Puppe hing das entblößte Mädchen an dem großen Mann, der sich zur Musik mit ihm im Kreis drehte. Zuschauer stellten sich um sie herum, klatschten, grölten und warfen mit toten Fischen nach den beiden. Der Kopf, die Arme und Beine des Mädchens schwangen schlaff hin und her. »Sie ist doch schon wie tot«, flüsterte ich leise. »Sie ist doch schon wie tot.« Der Soldat warf den leblosen Kinderkörper auf einen Tisch. Da kam noch einmal so etwas wie Leben in das Mädchen, es wollte schreien, aber der Russe stopfte ihm den Mund mit einem Fisch. Er ließ seine Hose hinunter und als er in das Mädchen hineinstieß, blickte es mit angstgeweiteten Augen zu mir herüber, aber nur in meine Richtung, es schien wie durch mich hindurchzusehen. »Monika, komm. Schau dir das nicht an«, sagte das große Mädchen, das mich an der Hand hierhergeführt hatte. Behutsam zog es mich fort. Das Mädchen hatte mich zum ersten Mal bei meinem Namen genannt.
    Zitternd und mit klappernden Zähnen saß ich später auf meinem Strohlager. »Du musst die nassen Sachen ausziehen«, sagte das Mädchen. Aber ich rührte mich nicht. »Komm, Kleine, zieh die Sachen aus«, sagte sie noch einmal. In diesem Augenblick löste sich in mir ein Schrei; ich schrie und schrie und konnte nicht mehr aufhören. Ich weiß nicht, wie oft mich das Mädchen ins Gesicht schlug, bis ich endlich still war. »Sei mir nicht böse«, sagte es, »ich will dir nur helfen.« Ich begann leise zu weinen und wehrte mich nicht, als sie mich auszog, mir etwas Trockenes überzog und mich hinlegte. »Jetzt schlaf

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