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Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition)

Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition)

Titel: Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Cyril M. Kornbluth
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Unterbrechung der Monotonie, eine Möglichkeit, sich vor jemandem aufzuspielen, der noch schlechter dran war als man selbst; etwas, das alle durchgemacht hatten. Ich nehme an, in Raum sieben wäre es ein unvergessliches, bösartiges Erlebnis gewesen, und in Zimmer 12 hätte ich es vielleicht nicht überlebt. In Zimmer 10 herrschte einfach Hochstimmung. Ich entrichtete meinen »Tribut«  – noch mehr Schuldscheine – und ließ die Prügel über mich ergehen, ich sprach den blasphemischen Eid nach und war dann ein vollwertiges Mitglied des Schlafraumes.
    Als die anderen zum Essen in den Speisesaal gingen, schloss ich mich ihnen nicht an. Ich blieb in meiner Koje liegen und wünschte, ich wäre tot, so wie es der Rest der Welt glaubte.

8
    Das Abschöpfen war schnell gelernt. Man stand bei Morgengrauen auf. Verschlang sein Frühstück – ein Stück Chicken Little , das mit Coffiest runtergespült wurde. Zog seinen Overall über und fuhr mit dem Frachtnetz in sein Stockwerk. In der brüllenden Hitze schritt man von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang durch die flachen, mit Algen verkrusteten Tanks. Wenn man langsam ging, fand man etwa alle dreißig Sekunden ein Bündel reifer Algen voll köstlicher Kohlenhydrate. Man schöpfte das Bündel mit dem Sieb ab und warf es in den Trichter. Dort wurde es zu Ballen gepresst und zu Futter für Chicken Little oder zu Glukose verarbeitet.
    Chicken Little ist für alle Menschen von Baffinland bis Little America ein wichtiges Nahrungsmittel. Jede Stunde konnte man einmal aus der Feldflasche trinken und eine Salztablette schlucken. Alle zwei Stunden hatte man fünf Minuten Pause. Bei Sonnenuntergang zog man den Overall wieder aus und ging zum Essen – wieder ein Stück Chicken Little  –, dann hatte man frei. Man konnte sich unterhalten, lesen, sich vor dem HypnoTele-Gerät im Tagesraum in Trance versetzen lassen, man konnte einkaufen gehen, einen Streit vom Zaun brechen, sich mit dem Gedanken, was hätte sein können, verrückt machen … Man konnte auch schlafen gehen.
    Meistens legte man sich schlafen.
    Ich schrieb viele Briefe und versuchte, viel zu schlafen. Der Zahltag kam überraschend schnell. Ich hatte keine Ahnung, dass bereits zwei Wochen vergangen waren. Ich schuldete Chlorella Protein jetzt nur noch etwas über achtzig Dollar. Außer den diversen Schuldscheinen, die ich unterschrieben hatte, gab es noch den Wohlfahrtsfond der Angestellten (soweit ich herausbekommen konnte, hieß das, dass ich für Chlorella die Steuern zahlte); Gewerkschaftsbeiträge und Einstandsgebühr; Steuerabgaben (diesmal meine eigenen); Versicherung für Krankenhausaufenthalt (aber versuch mal reinzukommen, sagten die Älteren unter uns) und Altersversicherung.
    Ein gewisser, wenn auch schwacher Trost war für mich der Gedanke, dass ich, sobald ich wieder herauskäme  – mit besonderer Betonung auf dem sobald  – den Verbraucher besser kennen würde als jeder andere aus der Werbebranche. Natürlich gab es auch bei Fowler Schocken Inc. einfache Verbraucher, meist Stipendiaten aus den unteren Schichten; aber ich wusste jetzt, dass sie zu blasiert waren, als dass sie einem die tatsächlichen Fakten über das Leben und Denken der einfachen Verbraucher mitgeteilt hätten. Oder vielleicht wagten sie nicht einmal, sich selbst einzugestehen, was sie einmal gewesen waren.
    Ich glaube, ich begriff, dass Anzeigen stärker auf das Unterbewusstsein wirken, als selbst wir Profis je für möglich gehalten hatten. Es schockierte mich, wiederholt zu hören, dass man von der Werbung einfach als »der Quatsch« redete. Zuerst war ich verwirrt, doch dann stellte ich befriedigt fest, dass sie trotzdem ihre Wirkung nicht verfehlte. Mein größtes Interesse galt natürlich der Reaktion auf das Projekt der Venusrakete. Eine Woche lang beobachtete ich, sooft es mir möglich war, die wachsende Begeisterung dieser Menschen, die nie zur Venus würden reisen können, und die niemanden kannten, der je zur Venus fahren würde. Ich hörte, wie sie über die Verse lachten, die wir von Fowler Schocken Inc. in Umlauf gebracht hatten und die alle die verschlüsselte Botschaft enthielten, die Venus steigere die männliche Potenz. Ben Winstons Unterabteilung FOLKLORE war, wie ich immer betont hatte, eine der wichtigsten Abteilungen des gesamten Schocken-Unternehmens. Ihre Stärke lag in Wortspielen, dabei vor allem in derbem Humor und Sex. Und der stärkste Antrieb der menschlichen Rasse ist nun einmal Sex. Mal im Ernst: Was

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