Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition)
brachte jedoch kein einziges Wort heraus. Meine Stimme gehorchte mir nicht, mein Gedächtnis ließ mich im Stich. Ich konnte mich zum Beispiel nicht erinnern, ob meine Firma Fowler Schocken hieß oder Schocken Fowler.
Taunton gab es schließlich auf und sagte: »Wir legen Sie eine Weile auf Eis, Courtenay, damit Sie wieder zu sich kommen. Ich könnte auch einen Drink vertragen.« Er schüttelte sich unwillkürlich, dann strahlte er wieder. »Schlafen Sie mal drüber«, riet er mir und verließ schwankend das Zimmer.
Zwei seiner Leute schoben mich aus dem Arbeitsraum über einen Korridor durch eine sehr solide Tür in ein winziges leeres Zimmer. Es war offenbar Nacht. In den Büros, an denen wir vorbeikamen, rührte sich nichts; die Lichter brannten schwach, und ein einsamer Wächter gähnte hinter seinem Schreibtisch. Ich fragte unsicher: »Nehmen Sie mir die Plastikhülle ab? Sonst bleibt von mir nicht mehr viel übrig.«
»Ist nicht befohlen worden«, sagte einer der Männer kurz; sie warfen die stabile Tür zu und schlossen ab. Ich wälzte mich auf dem Fußboden hin und her und suchte etwas Scharfkantiges, um das Kunststoffgewebe einzuschneiden und leichter zerreißen zu können, fand aber nichts. Nach unglaublichen Verrenkungen und einem Dutzend unangenehmer Stürze wusste ich mit absoluter Sicherheit, dass ich mich nicht auf die Füße stellen könnte. Die Türklinke hatte eine sehr, sehr ferne schwache Hoffnung geweckt, aber so wie die Dinge standen, hätte sie ebenso gut eine Million Meilen entfernt sein können.
Mitchell Courtenay, Texter. Mitchell Courtenay, Schlüsselfigur der Venusabteilung. Mitchell Courtenay, zukünftiger Vernichter der Consies. Dieser Mitchell Courtenay wälzte sich auf dem Fußboden der miesesten, übelsten Agentur, die es jemals in unserer Branche gegeben hat; bar jeder Hoffnung, verraten und verloren; das Beste, was ihm noch passieren könnte, wäre ein schneller Tod. Kathy würde niemals etwas davon erfahren. Sie würde glauben, ich sei wie ein Narr auf dem Gletscher gestorben, hätte an der Funkanlage herumgespielt …
Jemand rüttelte am Türschloss. Sie wollten mich holen. Als sich aber die Tür öffnete, erblickte ich vom Boden aus nicht, wie erwartet, einen Wald von Männerbeinen, sondern nur zwei streichholzdünne Fußgelenke in Nylonstrümpfen.
»Ich liebe dich«, sagte eine fremde Frau mit Grabesstimme. »Ich habe zwar Befehl, noch zu warten, aber ich kann nicht mehr warten.« Hedy. Sie hatte ihre Nadel mitgebracht. Ich versuchte, um Hilfe zu rufen, aber meine Brust war wie gelähmt, als sie mit glitzernden Augen neben mir niederkniete. Die Zimmertemperatur schien um zehn Grad zu sinken. Sie presste ihre blutlosen Lippen auf meinen Mund, sie waren wie glühendes Eisen, und dann glaubte ich, meine linke Gesichts- und Kopfhälfte werde abgerissen. Das dauerte einige Sekunden, und dann ging alles in einem roten Nebel und in Bewusstlosigkeit unter.
»Wach auf«, sagte die tote Stimme. »Ich will dich besitzen. Wach auf.« Mein rechter Ellenbogen brannte wie Feuer; ich kam zu mir und warf meinen Arm herum. Mein Arm bewegte sich – er bewegte sich wirklich.
Die blutlosen Lippen neigten sich wieder zu mir herab, erneut rammte sie die Nadel in meinen Kiefer, wahrscheinlich suchte sie den Trigeminusnerv. Sie fand ihn. Ich kämpfte gegen den roten Nebel, der mich wieder zu verschlingen drohte. Mein Arm hatte sich bewegt. Sie hatte die Membrane des Plastikkokons durchlöchert und ich konnte ihn zerreißen. Die Nadel suchte erneut, diesmal zog der Schmerz bis in meinen rechten Arm. Mit einem heftigen Ruck war er frei.
Ich glaube, ich packte ihren Hals und drückte zu, aber ich bin nicht sicher. Ich will es auch nicht genau wissen. Aber nach fünf Minuten spielten sie und ihre Liebe keine Rolle mehr. Ich zerriss den Kunststoff und befreite mich, dann stand ich vorsichtig auf und stöhnte vor Steifheit und Schmerz.
Die Wache im Flur konnte kein Hindernis mehr sein. Wenn der Mann auf meine Schreie nicht reagiert hatte, würde er nie mehr kommen. Ich verließ den Raum und fand den Wächter scheinbar schlafend an seinem Schreibtisch. Ich beugte mich über ihn und entdeckte ein kleines Rinnsal von einem Gemisch aus etwas Blut und Serum an seinem faltigen, alten Nacken. Ein einziger Stich ins Rückenmark hatte Hedy genügt. Ich konnte bezeugen, dass ihre Kenntnis des Nervensystems vollkommen war.
Der Wächter trug eine Waffe. Einen Augenblick zögerte ich, verwarf den Gedanken
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