Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition)
davon gewusst hätte. Wenn er doch nur rechtzeitig zu mir gekommen wäre.«
Die letzte Eintragung hieß: »Sagte, ich tauge nichts. Ich weiß, dass ich nichts tauge. Wertlos für den Beruf. Sie alle wissen es. Kann es in ihren Gesichtern lesen. Jeder weiß es. Er hat es ihnen gesagt. Verfluchter Kerl. Verfluchter Kerl mit seinen Zähnen. Verfluch…«
»Armer, armer Mensch«, murmelte Schocken und weinte fast. Er wandte sich an mich: »Sehen Sie? Die Überbelastung unseres Berufes …«
Und ob ich sah. Ein vorgefertigtes Tagebuch und ein nicht zu identifizierender Protoplasmafleck. Das da unten auf dem Vorsprung konnten ebensogut 180 Pfund Chicken Little sein.
Aber ich hätte nur meinen Atem verschwendet. Also nickte ich kurz und ließ ihm seinen Willen.
Ich nahm wieder meine Position als Leiter der Abteilung VENUS SECTION ein.
Ich suchte täglich Fowlers Analytiker auf. Und ich behielt meine Leibwache. In qualvollen Sitzungen sagte mir der alte Mann bisweilen: »Sie müssen sich von dieser Symbolik freimachen. Das ist alles, was noch zwischen Ihnen und der Wirklichkeit steht, Mitch. Dr. Lawler sagte mir …«
Dr. Lawler sagte Fowler Schocken das, was ich Dr. Lawler sagte. Und das war der langsame Fortschritt meiner »Integrierung«: Ich heuerte einen Medizinstudenten an, der Traumata ausarbeitete, die von der Annahme ausgingen, dass meine Zeit als Konsument eine Art Selbstflucht gewesen sei, und er ließ sich wirklich etwas einfallen. Einige Traumata musste ich ablehnen, weil sie sich nicht ganz mit meiner Würde vereinbaren ließen, aber es blieben genug übrig, die dafür sorgten, dass Dr. Lawler hin und wieder seinen Bleistift sinken ließ. Ein Trauma nach dem anderen wurde ausgegraben, und ich habe mich niemals in meinem Leben derartig gelangweilt.
Nur eines konnte ich nicht überwinden, nämlich die Überzeugung, dass das Leben von Fowler Schocken und mir in Gefahr war.
Fowler und ich kamen einander immer näher. Er glaubte, mich überzeugt zu haben. Ich schämte mich, weil ich ihm etwas vormachte. Er war sehr gut zu mir. Aber es ging um Leben und Tod. Alles andere war nebensächlich.
Eines Tages sagte Fowler Schocken freundlich: »Mitch, ich fürchte, jetzt müssen heldenhafte Maßnahmen stattfinden. Ich verlange nicht, dass Sie diesen Schutz vor der Wirklichkeit, soweit es Sie betrifft, selbst niederreißen. Ich jedoch werde meine Leibwache entlassen.«
»Man wird Sie umbringen, Fowler!«, entfuhr es mir.
Er schüttelte freundlich den Kopf. »Sie werden sehen. Ich habe keine Angst.« Argumente waren sinnlos. Abschließend sagte er dem Lieutenant der Wache: »Ich brauche Sie nicht mehr. Bitte melden Sie sich mit Ihren Leuten beim Fabrikschutz für einen neuen Einsatz. Ich danke Ihnen sehr für Ihre Loyalität und Aufmerksamkeit in diesen Wochen.«
Der Lieutenant salutierte, doch er und seine Männer sahen nicht gerade glücklich aus. Sie verließen einen angenehmen Posten und würden nun wieder auf Patrouille geschickt werden, um als Postenwachen oder Boten zu gottloser Stunde eingesetzt zu werden. Sie verließen den Raum, und ich wusste, dass Fowler Schockens Stunden gezählt waren.
Am gleichen Abend wurde er auf dem Heimweg von jemandem erdrosselt, der den Chauffeur überfallen und sich selbst an die Pedale von Fowler Schockens Cadillac gesetzt hatte. Der Mörder, offenbar ein Irrer, widersetzte sich der Festnahme und ließ sich kichernd zu Tode prügeln. Seine Tätowierung war vernichtet; er war nicht zu identifizieren.
Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, was am nächsten Tag im Büro alles los war. Eine Gedächtnissitzung wurde einberufen und Resolutionen gingen herum, in denen stand, es sei eine Schande, und diesen großartigen Mann würde man nie vergessen können und so weiter. Beileidsbotschaften von anderen Agenturen trafen ein, auch eine von Taunton. Man sah mich mit Befremden an, als ich das Schreiben von Taunton in der geballten Faust zerknitterte und ein paar deftige Schimpfworte ausstieß. Kommerzielle Rivalität hat Grenzen. Wir sind schließlich alle Gentlemen. Ein harter, sauberer Kampf. Und die beste Agentur soll gewinnen.
Aber kein Mitglied der Geschäftsleitung machte sich ernsthaft Gedanken darüber. Sie alle dachten nur an eines: an das Schockenpaket der Stimmanteile.
Fowler Schocken Inc. besaß ein Kapital von 7 x 10 12 Millionen Stimmanteilen zum Nennwert von M$ 2 0.1, insgesamt also 7 x 10 13 Anteile. Davon waren 3.5 x 10 13 + 1 Anteile
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