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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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umwerfenden Liebesbriefe.«
    »Es war von vornherein aussichtslos.«
    »Ich weiß. Es war nur eine von diesen …« Sie führte den Teebecher an den Mund. »Ich weiß nicht. Ich habe ihn gelesen, und er hat mich nicht losgelassen. Ich wollte wissen, was geschehen ist. Wie läuft die Packerei?«
    Er setzt sich auf eine Kiste nicht weit von ihr. Seine Hände sind verschmutzt, seine Stirn ist verschmiert.
    »Fast fertig. Ich kann kaum glauben, dass mein Boss das nicht von Fachleuten hat machen lassen.«
    Der Bibliotheksleiter war bei der Zeitung, solange man denken konnte, und besaß die legendäre Fähigkeit, das Datum und die Ausgabe jeder Zeitung präzise anzugeben, die auch nur vage beschrieben wurde.
    »Warum nicht?«
    Rory seufzte. »Er war besorgt, dass sie etwas an die falsche Stelle bringen oder einen Karton verlieren könnten. Ich habe ihm immer wieder gesagt, dass alles ohnehin am Ende digital erfasst würde, aber Sie wissen, wie er ist, wenn es um Hartkopien geht …«
    »Wie viele Zeitungsjahrgänge?«
    »Ich glaube, es sind achtzig mit abgelegten Zeitungen und ungefähr sechzig mit Ausschnitten und beigefügten Dokumenten. Und das Unheimliche ist, dass er weiß, wohin jedes einzelne Blatt gehört.«
    Sie beginnt, einige Papiere wieder in einen Müllsack zu stecken. »Vielleicht sollte ich ihm von diesem Brief erzählen. Er könnte mir wahrscheinlich sagen, wer ihn geschrieben hat.«
    Rory pfeift. »Nur wenn es Ihnen nichts ausmacht, ihn zurückzugeben. Er kann es nicht ertragen, etwas aus der Hand zu geben. Die anderen haben den richtigen Müll hinausgeschmuggelt, nachdem er nach Hause gegangen war, oder wir hätten noch mehr Räume damit füllen müssen. Wenn er wüsste, dass ich Ihnen die Mappe mit alten Papieren gegeben habe, würde er mich wahrscheinlich feuern.«
    Sie verzieht das Gesicht. »Dann werde ich es nie erfahren«, sagte sie theatralisch.
    »Was?«
    »Was mit den beiden Menschen passiert ist, deren Liebe unter einem schlechten Stern stand.«
    Rory denkt darüber nach. »Sie hat Nein gesagt.«
    »Oh, Sie alter Romantiker.«
    »Sie hatte zu viel zu verlieren.«
    Sie legt den Kopf schief. »Woher wollen Sie wissen, dass der Brief an eine Frau gerichtet war?«
    »Frauen hatten damals keinen Job, oder?«
    »Er ist aus dem Jahr 1960. Es sind wohl kaum die Suffragetten.«
    »Geben Sie ihn mir.« Er streckt eine Hand nach dem Brief aus. »Okay, also dann hatte sie vielleicht einen Job. Aber ich bin sicher, da stand etwas über eine Zugfahrt. Meiner Ansicht nach wäre es viel weniger wahrscheinlich, dass eine Frau sagt, sie sei zu einem neuen Job unterwegs.« Er liest ihn noch einmal und zeigt auf die Zeilen. »Er bittet sie, ihm zu folgen. Eine Frau hätte einen Mann nicht gebeten, mit ihr zu kommen. Damals nicht.«
    »Sie haben eine sehr festgefügte Ansicht über Männer und Frauen.«
    »Nein. Ich verbringe nur sehr viel Zeit hier, eingeschlossen in der Vergangenheit.« Er deutet auf seine Umgebung. »Und es ist ein anderes Land.«
    »Vielleicht war er ja gar nicht an eine Frau gerichtet«, spöttelt sie. »Vielleicht an einen anderen Mann.«
    »Unwahrscheinlich. Homosexualität war damals noch ungesetzlich, oder? Es hätte Hinweise auf Heimlichkeit oder so etwas gegeben.«
    »Aber die gibt es doch.«
    »Es ist bloß eine Affäre«, sagt er. »Offensichtlich.«
    »Was höre ich denn da? Die Stimme der Erfahrung?«
    »Ha! Ich doch nicht.« Er gibt ihr den Brief zurück und trinkt einen Schluck Tee.
    Er hat lange, vierschrötige Finger. Arbeitshände, nicht die eines Bibliothekars, denkt sie abwesend. Aber wie sehen die Hände eines Bibliothekars überhaupt aus? »Sie haben sich also nie auf jemanden eingelassen, der verheiratet ist?« Sie wirft einen Blick auf seinen Ringfinger. »Oh, Sie sind verheiratet und haben nie eine Affäre gehabt?«
    »Nein. Und nein. Hatte nie eine Affäre gleich welcher Art. In die jemand verwickelt war, meine ich. Ich habe mein Leben gern einfach.« Er deutet mit einem Kopfnicken auf den Brief, den sie wieder in ihre Handtasche steckt. »Solche Sachen enden nie gut.«
    »Wie bitte? Liebe, die nicht einfach und geradeaus ist, muss tragisch enden?« Sie hört Abwehr in ihrer Stimme.
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Doch. Sie haben vorhin gesagt, dass sie Ihrer Meinung nach Nein gesagt hat.«
    Er leert seinen Teebecher, zerdrückt ihn und wirft ihn in den Müllsack. »Wir sind in zehn Minuten fertig. Sie schnappen sich am besten, was sie haben wollen. Zeigen Sie mir, was

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