Eine Handvoll Worte
Larry sprechen.«
»Vermutlich hat er ihr aufgetragen, Stillschweigen zu bewahren.«
»Worüber?« Yvonne warf ihren Mantel auf das Bett und setzte sich auf einen gepolsterten Stuhl. »Warum um alles in der Welt wohnst du hier? Hattest du einen Streit mit Larry?«
Yvonne hatte tiefe Ringe unter den Augen, aber ihre Frisur war makellos. Sie war ihr bereits ein wenig fern, ein Überbleibsel aus einem anderen Leben, dachte Jennifer. »Ich habe ihn verlassen«, sagte sie.
Yvonne betrachtete Jennifers Gesicht mit forschendem Blick. »Larry hat sich vorgestern Abend bei uns betrunken. Und wie. Ich vermutete, dass es mit dem Geschäft zu tun hatte, ging mit dem Baby zu Bett und habe die Männer sich selbst überlassen. Als Francis nach oben kam, schlief ich schon halb, aber ich hörte noch, dass Larry ihm erzählt habe, du hättest einen Liebhaber und seist von allen guten Geistern verlassen. Ich dachte, ich hätte es geträumt.«
»Tja«, erwiderte Jennifer, »zum Teil stimmt es.«
Yvonne legte die Hand auf den Mund. »O Gott, doch nicht etwa Reggie.«
Jennifer schüttelte den Kopf und brachte ein Lächeln zustande. »Nein.« Sie seufzte. »Yvonne, ich habe dich furchtbar vermisst. Ich wollte so gern mit dir reden …« Sie erzählte ihrer Freundin die Geschichte, wobei sie einige Details ausließ, den größten Teil der Wahrheit aber offenlegte. Immerhin war es Yvonne. Die schlichten Worte, die in dem stillen Raum widerhallten, schienen die Ungeheuerlichkeit, die sie in den vergangenen Wochen durchgemacht hatte, Lügen zu strafen. Alles hatte sich verändert; alles. Sie schloss mit einer schwungvollen Bewegung ab: »Ich werde ihn wiederfinden. Das weiß ich. Ich muss es nur erklären.«
Yvonne hatte genau zugehört, und Jennifer stellte verblüfft fest, wie sehr sie ihre bitteren, ungeschminkten Bemerkungen vermisst hatte.
Schließlich lächelte Yvonne vorsichtig. »Ich bin mir sicher, er würde dir verzeihen«, sagte sie.
»Was?«
»Larry. Ich bin mir sicher, er wird dir verzeihen.«
»Larry?« Jennifer sank zurück.
»Ja.«
»Aber ich will nicht, dass mir verziehen wird.«
»Das kannst du nicht machen, Jenny.«
»Er hat eine Geliebte.«
»Oh, die kannst du loswerden! Das ist doch nur seine Sekretärin, um Himmels willen. Sag ihm, du willst von vorn anfangen. Sag ihm, das muss er auch machen.«
Jennifer stolperte fast über die Wörter. »Aber ich will ihn nicht, Yvonne. Ich will nicht mit ihm verheiratet sein.«
»Du willst lieber auf einen mittellosen Playboy-Reporter warten, der vielleicht nicht einmal zurückkehrt?«
»Ja, das möchte ich.«
Yvonne griff in ihre Handtasche, zündete sich eine Zigarette an und blies eine lange Rauchwolke in die Mitte des Raumes.
»Was ist mit Esmé?«
»Was soll mit ihr sein?«
»Wie soll sie zurechtkommen, wenn sie ohne Vater aufwächst?«
»Sie wird einen Vater haben. Sie wird ihn die ganze Zeit sehen. Sie wird sogar dieses Wochenende dort verbringen. Ich habe ihm geschrieben, und er hat es schriftlich bestätigt.«
»Du weißt, dass Kinder geschiedener Eltern in der Schule schrecklich aufgezogen werden. Das Mädchen von den Allsops ist in einem furchtbaren Zustand.«
»Wir lassen uns nicht scheiden. Keine ihrer Schulkameradinnen muss etwas erfahren.«
Yvonne zog noch immer entschlossen an ihrer Zigarette.
Jennifers Stimme wurde weich. »Bitte, versuche es zu verstehen. Es gibt keinen Grund, warum Laurence und ich nicht getrennt leben sollten. Die Gesellschaft ist im Wandel begriffen. Wir müssen nicht in etwas gefangen sein, das … Ich bin mir sicher, dass Laurence ohne mich viel glücklicher sein wird. Und dadurch muss nichts in Mitleidenschaft gezogen werden. Wirklich nicht. Zwischen dir und mir kann alles so bleiben, wie es ist. Ich dachte sogar, dass wir diese Woche die Kinder zusammenbringen können. Mit ihnen zu Madame Tussaud’s gehen. Ich weiß, Esmé will unbedingt Dottie sehen …«
»Madame Tussaud’s?«
»Oder Kew Gardens. Nur spielt das Wetter …«
»Stopp.« Yvonne hob eine Hand. »Hör auf. Ich kann kein Wort mehr hören. Du meine Güte. Du bist wirklich die selbstsüchtigste Frau, die ich kenne.«
Sie drückte ihre Zigarette aus, stand auf und nahm ihren Mantel. »Wie stellst du dir das Leben bloß vor, Jennifer? Wie eine Art Märchen? Glaubst du denn, wir alle sind unsere Männer nicht leid? Warum solltest du dich so verhalten und von uns erwarten, gerade so mit dir weiterzumachen, während du dich herumtreibst, als – als
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