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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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du hast nie diesen Sog verspürt?«
    Sie wartet.
    Er dreht sich zu ihr um. »Klar. Aber wenn ich damit jemanden verletzt hätte, habe ich mich zurückgezogen.«
    Ihr Gesicht brennt. »Ach, du bist ja so wunderbar!«
    »Nein. Aber du bist wohl kaum ein Opfer der Umstände. Vermutlich hast du gewusst, dass er verheiratet ist, und hast dich entschieden, trotzdem weiterzumachen. Du hattest die Möglichkeit, Nein zu sagen.«
    »Ich konnte nicht.«
    Sarkastisch verkündet er: » ›Etwas, das stärker war als wir‹. Ich glaube, diese Liebesbriefe haben dich stärker in Mitleidenschaft gezogen, als du denkst.«
    »Oh, na ja, gut für dich, Mr Praktisch. Gratuliere, dass du deine Emotionen wie Wasserhähne auf- und zudrehen kannst. Ja, ich habe mich hineinfallen lassen – okay? Unmoralisch, ja. Schlecht beraten? Na ja, in Anbetracht deiner Reaktion, offensichtlich schon. Aber ich habe mal etwas Magisches empfunden, und – und keine Bange, ich habe seitdem dafür gezahlt.«
    »Aber du bist nicht die Einzige, oder? Jede Handlung hat Folgen, Ellie. Meiner Meinung nach teilt sich die Welt in Menschen, die das sehen und sich dementsprechend entscheiden, und solche, die einfach danach gehen, was sich gerade gut anfühlt.«
    »Mein Gott! Hast du überhaupt eine Ahnung, wie verdammt überheblich du klingst?« Sie schreit und nimmt die neugierigen Pendler kaum wahr, die an ihnen vorbeigehen und in den Tunneln der District und Circle Line verschwinden.
    »Ja.«
    »Und in deiner Welt darf niemand einen Fehler machen?«
    »Ein Mal«, sagt er. »Man kann ein Mal einen Fehler machen.«
    Er schaut in die Ferne, die Zähne zusammengebissen, als überlege er, wie viel er sagen soll. Dann dreht er sich zu ihr um. »Ich war auf der anderen Seite, okay, Ellie? Ich habe eine Frau geliebt, die einen anderen fand, dem sie nicht widerstehen konnte. Etwas, das ›stärker war als sie‹. Bis er sie natürlich fallen ließ. Und ich habe sie wieder in mein Leben gelassen, und sie hat mich ein zweites Mal verbrannt. Daher habe ich durchaus eine Meinung zu dem Thema.« Sie ist wie gelähmt. Mit lautem Rauschen und heißer, wirbelnder Luft fährt eine U-Bahn ein.
    »Weißt du was?«, sagt er mit erhobener Stimme, um den Lärm zu übertönen. »Ich verurteile dich nicht, weil du dich in diesen Mann verliebt hast. Wer weiß? Vielleicht ist er ja die Liebe deines Lebens. Kann sein, dass es seiner Frau ohne ihn wirklich besser geht. Vielleicht seid ihr beide ja tatsächlich füreinander bestimmt. Aber du hättest Nein zu mir sagen können.« Plötzlich sieht sie etwas Unerwartetes, etwas Rohes und Ungeschütztes in seinem Gesicht. »Das macht mir zu schaffen. Du hättest Nein sagen können. Das wäre das Richtige gewesen.«
    Leichtfüßig springt er in den Waggon, als die Türen sich schließen. Die U-Bahn fährt mit ohrenbetäubendem Kreischen ab.
    Sie schaut seinem Rücken im beleuchteten Fenster nach, bis er verschwindet. Das Richtige für wen?
    Hey, Babe,
    hab das ganze Wochenende an dich gedacht. Wie ist es an der Uni? Barry sagt, alle Püppchen, die zur Uni gehen, finden schließlich einen anderen, aber ich habe ihm gesagt, das sei Schrott. Er ist nur eifersüchtig. Er ist am Dienstag mit dem Mädchen vom Makler ausgegangen, und sie hat ihn nach dem Hauptgang sitzen lassen. Hat gesagt, sie müsse mal zur Toilette, und ist gegangen!!! Er sagte, er habe zwanzig Minuten dort gesessen, bevor es ihm klar wurde. Wir haben uns alle schlapp gelacht …
    Ich wünschte, du wärst hier, Babe. Die Nächte ohne dich sind lang. Schreib bald zurück. Clive xxx
    Das Richtige für wen?
    Ellie sitzt mitten auf ihrem Bett, einen staubigen Karton auf dem Schoß, den Briefwechsel ihrer Adoleszenz um sich herum verstreut. Sie ist um halb zehn im Bett und sucht verzweifelt nach einer Möglichkeit, den Liebesbriefartikel für Melissa zu retten, ohne Jennifer der Öffentlichkeit preiszugeben. Sie denkt an Clive, ihre erste Liebe, Sohn eines Baumchirurgen und am selben Gymnasium wie sie. Sie hatten sich den Kopf darüber zerbrochen, ob Ellie zur Universität gehen sollte, und sich geschworen, dass es ihre Beziehung nicht beeinträchtigen würde. Es hatte ungefähr noch drei Monate gehalten, nachdem sie nach Bristol gezogen war. Sie weiß noch, wie das Auftauchen seines schrottreifen Minis auf dem Parkplatz vor ihrem Studentenwohnheim sich erschreckend schnell in alles andere als wunderbar verwandelte; das Signal für sie, Parfüm aufzutragen und den Flur entlangzustürmen,

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