Eine Handvoll Worte
Informationszentren und Toiletten erzählt. Während ihnen jeder neue Raum erläutert wird, beobachtet Ellie die unterschiedlichen Reaktionen ihres Teams, die Aufregung einiger jüngerer Kolleginnen, denen der glatte, modernistische Stil des Büros gefällt. Melissa, die offenbar schon ein paar Mal dort gewesen ist, unterbricht hin und wieder mit Informationen, die der Mann ihrer Meinung nach ausgelassen hat.
»Hier kann man sich nirgendwo verstecken!«, scherzt Rupert, während er den weiträumigen, übersichtlichen Raum betrachtet. In seiner Bemerkung steckt ein Körnchen Wahrheit. Melissas Büro in der südöstlichen Ecke besteht vollkommen aus Glas und überblickt das gesamte Feuilleton-»Zentrum«. Niemand aus der Abteilung hat ein eigenes Büro, eine Entscheidung, die offensichtlich einigen ihrer Kollegen und Kolleginnen zu schaffen macht.
»Und hier werdet ihr alle sitzen.« Alle Journalisten sind an einem riesigen, ovalen Tisch untergebracht, aus dessen Mitte Drähte sprießen, die wie Nabelschnüre zu einer Reihe Flachbildschirme führen.
»Wer sitzt wo?«, fragt eine der Kolumnistinnen. Melissa schaut auf ihrer Liste nach. »Daran habe ich gearbeitet. Einiges ist noch im Fluss. Aber Rupert, du sitzt hier. Arianna dort. Tim, neben dem Stuhl, dort. Edwina …« Sie deutet auf einen freien Platz. Das erinnert Ellie an Korbball in der Schule; die Erleichterung, wenn man aus der Menge ausgewählt und der einen oder der anderen Mannschaft zugeordnet wurde. Nur dass alle Plätze eingenommen sind und sie noch steht.
»Äh … Melissa?«, wagt sie sich vor. »Wo soll ich denn sitzen?« Melissa wirft einen Blick auf einen anderen Schreibtisch. »Ein paar werden springen müssen. Es hat keinen Sinn, wenn alle die ganze Zeit nur einem Arbeitsplatz zugeordnet sind.« Sie schaut Ellie dabei nicht an.
Ellie spürt, wie sich ihre Zehen in den Schuhen verkrampfen. »Soll das heißen, dass ich keinen eigenen Schreibtisch bekomme?«
»Nein, ich sage, dass sich einige einen Arbeitsplatz teilen werden.«
»Aber ich bin jeden Tag da. Ich verstehe nicht, wie das funktionieren soll.« Sie sollte Melissa beiseitenehmen und sie unter vier Augen fragen, warum Arianna, die kaum einen Monat da ist, bevorzugt wird und einen eigenen Schreibplatz bekommt. Sie sollte die leichte Verärgerung aus ihrer Stimme nehmen. Sie sollte den Mund halten. »Ich verstehe nicht, warum ich die einzige Feuilletonistin bin, die nicht …«
»Wie gesagt, Ellie, die Dinge sind noch im Fluss. Du wirst immer einen Platz haben, an dem du arbeiten kannst. Gut. Machen wir mit den Nachrichten weiter. Die werden natürlich am selben Tag umziehen wie wir …« Und damit ist die Unterhaltung beendet. Ellie sieht, dass ihre Aktien viel tiefer gesunken sind, als sie gedacht hat. Sie sieht, wie die Neue rasch zur Seite schaut, und tut so, als würde sie etwas auf ihrem Handy lesen.
* * *
Die Bibliothek ist nicht mehr im Kellergeschoss. Das neue »Zentrum für Informationsquellen« befindet sich zwei Stockwerke darüber in einer Vorhalle rings um eine Sammlung übergroßer und verdächtig exotischer Topfpflanzen. In der Mitte ist eine Insel, hinter der sie den mürrischen Bliotheksleiter erkennt, der ruhig mit einem viel jüngeren Mann spricht. Sie betrachtet die Regale, ordentlich in digitale Quellen und Bücher aufgeteilt. Die Beschriftung in den neuen Büros ist ausnahmslos in Kleinschrift, was dem Chefkorrektor vermutlich ein Magengeschwür eingebracht hat.
Der Unterschied zu den staubigen Katakomben des alten Archivs mit dem muffigen Zeitungsgeruch und den unübersichtlichen Kurven konnte kaum größer sein, und plötzlich wird sie melancholisch.
Sie ist sich nicht ganz sicher, warum sie hierhergekommen ist, nur dass sie sich von Rory magnetisch angezogen fühlt, vielleicht um herauszufinden, ob er ihr zumindest teilweise verzeiht, oder um mit ihm über Melissas Schreibtischaufteilung zu sprechen. Ihr wird klar, dass er einer der wenigen Menschen ist, mit denen sie darüber reden kann. Der Bibliothekar erblickt sie.
»Verzeihung«, sagt sie und hebt eine Hand. »Ich schaue mich nur um.«
»Wenn Sie zu Rory wollen«, sagt er, »der ist im alten Gebäude.« Seine Stimme klingt nicht unfreundlich.
»Danke«, erwidert sie und versucht, so etwas wie eine Entschuldigung anzudeuten. Ihr ist wichtig, nicht noch jemanden zu verstimmen. »Es sieht toll aus. Sie haben … eine großartige Arbeit geleistet.«
»Fast fertig«, sagt er und lächelt. Wenn er
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