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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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es hätte sie als eine weitere, übermäßig verhätschelte Frau eines Reichen kennzeichnen sollen. Er entdeckte jedoch auch andere Dinge: dass Jennifer Stirling wahrscheinlich etwas vernachlässigt war, klüger, als ihre Stellung es von ihr verlangte, und dass sie nicht erkannt hatte, was diese Kombination innerhalb von ein, zwei Jahren mit ihr anstellen würde. Vorläufig deutete lediglich eine gewisse Traurigkeit in ihren Augen auf diese Selbstwahrnehmung hin. Sie war in einem nie endenden, aber bedeutungslosen gesellschaftlichen Strudel gefangen.
    Sie hatte keine Kinder. »Ich habe gehört, dass zwei Menschen eine Weile im selben Land sein müssen, um eins zu bekommen.« Als sie das aussprach, fragte er sich, ob sie ihm damit eine Botschaft sandte. Aber sie war anscheinend arglos, eher belustigt über ihre Lage als enttäuscht. »Haben Sie Kinder, Anthony?«, forschte sie nach.
    »Ich – ich habe anscheinend eins verbummelt. Mein Sohn lebt bei meiner Ex-Frau, die sehr bemüht ist, dafür zu sorgen, dass ich ihn nicht verderbe.« Sobald er das gesagt hatte, wusste er, dass er betrunken war. In nüchternem Zustand hätte er Phillip nie erwähnt.
    Diesmal sah er etwas Ernstes hinter ihrem Lächeln, als fragte sie sich, ob sie ihn bedauern sollte. Bitte nicht, flehte er sie stumm an. Um seine Verlegenheit zu verbergen, schenkte er sich noch ein Glas Wein ein. »Schon gut. Er …«
    »In welcher Hinsicht könnte man Sie als zerstörenden Einfluss betrachten, Mr O’Hare?«, fragte Mariette, die Tochter des Bürgermeisters, quer über den Tisch.
    »Ich vermute, Mademoiselle, dass ich sehr wahrscheinlich verdorben bin«, sagte er. »Hätte ich nicht bereits beschlossen, ein äußerst schmeichelhaftes Profil über Mr Stirling zu schreiben, könnte ich mir vorstellen, dass mich das Essen und die Gesellschaft hier am Tisch herumgekriegt hätten.« Er hielt kurz inne. »Was wäre nötig, um Sie zu bestechen, Mrs Moncrieff?« Sie erschien ihm die sicherste Person, der er eine solche Frage stellen konnte.
    »Oh, ich wäre billig wie nichts. Niemand hat sich bisher genug Mühe gegeben«, erwiderte sie.
    »So ein Blödsinn«, sagte ihr Mann liebevoll. »Ich habe Monate gebraucht, um dich rumzukriegen.«
    »Tja, du musstest mich kaufen, Schätzchen. Im Gegensatz zu Mr O’Hare hier haben dir gutes Aussehen und Charme gefehlt.« Sie warf ihm eine Kusshand zu. »Jenny hingegen ist absolut unbestechlich. Meinen Sie nicht, dass sie eine entsetzliche Herzensgüte ausstrahlt?«
    »Keine Menschenseele ist unbestechlich, wenn nur der Preis stimmt«, sagte Moncrieff. »Auch unsere liebe Jenny.«
    »Nein, Francis. Monsieur Lafayette ist unser wirkliches Vorbild an Integrität«, sagte Jennifer mit schalkhaft zuckenden Mundwinkeln. Sie wirkte allmählich etwas angetrunken. »Schließlich gibt es so etwas wie Korruption in der französischen Politik nicht.«
    »Liebling, ich glaube nicht, dass es dir zusteht, über französische Politik zu reden«, unterbrach Laurence Stirling sie.
    Anthony bemerkte, wie ihr leichte Röte in die Wangen stieg.
    »Ich habe doch nur gesagt …«
    »Lass es lieber«, bemerkte er leichthin. Sie blinzelte und schaute auf ihren Teller.
    Betretenes Schweigen.
    »Ich glaube, Sie haben recht, Madame«, sagte Monsieur Lafayette galant zu Jennifer und stellte sein Glas ab. »Dennoch kann ich Ihnen versichern, dass mein Rivale im Rathaus ein unehrlicher Halunke ist … wenn der Preis stimmt, natürlich.«
    Plätscherndes Gelächter machte sich breit. Unter dem Tisch drückte Mariette ihren Fuß an Anthonys. Jennifer Stirling auf seiner anderen Seite wies leise die Bediensteten an, die Teller abzuräumen. Die Moncrieffs zu beiden Seiten von Monsieur Demarcier waren in eine Unterhaltung vertieft.
    Mein Gott, dachte er. Was mache ich bloß bei diesen Leuten? Das ist nicht meine Welt. Laurence Stirling redete eindringlich auf seinen Nachbarn ein. Ein Narr, dachte Anthony, wobei er sich durchaus bewusst war, dass dieser Ausdruck viel eher auf ihn mit seiner verlorenen Familie, seiner schwindenden Karriere, seinem Geldmangel zutraf. Der Hinweis auf seinen Sohn, Jennifer Stirlings Demütigung und der Alkohol hatten sich verschworen, seine Laune zu verschlechtern. Da gab es nur eins: Er bedeutete dem Kellner, ihm nachzuschenken.
    Die Demarciers gingen kurz nach elf, die Lafayettes ein paar Minuten danach – Ratsversammlung am nächsten Morgen, erklärte der Bürgermeister. »Wir fangen früher an als ihr Engländer.« Er

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