Eine Handvoll Worte
Geräusch der Haustür aufgewacht war. Hatte sie im Schlaf geredet?
Die Uhr tickte melancholisch auf acht Uhr zu, unterbrochen nur vom gelegentlichen Rascheln der Zeitung, wenn Laurence sie umschlug. Draußen vernahm sie Schritte auf den Stufen vor der Haustür, das kurze Rappeln, als der Briefträger die Post durch den Briefschlitz warf, dann die quengelnde, hohe Stimme eines Kindes, das unter dem Fenster vorbeiging.
Sie versuchte, eine Bemerkung über den Schnee fallen zu lassen, eine Überschrift zu den steigenden Heizölkosten, doch Laurence seufzte nur, als wäre er gereizt, und sie verstummte.
Mein Liebhaber würde mich nicht so behandeln, sagte sie ihm in Gedanken und strich Butter auf eine Scheibe Toast. Er würde lächeln, meine Taille berühren, wenn er in der Küche an mir vorbeikäme. Wahrscheinlich würden sie sogar nicht einmal in der Küche frühstücken: Er würde ein Tablett mit Köstlichkeiten hinauf ans Bett bringen, ihr Kaffee reichen, wenn sie wach würde; sie würden fröhliche, krümelige Küsse austauschen. In einem der Briefe hatte er geschrieben:
Wenn du isst, dann gibst du dich vollkommen dieser Erfahrung hin. Ich habe dich bei jenem ersten Mal damals beim Abendessen beobachtet, und ich wünschte, du würdest mir dieselbe Konzentration zukommen lassen.
Laurences Stimme durchbrach ihren Tagtraum. »Heute Abend gibt es vor der Weihnachtsfeier in der Firma einen Umtrunk bei den Moncrieffs. Denkst du daran?«
»Ja.« Sie blickte nicht auf.
»Ich werde so gegen halb sieben wieder hier sein. Francis rechnet dann mit uns.« Sie spürte, wie sein Blick auf ihr verweilte, als warte er auf eine Reaktion, aber sie war zu stur. Dann war er fort und ließ Jennifer in einem stillen Haus zurück, mit Träumen von einem imaginären Frühstück, das diesem hier bei Weitem vorzuziehen war.
Erinnerst du dich an das erste Abendessen? Ich war so ein Narr, und das hast du gewusst. Und du warst so ungeheuer charmant, liebste J, selbst angesichts meines rüden Verhaltens.
An dem Abend war ich so wütend. Jetzt vermute ich, dass ich mich sogar dort schon in dich verliebt habe, aber wir Männer sind so kolossal unfähig zu sehen, was direkt vor unserer Nase ist. Es war leichter, mein Unbehagen als etwas völlig anderes abzutun.
* * *
Sie hatte inzwischen sieben Briefe aus ihren Verstecken im ganzen Haus ausgegraben; sieben Briefe, die ihr die Liebe offenbarten, die sie kennengelernt hatte, den Menschen, der daraufhin aus ihr geworden war. In diesen handgeschriebenen Zeilen sah sie sich auf vielfältige Weise widergespiegelt: impulsiv, leidenschaftlich, leicht auf die Palme zu bringen und bereit zu vergeben.
Er war offensichtlich das genaue Gegenteil von ihr. Er forderte heraus, verkündete, versprach. Er war ein scharfer Beobachter – von ihr, von seiner Umgebung. Er hielt nichts verborgen. Anscheinend war sie die erste Frau, die er jemals wirklich geliebt hatte. Sie fragte sich, als sie seine Sätze wieder las, ob er umgekehrt der erste Mann war, den sie wirklich geliebt hatte.
Wenn du mich mit deinen grenzenlosen, zerfließenden Augen angeschaut hast, habe ich mich stets gefragt, was du wohl in mir sehen könntest. Jetzt weiß ich, dass es eine närrische Ansicht von Liebe ist. Du und ich könnten uns ebenso wenig nicht lieben, wie die Erde aufhören könnte, die Sonne zu umkreisen.
Obwohl nicht alle Briefe ein Datum trugen, konnte man sie einigermaßen chronologisch ordnen: Dieser war kurz nach ihrer ersten Begegnung eingetroffen, ein anderer nach einer Art Auseinandersetzung, ein dritter nach einer leidenschaftlichen Versöhnung. Er hatte gewollt, dass sie Laurence verließ. In einigen bat er sie darum. Offensichtlich hatte sie widerstanden. Warum? Sie dachte jetzt an den kalten Mann in der Küche, das erdrückende Schweigen in ihrem Zuhause. Warum bin ich nicht weggegangen?
Wie besessen las sie die sieben Briefe, durchforstete sie nach Hinweisen, versuchte die Identität des Mannes herauszufinden. Der letzte Brief war im September abgeschickt worden, nur wenige Wochen vor ihrem Unfall. Warum hatte der Mann keinen Kontakt aufgenommen? Ganz offensichtlich hatten sie weder miteinander telefoniert, noch einen besonderen Treffpunkt gehabt. Als sie feststellte, dass einige Briefe ein gemeinsames Postfach hatten, war sie zur Post gegangen, um herauszufinden, ob es noch weitere gab. Doch das Postfach war neu zugeteilt worden, und für sie waren keine Briefe hinterlegt worden.
Sie war mit der Zeit davon
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