Eine Handvoll Worte
Die Worte waren ausgesprochen, noch ehe er wusste, was er sagte.
»Was?«
»Verlasse ihn. Komm und lebe mit mir. Man hat mir eine Versetzung angeboten. Wir könnten einfach verschwinden.«
»Nicht.«
»Was nicht?«
»Sag so etwas nicht. Du weißt, es ist unmöglich.«
»Warum?«, fragte er. Anthony vernahm den fordernden Ton in seiner Stimme. »Warum geht es nicht?«
»Wir – wir kennen uns doch eigentlich überhaupt nicht.«
»Doch. Und das weißt du.«
Er senkte den Kopf und küsste sie noch einmal. Diesmal zauderte sie ein wenig, er zog sie an sich, legte die Hand in ihr Kreuz und spürte, wie sie sich seinen Körperformen anpasste. Die Musik entfernte sich, mit einer Hand hob er ihr die Haare aus dem Nacken, spürte die Feuchtigkeit darunter und hielt inne. Sie hatte die Augen geschlossen, ihr Kopf war etwas zur Seite geneigt, ihre Lippen waren ganz leicht geöffnet.
Sie schlug die blauen Augen auf, ihr Blick bohrte sich in ihn, und dann lächelte sie, ein impulsives Lächeln, das ihr eigenes Verlangen deutlich machte. Wie oft sah ein Mann ein solches Lächeln? Kein Ausdruck von Duldung, von Zuneigung, von Pflicht. Ja, gut, Lieber, wenn du wirklich willst. Jennifer Stirling wollte ihn haben. Sie wollte ihn genauso, wie er sie wollte. »Mir ist entsetzlich heiß«, sagte sie, ohne den Blick von ihm abzuwenden.
»Dann sollten wir an die frische Luft.« Er nahm sie an die Hand und führte sie durch die Tanzpaare. Er fühlte, wie sie lachte und nach dem Rücken seines Hemdes griff. Sie kamen in den vergleichsweise leeren Flur, wo er ihr Lachen mit Küssen erstickte, seine Finger in ihren Haaren verschlungen, ihr warmer Mund unter seinen Lippen. Sie erwiderte seinen Kuss mit zunehmender Leidenschaft, zögerte auch nicht, als sie Schritte hörten, die an ihnen vorbeigingen. Ihre Hände glitten unter sein Hemd, und die Berührung ihrer Finger war dermaßen angenehm, dass er kurz die Macht über seine Gedanken verlor. Was tun? Was tun? Ihre Küsse wurden tiefer, drängender. Er wusste, wenn er sie nicht nähme, würde er explodieren. Er brach ab, umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen, sah ihre Augen, schwer vor Verlangen. Ihre gerötete Haut war seine Antwort.
Er schaute nach rechts. Sherrie war noch immer in ihr Buch vertieft, die Garderobe war in der stickigen Augusthitze überflüssig. Nach vielen Jahren amouröser Fummelei rings um sie herum war sie blind dafür. »Sherrie«, sagte er und zog eine Zehnshillingnote aus der Tasche, »wie wär’s mit einer Teepause?«
Sie zog eine Augenbraue hoch, nahm das Geld und glitt von ihrem Hocker. »Zehn Minuten«, sagte sie kühn. Dann folgte Jennifer ihm kichernd in die Garderobe, atemlos, während er den dunklen Vorhang so weit wie möglich vor die dunkle Nische zog.
Hier war die Dunkelheit weich und absolut, der Geruch nach tausend abgelegten Mänteln hing in der Luft. Umeinander geschlungen taumelten sie ans Ende der Mantelstange, die Drahtbügel stießen an ihre Köpfe wie flüsternde Zimbeln. Er sah Jennifer nicht, doch dann war sie vor ihm, mit dem Rücken an der Wand, ihren Lippen auf seinen, drängender jetzt, und flüsterte seinen Namen.
Im Grunde seines Herzens wusste er sogar damals, dass sie sein Ruin sein würde. »Sag mir, dass ich aufhören soll«, wisperte er, eine Hand an ihrer Brust, schwer atmend, wusste, dass das die einzig mögliche Bremse war. »Sag mir, dass ich aufhören soll.« Ihr Kopfschütteln war eine stumme Weigerung. »O Gott«, murmelte er. Dann wurden sie hektisch, ihr Atem kam stoßweise, sie schlang ein Bein um ihn. Er fuhr mit den Händen unter ihr Kleid, die Handflächen glitten über die Seide und Spitze ihrer Unterwäsche. Er spürte ihre Finger in seinen Haaren, eine Hand griff nach seiner Hose, und ein Teil von ihm war leicht schockiert, als hätte er sich vorgestellt, dass ihr natürliches Gefühl für Anstand eine solche Gier ausschließen würde.
Die Zeit wurde langsamer, die Luft zu einem Vakuum um sie herum, ihr Atem vermischte sich. Stoffe wurden zur Seite geschoben. Beine wurden feucht, er hatte seine gespreizt, um ihr Gewicht zu tragen. Und dann – o Gott – war er in ihr, und einen Moment lang blieb alles stehen: Jennifers Atem, ihre Bewegungen, sein Herz. Wahrscheinlich auch die Welt. Er spürte ihren offenen Mund an seinem, hörte, wie sie einatmete. Und dann bewegten sie sich, und er war eins, konnte nur eins fühlen, war taub gegenüber den klappernden Bügeln, der gedämpften Musik auf der anderen
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