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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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Fahrer vorbeigeschickt, der seinen Abendanzug abgeholt hat.«
    »Ja«, sagte sie geistesabwesend. Plötzlich war ihr, als hätte sie Fieber, und sie musste sich am Treppengeländer festhalten.
    »Mrs Stirling, ist alles in Ordnung?«
    »Mir geht es gut.«
    »Sie sehen aus, als könnten Sie ein wenig Ruhe gebrauchen.« Mrs Cordoza legte die Kleider sorgfältig über den Stuhl in der Diele und nahm Jennifer den Mantel ab. »Soll ich Ihnen ein Bad einlaufen lassen? Ich könnte Ihnen unterdessen eine Tasse Tee machen, wenn Sie wollen.«
    Jennifer wandte sich an die Haushälterin. »Ja. Vermutlich. Viertel vor sieben, sagten Sie?« Sie begann, die Treppe hinaufzugehen.
    »Mrs Stirling? Die Kleider? Welches?«
    »Oh. Ich weiß nicht. Wählen Sie aus.«
    Sie lag in der Badewanne, beinahe unempfindlich gegenüber dem heißen Wasser, betäubt von allem, was bevorstand. Ich bin eine gute Ehefrau, sagte sie sich. Ich werde heute Abend zu dem Dinner gehen, und ich werde unterhaltsam und fröhlich sein und mich nicht über Dinge auslassen, von denen ich nichts weiß.
    Was hatte Anthony einmal geschrieben? Dass es Spaß machen konnte, ein anständiger Mensch zu sein. Auch wenn du es jetzt nicht spürst.
    Sie stieg aus der Badewanne. Sie konnte sich nicht entspannen. Sie brauchte etwas, das sie auf andere Gedanken brachte. Sie wünschte sich plötzlich, sie könnte sich mit Medikamenten betäuben und die nächsten beiden Stunden durchschlafen. Die nächsten beiden Monate sogar, dachte sie bekümmert und griff nach dem Handtuch.
    Sie öffnete die Badezimmertür und dort, auf dem Bett, hatte Mrs Cordoza die beiden Kleider ausgelegt: links das mitternachtsblaue, das sie abends an Laurences Geburtstag getragen hatte. Es war ein fröhlicher Abend im Casino gewesen. Bill hatte beim Roulette jede Menge Geld gewonnen und darauf bestanden, Champagner für alle auszugeben. Sie hatte zu viel getrunken, ihr war schwindelig gewesen, sie hatte nichts essen können. Jetzt, in dem stillen Raum, fielen ihr andere Teile des Abends wieder ein, die sie gehorsam ausgelassen hatte, wenn sie davon erzählte. Ihr fiel ein, dass Laurence sie kritisiert hatte, weil sie zu viel Geld für Spielchips ausgab. Ihr fiel ein, dass er ihr zugeraunt hatte, sie blamiere ihn – bis Yvonne ihn charmant ermahnt hatte, nicht so mürrisch zu sein. Er wird dich erdrücken, alles auslöschen, was dich ausmacht. Ihr fiel ein, wie er am Morgen an der Küchentür gestanden hatte. Was kümmert dich das? Ich hoffe, du kannst dich heute Abend ein bisschen angemessener benehmen.
    Sie betrachtete das andere Kleid auf dem Bett: blassgoldener Brokat mit Mandarinkragen und ärmellos. Das Kleid, das sie an dem Abend getragen hatte, an dem Anthony O’Hare sich geweigert hatte, mit ihr zu schlafen.
    Ihr war, als hätte sich dichter Nebel gelichtet. Sie ließ das Handtuch fallen und warf ein paar Kleidungsstücke über. Dann begann sie, Sachen auf das Bett zu schleudern. Unterwäsche. Schuhe. Strümpfe. Was um alles in der Welt packte man ein, wenn man für immer fortging?
    Ihre Hände zitterten. Fast ohne zu wissen, was sie tat, zog sie ihren Koffer oben aus dem Schrank und klappte ihn auf. Ungehemmt warf sie Sachen hinein, denn sie fürchtete, wenn sie aufhörte, um zu überlegen, was sie da machte, würde sie es gar nicht tun.
    »Wollen Sie irgendwohin, Madam? Soll ich Ihnen beim Packen helfen?« Mrs Cordoza tauchte im Türrahmen hinter ihr auf und hielt eine Tasse Tee in der Hand.
    Jennifer griff sich hastig mit den Händen an die Kehle. Sie drehte sich um und verbarg den Koffer halb hinter sich. »Nein – nein. Ich nehme nur ein paar Kleider zu Mrs Moncrieff mit. Für ihre Nichte. Sachen, die ich leid bin.«
    »Da sind noch ein paar Sachen im Waschraum, die Ihnen nicht mehr passen, wie Sie sagen. Soll ich sie raufholen?«
    »Nein, dass kann ich selbst.«
    Mrs Cordoza spähte an ihr vorbei. »Aber das ist Ihr goldenes Kleid. Sie lieben es.«
    »Mrs Cordoza, bitte, würden Sie mich meine eigene Garderobe aussortieren lassen?«, fuhr sie die Frau an.
    Die Haushälterin fuhr zusammen. »Verzeihung, Mrs Stirling«, sagte sie und zog sich in verletztem Schweigen zurück.
    Jennifer fing an zu weinen, Schluchzer entrangen sich ihrer Brust in hässlichen Stößen. Sie kroch auf die Tagesdecke, die Hände über dem Kopf, und heulte, denn sie wusste nicht, was sie tun sollte, nur dass die Richtung ihres Lebens mit jeder Sekunde der Unentschlossenheit auf der Kippe stand. Sie vernahm die

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