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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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als wäre das jemand anderem passiert. Sie konnte sich nicht vorstellen, jetzt noch zu einer solchen Leidenschaft fähig zu sein. Sie konnte sich dieses intensive Verlangen nicht vorstellen. Lange Zeit war sie reumütig gewesen. Sie hatte Laurence betrogen, und ihre einzige Hoffnung war, es wiedergutzumachen. Das war das Mindeste, was er verlangen konnte. Sie hatte sich dieser Aufgabe gebeugt und Gedanken an jemand anderen verbannt. Die Briefe, die noch existierten, waren längst in einer Schuhschachtel verschwunden und hinten in ihrem Kleiderschrank versteckt worden.
    Sie wünschte, sie hätte damals gewusst, dass Laurences Wut derart ätzend und dauerhaft sein würde. Sie hatte um Verständnis gebeten, um eine zweite Chance, und er hatte ein beinahe perverses Vergnügen daran gefunden, ihr alles ins Gedächtnis zu rufen, womit sie ihn gekränkt hatte. Er mochte ihren Betrug nicht ausdrücklich erwähnen – immerhin bedeutete das einen Kontrollverlust seinerseits, und heute begriff sie, dass Laurence gern als jemand dastehen wollte, der sein Leben in jeder Hinsicht unter Kontrolle hatte –, aber er ließ sie jeden Tag und auf unzählige Weise ihr Versagen spüren. Wie sie sich kleidete. Wie sie ihren Haushalt führte. Ihre Unfähigkeit, ihn glücklich zu machen. An manchen Tagen hatte sie den Eindruck, ihr Leben lang zahlen zu müssen.
    Seit etwa einem Jahr war er weniger explosiv gewesen. Sie vermutete, dass er sich eine Geliebte zugelegt hatte. Diese Erkenntnis beunruhigte sie nicht; sie war sogar erleichtert. Seine Anforderungen an sie waren weniger geworden, nicht mehr so strafend. Seine Sticheleien kamen eher flüchtig, wie eine Angewohnheit, die er nicht aufgeben wollte.
    Die Tabletten halfen, wie Mr Hargreaves in Aussicht gestellt hatte. Wenn sie sich dadurch auch eigenartig leer fühlte, dann war das wohl ein Preis, den es zu zahlen wert war. Ja, sie konnte langweilig sein, wie Laurence häufig betonte. Ja, es mochte sein, dass sie nicht mehr beim Dinner sprühte, doch die Tabletten bedeuteten, dass sie nicht mehr in unpassenden Momenten in Tränen ausbrach oder Mühe hatte, aus dem Bett zu kommen. Sie fürchtete sich nicht mehr vor seinen Launen, und es machte ihr weniger aus, wenn er nachts zu ihr kam. Am wichtigsten war, dass sie nicht mehr ausgehöhlt war vor Schmerz über alles, was sie verloren hatte, oder wofür sie verantwortlich war.
    Nein. Jennifer Stirling brachte ihre Tage würdevoll hinter sich, Frisur und Make-up perfekt, ein Lächeln im Gesicht. Die liebenswürdige, ausgeglichene Jennifer, die hervorragende Dinnerpartys veranstaltete, ein schönes Haus führte und die feinsten Leute kannte. Die perfekte Frau für einen Mann in seiner Position.
    Und es gab Ausgleich. Das war ihr erlaubt worden.
    »Ich finde es einfach toll, unser eigenes Zuhause zu haben. Ging es Ihnen nicht auch so, als Sie und Mr Stirling frisch verheiratet waren?«
    »Das ist so lange her, daran kann ich mich nicht erinnern.« Sie schaute zu Laurence hinüber, der mit Sebastian sprach, eine Hand am Mund, um an der allgegenwärtigen Zigarre zu ziehen. Über ihren Köpfen drehten sich gemächlich Ventilatoren, darunter standen die Frauen in juwelenbesetzten Gruppen, hin und wieder mit feinen Batisttüchern den Hals abtupfend.
    Pauline Thorne zog eine kleine Brieftasche hervor, die Fotos von ihrem neuen Haus enthielt. »Wir haben uns für moderne Möbel entschieden. Sebastian hat gesagt, er lasse mir freie Bahn.«
    Jennifer dachte an ihr eigenes Haus, das schwere Mahagoniholz, die überladene Ausstattung. Sie bewunderte die sauberen weißen Stühle auf den Schnappschüssen, glatt wie Eierschalen, die farbenfrohen Teppiche, die moderne Kunst an den Wänden. Laurence meinte, sein Haus sollte ein Spiegelbild seiner selbst sein. Er betrachtete es als prächtig, erfüllt vom Geist der Geschichte. Wenn sie diese Fotos vor sich sah, erkannte Jennifer, dass es nach ihrem Empfinden pompös und starr war. Erdrückend. Sie ermahnte sich, nicht unfreundlich zu sein. Viele Menschen würden liebend gern in einem Haus wohnen, wie sie es hatten.
    »Es wird nächsten Monat in Your House gebracht. Sebs Mutter findet es abscheulich. Sie sagt, jedes Mal, wenn sie unser Wohnzimmer betritt, glaubt sie, von Außerirdischen entführt zu werden.« Die junge Frau lachte, und Jennifer setzte ein Lächeln auf. »Als ich sagte, ich würde eins der Schlafzimmer vielleicht in ein Kinderzimmer umwandeln, meinte sie, dass ich angesichts der restlichen

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