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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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der Berichterstattung über Konflikte lag: Dabei war fest umrissen, was erlaubt war und was nicht; das Adrenalin stieg an, und man war erfüllt von Humor, Verzweiflung und Kameradschaftsgeist. Das mochte einen fertigmachen, aber jeder, der dort gewesen war, hatte Schwierigkeiten, Spaß an der alltäglichen Plackerei des »normalen« Lebens zu Hause zu finden.
    Jeden Morgen erledigte Anthony Anrufe, suchte in den Zeitungen nach den wenigen Zeilen, die etwas herausgefunden hatten, und interpretierte, was vor sich ging. Es würde eine große Sache werden: Er spürte es in den Knochen. Er musste dort sein, es schmecken und auf Papier bringen. Vier Jahre lang war er halb tot gewesen. Er brauchte es, um sich wieder lebendig zu fühlen.
    Anthony beugte sich über den Schreibtisch. »Hör zu, Philmore hat mir gesagt, der Redakteur habe speziell nach mir gefragt. Willst du ihn enttäuschen?«
    Don zündete sich noch eine Zigarette an. »Natürlich nicht. Aber er war nicht hier, als du …« Er streifte die Zigarette am Rand eines überquellenden Aschenbechers ab.
    »Das ist es also? Du hast Angst, dass ich wieder durchdrehe?«
    Dons verlegenes Lachen sagte ihm alles, was er wissen musste. »Ich habe seit Jahren keinen Alkohol mehr getrunken. Ich habe meine Nase sauber gehalten. Ich werde mich gegen Gelbfieber impfen lassen, wenn dir das Sorgen bereitet.«
    »Ich denke nur an dich, Tony. Es ist riskant. Hör zu. Was ist mit deinem Sohn?«
    »Er spielt hier keine Rolle.« Zwei Briefe im Jahr, wenn er Glück hatte. Clarissa dachte natürlich nur an Phillip: es war besser für ihn, nicht durch zu viel persönliche Begegnungen gestört zu werden. »Lass mich für drei Monate hingehen. Gegen Ende des Jahres wird es vorbei sein. Das sagen alle.«
    »Ich weiß nicht …«
    »Habe ich jemals einen Termin verpasst? Habe ich nicht ein paar gute Storys reingeholt? Um Himmels willen, Don, du brauchst mich da draußen. Die Zeitung braucht mich da. Es muss jemand sein, der sich auskennt. Jemand mit Kontakten. Stell es dir vor.« Er fuhr mit der Hand an einer imaginären Schlagzeile entlang. »›Unser Mann im Kongo, bei der Befreiung der weißen Geiseln‹. Hör zu, tu es für mich, Don, und dann werden wir reden.«
    »Du hältst es wohl immer noch nicht lange irgendwo aus, was?«
    »Ich weiß, wo ich hingehöre.«
    Don plusterte die Wangen auf wie ein menschlicher Hamster und stieß dann geräuschvoll die Luft aus. »Okay. Ich werde mit dem da oben sprechen. Versprechen kann ich nichts – aber ich werde mit ihm sprechen.«
    »Danke.« Anthony stand auf und wollte gehen.
    »Tony.«
    »Was?«
    »Du siehst gut aus.«
    »Danke.«
    »Ich meine es ernst. Lust auf einen Drink heute Abend? Du, ich und ein paar von der Meute? Miller’s in der Stadt. Wir könnten uns ein paar Biere genehmigen – Mineralwasser, Cola, was auch immer.«
    »Ich habe gesagt, dass ich zu einer Veranstaltung mit Douglas Gardiner gehe.«
    »Oh?«
    »In der südafrikanischen Botschaft. Muss die Kontakte pflegen.«
    Don schüttelte resigniert den Kopf. »Gardiner, wie? Sag ihm, ich hätte behauptet, er sei zu nichts zu gebrauchen.«
    Cheryl, die Sekretärin, stand am Einbauschrank und zwinkerte ihm zu, als er auf dem Weg nach draußen an ihr vorbeikam. Sie zwinkerte ihm tatsächlich zu. Anthony O’Hare fragte sich, ob sich in seiner Abwesenheit mehr verändert hatte, als ihm klar gewesen war.
    »Dir zugezwinkert? Tony, Alter, du kannst von Glück sagen, dass sie dich nicht in den verdammen Wandschrank gezerrt hat.«
    »Ich war nur ein paar Jahre fort, Dougie. Es ist immer noch dasselbe Land.«
    »Nein.« Douglas’ Blicke schossen durch den Raum. »Nein, das ist es nicht, Kumpel. London liegt jetzt im Zentrum des Universums. Alles passiert hier, alter Freund. Gleichheit zwischen Männern und Frauen ist nur die Hälfte davon.«
    Er musste zugeben, dass an dem, was Douglas gesagt hatte, etwas Wahres dran war. Selbst das äußere Erscheinungsbild der Stadt hatte sich verändert: Viele schlichte Straßen waren verschwunden, die eleganten, schäbigen Fassaden und der Widerhall der Nachkriegsarmut waren verschwunden. Sie waren ersetzt worden durch Leuchtreklame, Frauenboutiquen mit Namen wie Party-Girl und Jet Set, ausländische Restaurants und Hochhäuser. Jedes Mal, wenn er wieder nach London kam, fühlte er sich zunehmend als Fremder: Vertraute Wahrzeichen verschwanden, und die verbleibenden wurden überschattet vom Post Office Tower oder anderen Beispielen für die

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