Eine Handvoll Worte
Feld auf eine Granate zu werfen? »… nützlich«, sagte er schließlich, »denn der Redakteur musste mich wahrscheinlich in einem anderen Licht sehen. Aber ich bin erpicht darauf, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Wieder das zu tun, was ich am besten kann.«
»Und es gibt keine ungefährlicheren Orte, an denen du dieses Bedürfnis befriedigen könntest?«
»Sehe ich aus wie jemand, der Büroklammern hin und her schieben oder die Ablage machen will?«
Sie lächelte matt. »Und was ist mit deinem Sohn?«
»Ich habe ihn kaum gesehen. Seiner Mutter ist es lieber, wenn ich mich fernhalte.« Er trank einen Schluck Tee. »Eine Versetzung in den Kongo wäre kein großer Unterschied, da wir ohnehin nur brieflich miteinander verkehren.«
»Das muss sehr hart sein.«
»Ja, das ist es.«
In der Ecke hatte ein Streichquartett zu spielen begonnen. Sie schaute kurz hinter sich, was ihm einen Moment schenkte, sie ungehindert zu betrachten, ihr Profil, die leichte Neigung ihrer Oberlippe. Irgendetwas in ihm zog sich zusammen, und ihm kam die schmerzvolle Erkenntnis, dass er nie wieder jemanden so lieben würde wie Jennifer Stirling. Vier Jahre hatten ihn nicht befreit, und weitere zehn würden es auch nicht schaffen. Als sie sich ihm wieder zuwandte, war er sich bewusst, dass er nicht sprechen konnte, sonst würde er alles offenbaren, seine Eingeweide ausspucken wie ein tödlich Verwundeter.
»Hat New York dir gefallen?«, fragte sie.
»Es war wahrscheinlich besser für mich, als hierzubleiben.«
»Wo hast du gewohnt?«
»Manhattan. Kennst du New York?«
»Nicht gut genug, um eine Ahnung davon zu haben, worüber du sprichst«, gab sie zu. »Und bist du … wieder verheiratet?«
»Nein.«
»Hast du eine Freundin?«
»Ich hatte eine Beziehung.«
»Mit einer Amerikanerin?«
»Ja.«
»Ist sie verheiratet?«
»Nein. Witzigerweise.«
Sie verzog keine Miene. »Ist es etwas Ernstes?«
»Das habe ich noch nicht entschieden.«
Sie gestattete sich ein Lächeln. »Du hast dich nicht verändert.«
»Du auch nicht.«
»Doch«, sagte sie leise.
Er wollte sie berühren. Er wollte das ganze Geschirr von dem verdammten Tisch fegen, hinüberreichen und sie festhalten. Plötzlich war er wütend, gehemmt von diesem lächerlichen Ort, der ganzen Förmlichkeit. Am Abend zuvor war sie eigenartig gewesen, aber wenigstens die tumultartigen Gefühle waren echt gewesen. »Und du? War das Leben gut?«, fragte er, als er merkte, dass sie nichts sagen würde.
Sie schlürfte ihren Tee, wirkte beinahe lethargisch. »Ob das Leben gut war?« Sie dachte über die Frage nach. »Gut und schlecht. Ich bin mir sicher, ich bin nicht anders als alle anderen.«
»Und du verbringst noch immer eine Zeitlang an der Riviera?«
»Nur wenn es nicht anders geht.«
Er wollte fragen: »Wegen mir?« Anscheinend war sie nicht bereit, freiwillig etwas preiszugeben. Wo war ihr Esprit? Die Leidenschaft. Das siedende Gefühl, wenn sie etwas bei sich behalten wollte, das aus ihr herauszubrechen drohte, sei es unerwartetes Gelächter oder eine Unzahl hastiger Küsse? Sie machte einen niedergeschlagenen Eindruck, begraben unter eisigen guten Manieren.
Das Streichquartett in der Ecke legte eine Pause ein. In Anthony machte sich Enttäuschung breit. »Jennifer, warum hast du mich hierher eingeladen?«
Sie wirkte erschöpft, aber auch fiebrig, die Wangenknochen gerötet.
»Tut mir leid«, fuhr er fort, »aber ich möchte kein Sandwich. Ich möchte nicht hier sitzen und mir blöde Geigenmusik anhören. Wenn ich irgendetwas verdient habe, nachdem ich offensichtlich für die vergangenen vier Jahre tot war, dann ist es das Recht, nicht bei Tee sitzen und mich höflich unterhalten zu müssen.«
»Ich … wollte dich nur sehen.«
»Weißt du, als ich dich gestern auf der anderen Seite des Raumes sah, war ich noch immer so wütend auf dich. Die ganze Zeit hatte ich angenommen, du hättest dich für ihn entschieden – einen Lebensstil –, statt für mich. Ich habe im Kopf mit dir gestritten, mit dir geschimpft, weil du auf meine letzten Briefe nicht geantwortet hast …«
»Bitte, hör auf.« Sie hob eine Hand und schnitt ihm das Wort ab.
»Und dann sehe ich dich, und du sagst mir, du hast versucht, mit mir zu kommen. Und ich muss alles überdenken, was ich die letzten vier Jahre geglaubt habe – alles, was ich für die Wahrheit hielt.«
»Lass uns nicht darüber reden, Anthony, was hätte sein können …« Sie legte die Hände vor sich auf den Tisch, wie jemand,
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