Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
dir verlangt wäre. Die Klatschweiber würden sich nach Herzenslust das Maul zerreißen, weil sie glauben müssten, ich hätte dich gebeten, mein uneheliches Kind in unserem Haushalt aufzunehmen.«
»Wohingegen sie kein Wort sagen werden, weil ich jetzt das Kind des Mannes aufziehe, mit dem ich früher verlobt war?« Julianne konnte ihren Sarkasmus kaum verbergen. Sie bewegte sich noch nicht lange in der Gesellschaft, dennoch wusste sie, dass die Krallen scharf waren, wenn man erst in den Klauen der Klatschweiber war. »Danke für deine Rücksicht, aber ich glaube, die Wahrheit wird denen auch genügen. Du hast schon genug Opfer gebracht.«
Sie überraschte ihn. Es gefiel ihr, dass sie ihn inzwischen gut genug kannte, um das zu erkennen, auch wenn seine Miene sich kaum sichtbar veränderte. Sie konnte es in seinen Augen sehen, die er fragend zusammenkniff. »Du hast mich geheiratet«, erklärte sie sanft. »Obwohl du mich gar nicht heiraten wolltest. Du hast die Verantwortung, die dir Freude bereitete, gerne mit jenen Verpflichtungen getauscht, die dich zu erdrücken drohten, und du hast dich nie beklagt. Du hast deinem Land und deiner Familie zugleich gedient. Sobald du Duke wirst, wirst du auch diese Bürde tragen, und du wirst dein Bestes geben, um es gut zu machen. Du wirst es richtig machen, dein ganzes Pflichtgefühl und all deine Fähigkeiten wirst du dem Herzogtum widmen. Ich habe einfach nicht den Eindruck, als sei dein persönliches Glück etwas, worüber du viel nachdenkst. Aber ich denke oft darüber nach.«
»Machst du dir Sorgen?« Er fragte es ganz leise, aber in seinen Augen war plötzlich dieses intensive Feuer.
»Ja«, erwiderte sie fest. Eine unbändige Freude überkam sie aufgrund seiner Reaktion. Er konnte so viel vor ihr verbergen, aber sie sah es trotzdem. »Und ich werde nicht zulassen, dass du dich der Kritik deiner Eltern aussetzt, obwohl du sie nicht verdienst. Im Übrigen ist Chloe kein Fehler, sondern ein Segen. Auch wenn Henry in den Augen deiner Eltern nicht mehr der perfekte Sohn sein wird – denn das war er ja offensichtlich nicht –, ist das kein Grund, weshalb sie ihn weniger lieben sollten. Und das werden sie auch nicht.«
»Für jemanden, der so jung und ahnungslos ist wie du, sind deine Worte recht einsichtig. Ich habe es eigentlich nicht als Opfer betrachtet, aber ich denke über diese Dinge auch nicht allzu oft nach.« Er senkte leicht die Lider. »Ich glaube, es wäre angemessen, wenn ich es anders formuliere: Ich grabe nicht allzu tief. Du hast natürlich recht, was meine Eltern betrifft. So habe ich darüber noch nicht nachgedacht. Ihre Liebe zu Harry wird von dieser neuen Entwicklung nicht berührt.«
»Ja«, stimmte sie zu. Ihre Kehle wurde eng. Es war der Blick, mit dem er sie maß. Als wäre es nicht halb elf Uhr morgens, als stünden sie nicht in der Bibliothek, als wäre Chloe nicht bei ihnen. Dann würde er sie jetzt wohl in den Arm nehmen, wie er es gestern Abend getan hatte, und er würde sie mit derselben Zärtlichkeit küssen.
Es ging hier nicht länger um pure Leidenschaft. Zumindest hoffte sie das.
»Ich denke auch über dein Glück nach.« Er trat vorsichtig einen Schritt näher, verharrte aber mitten in der Bewegung, weil Chloe sich gegen ihren Rock drückte. Sein Lächeln war traurig. »Sie hat Angst vor mir.«
Tröstend legte Julianne eine Hand auf Chloes Schulter. Kein Wunder, dass das Kind Angst hatte. Bisher hatte sein Leben kaum Anlass zu Zutrauen geboten. »Sie kennt dich noch nicht. Und Ihr seid ziemlich groß, Mylord. Aber schon bald wird sie lernen, dir zu vertrauen.«
»Lord Longhaven?«
Eines der Dienstmädchen spähte durch die offene Tür. »Ich sollte Euer Gnaden Bescheid geben, wenn Ihre Gnaden die Duchess aufgestanden ist. Sie nimmt gerade das Frühstück ein und schlug vor, Ihr könntet Euch für die erbetene Unterredung in ihrem Wohnzimmer zu ihr gesellen.«
»Danke«, sagte Michael ruhig. »Ist der Duke inzwischen heimgekehrt?«
»Ja, Mylord. Gerade eben erst.«
»Könnten Sie ihn bitten, sich zu uns zu gesellen?«
Das Mädchen machte einen Knicks und verschwand hastig, jedoch nicht ohne vorher verstohlen einen kurzen Blick auf Chloe zu werfen. Was hatte sie denn auch erwartet? Erst kam sie während einer Dinnerparty heimlich nach Hause und war völlig verdreckt. Dann brachte sie auch noch ein kleines Kind ins Haus, das in ihrem Bett übernachtete. Natürlich blieb das in diesem Haushalt nicht unbemerkt.
Michael war so
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