Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
»Sie ist in vielerlei Hinsicht wirklich außergewöhnlich.«
»Ich habe dich zu dieser Ehe gezwungen, aber wenn ich dich so ansehe, wirkst du nicht gerade unzufrieden damit.« Sein Vater beobachtete ihn scharf.
»Ich bin ein erwachsener Mann. Du hast mich zu nichts gezwungen.«
»Ganz im Gegenteil. Emotionale Erpressung ist mindestens so verabscheuungswürdig wie Erpressung um des Geldes willen.« Sein Vater schüttelte müde den Kopf und nippte an seinem Glas, ehe er fortfuhr: »Ich schulde dir eine Entschuldigung. Als ich dich fragte, ob du Julianne heiratest, wusste ich, was ich tat. Ich bin einfach nur froh, dass es sich so entwickelt hat und dass du nicht unglücklich mit ihr bist.«
Es war nicht gerade Michaels Stärke, über seine Gefühle zu reden. Er versuchte, von diesem Thema abzulenken, indem er das Gespräch wieder auf Chloe brachte. »Wie möchtest du die ganze Angelegenheit nun handhaben?«
»Ich persönlich finde, auf dem Land ist das Kind am besten aufgehoben. Dort ist es gesünder als hier in London.«
»Julianne wird sie dorthin begleiten wollen.«
»Diese Entscheidung obliegt natürlich dir.«
Noch vor Kurzem hätte Michael die Gelegenheit beim Schopf gepackt, seine Frau nach Southbrook Manor schicken zu können. Aber jetzt erfüllte ihn der Gedanke, für längere Zeit von ihr getrennt zu sein, mit Unbehagen. Allerdings sollte er sie angesichts der Mordversuche, die auf ihn verübt wurden, vermutlich schnellstens aus der Stadt schaffen.
Er seufzte resigniert. »Julianne wird sie weiterhin in ihrer Nähe behalten wollen. Mir ist klar, dass sie sich aufgrund der Ereignisse Chloe sehr verbunden fühlt, und man sieht ja, wie sehr das Kind sie braucht.« Michael zögerte, ehe er freimütig zugab: »Ich habe ihr versprochen, das Mädchen wie unser eigenes Kind aufzuziehen.«
»Du bist deiner Frau gegenüber nachsichtig. Ein gutes Zeichen.« Sein Vater schmunzelte.
»Du brauchst gar nicht so zu grinsen. Ich glaube, du hast dich gerade erst dafür entschuldigt, mich zu der Ehe mit ihr gezwungen zu haben.« Michael lächelte ironisch.
»Es hat deiner Mutter so viel bedeutet. Und mir übrigens auch. Ich entschuldige mich für meine Vorgehensweise, aber nicht für meine Beweggründe.«
»Und du würdest meiner Mutter alles geben.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, denn seine Eltern pflegten eine innige, einzigartige Beziehung.
»Ich würde ihr alles geben, ja.«
»Bedingungslos?« Michael fragte nicht oft um Rat; das entsprach einfach nicht seinem Naturell. Er ging analytisch an die Probleme heran, gründete Entscheidungen auf seinen bisherigen Erfahrungen. Julianne und seine Ehe – nicht zu vergessen die unerwartete Ersatz-Vaterschaft für Chloe – waren etwas anderes. Sein Vater wusste, was es bedeutete, sich ein Leben lang hinzugeben … und zu lieben.
Liebte er Julianne? Die Frage stellte sich ihm immer lauter, je mehr er sich der Tatsache bewusst wurde, dass er im Grunde keine Ahnung von seiner jungen, verführerischen Frau hatte. Sie hatte ihm mit klaren Worten gesagt, sein Glück sei ihr wichtig. Und er stellte seinerseits fest, dass ihr Glück zunehmend für ihn an Bedeutung gewann.
Sein Vater starrte in das knisternde Feuer. Die züngelnden Flammen verströmten an diesem düsteren, kalten Nachmittag eine willkommene Wärme. »Es gibt immer irgendwelche Bedingungen. Das Leben besteht nun mal aus Kompromissen. Untreue würde ich niemals tolerieren, obwohl ich viele Männer unseres Stands kenne, die es wenig stört, was ihre Frauen treiben, sobald sie ihnen nur einen Erben geschenkt haben. Diese Männer sind selbst promiskuitiv, weshalb ihre Behauptung, sie seien doch so nachsichtig, im Grunde scheinheilig ist. Aber ich kann und konnte niemals die Ehe als diese lose Verbindung zweier Menschen sehen, die sich nichts zu sagen haben.«
»Obwohl ich kaum über jede Kritik erhaben bin, hat doch der Mangel an Moral in unseren Kreisen mich ebenfalls immer gestört.«
»Es freut mich zu hören, dass du in der Hinsicht mit mir einer Meinung bist.«
Michael hob eine Braue. »Du hast also nichts dagegen, wenn meine Frau und ich uns zukünftig um Chloe kümmern?«
»Überhaupt nicht. Wenn deine Mutter einverstanden ist, und das wird sie sein. Die Rolle als Großeltern unterscheidet sich von der als Vater und Mutter. Und besonders diesem Kind hat es zuletzt an allem gefehlt.«
Das stimmte natürlich. »Ich werde Rutgers fragen, ob er eine Empfehlung hat, wer von den
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