Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
seinen Weg in die Richtung bahnte, wo Julianne sich angeblich aufhielt. Währenddessen fragte er sich, was Antonia vorhatte.
Sie war eine leidenschaftliche Person, und er wusste, dass seine Vermählung sie nicht glücklich machte. Das hatte sie ihm deutlich gezeigt. Ihre Vergangenheit band sie gewissermaßen aneinander, aber diese Verbindung war nicht dergestalt, wie es sich Antonia vielleicht wünschte. Er bedauerte, sie zu enttäuschen, doch er wusste zugleich, dass ihre Gefühle für ihn eine komplizierte Mischung waren, die sie vermutlich selbst nicht so richtig verstand. Und er bezweifelte, dass sie für ihn ehrliche Liebe empfand.
Er war sogar nicht sicher, ob diese wahre Liebe überhaupt existierte. Was sie verdiente, war ein Mann, der ihre Liebe mit einem ebenso heftig lodernden Feuer und vollkommener Hingabe erwiderte. Das hatte er gewusst, seit er ihr das erste Mal begegnet war. Sie war damals in Spanien völlig einsam und am Boden zerstört gewesen. Ihre Familie war ermordet worden, ihr Haus wurde von den Franzosen besetzt, und ihr war nur deshalb die Flucht gelungen, weil zwei treu ergebene Diener sie dazu gedrängt hatten, als die ersten Soldaten auftauchten. Sie hatten Antonia auf Schleichwegen fortgebracht und sie in die relative Sicherheit der nahe liegenden Berge geschleppt, wo sie sich drei Tage lang versteckt hielten.
Als sie schließlich zum Anwesen zurückkehrten, lag es in Schutt und Asche. Michael, der damals eine kleine Spionageeinheit hinter den französischen Linien befehligte, hatte den Rauch gesehen, der von der Ruine aufstieg. Er hatte sie dort gefunden, mit leerem Blick saß sie unter Schock in den Ruinen dessen, was einst eine erhabene Villa gewesen war. Er beschloss kurzerhand, sie mitzunehmen, denn es grenzte an Mord, sie allein zurückzulassen. Es dauerte fast eine Woche, ehe sie wieder zu sprechen begann. Und ihre ersten Worte zeigten sofort ihr hitziges Temperament.
Ich bringe sie um. Ich werde alle umbringen.
Sie war anschließend einer seiner besten Spione geworden, und sie hatte Wort gehalten: Dank ihrer Arbeit waren mehr Feinde entlarvt und getötet worden als durch die anderer Spione. Rachegelüste konnten große Kräfte mobilisieren, und Antonia war selbst heute noch stets auf der Hut und bereit, für ihn zu arbeiten.
Dass sie aber jetzt ihre Aufmerksamkeit ausgerechnet auf Julianne richtete, beunruhigte ihn.
Endlich machte Michael die beiden aus: Sie standen nahe der offenen Terrassentüren, halb verborgen hinter einer Topfpalme. Sie bildeten einen hübschen Kontrast – Julianne, die helle Schönheit, die sich von Antonias dunkler Hautfarbe unterschied. Und ja, sie redeten tatsächlich miteinander, wie er verärgert feststellen musste. Antonia wirkte besonders lebhaft, sie gestikulierte mit beiden Händen und lächelte. Wenn sie jemanden mit ihrem Charme bezaubern wollte, konnte sie das sehr gut. Als Michael sich den beiden Frauen näherte, hörte er Julianne sogar lachen.
»Guten Abend«, grüßte er höflich, als er zu ihnen trat. Beide drehten sich zu ihm um.
»Mylord«, murmelte Antonia kehlig. Sie streckte ihm graziös die Hand entgegen.
Er nahm ihre Hand und beugte sich darüber. Das Zittern ihrer Finger verriet sie. Irgendetwas führte Antonia im Schilde. Er ließ sie los und versuchte, in ihrer Miene zu lesen. Heute Abend trug sie ein Kleid aus zitronengelber Seide, und die Farbe bildete einen schmeichelhaften Kontrast zu ihrem rabenschwarzen Haar und der dunklen Haut. Ein mit Edelsteinen besetzter Kamm steckte in ihrer komplizierten Frisur. Sie wirkte sehr kultiviert und war unglaublich schön. Doch das berechnende Funkeln in ihren Augen entging ihm nicht.
»Es ist immer ein Vergnügen, Euch zu sehen. Ich nehme an, Ihr genießt die Festlichkeit?« Er blickte beide Frauen betont höflich an.
Antonia winkte ab. »Es herrscht ein schreckliches Gedränge, weshalb Eure liebe Gattin und ich uns in diese Ecke zurückgezogen haben. Es war mir ein Vergnügen, endlich mal die Gelegenheit zu haben, mit ihr ein paar Augenblicke ungestört zu sein. Ich habe ihr gerade erzählt, dass Ihr und ich alte Freunde sind.«
»Ach ja, habt Ihr das?« Im Stillen fluchte Michael. Er fragte sich zudem, was genau sie wohl erzählt hatte. Julianne wirkte auf ihn sehr neugierig, und ihre von langen Wimpern beschatteten, dunkelblauen Augen, die er so sehr bewunderte, beobachteten ihn nachdenklich.
»Lady Taylor hat mir erzählt, ihr seid euch in Spanien begegnet«, sagte sie
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