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Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)

Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)

Titel: Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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Dann stieg sie die schmalen Stufen zu der Haustür hinauf und klopfte.
    Laut und unnachgiebig. Das eine Mal, als sie in Panik geraten war und fürchten musste, Leah sei umgezogen, ohne ihr die neue Adresse zu nennen, war entsetzlich gewesen. Sie litt noch heute darunter und wollte derlei kein zweites Mal erleben.
    Zu ihrer Erleichterung wurde die Tür von dem liederlichen Weibsbild geöffnet. Die Dienerin murmelte: »Sie sind’s, Mylady? Gut. Sie wird beim Warten schier verrückt. Sind in der guten Stube, die beiden.«
    Im Haus stank es nach gekochtem Kohl. Julianne wusste inzwischen nur zu gut, dass Leah nicht viel von dem Geld, das sie ihr gab, für lebenswichtige Dinge ausgab. Sie folgte der alten Dienerin in den kleinen Raum, der mit ausgefransten Sofas eingerichtet war. Die Vorhänge waren ausgeblichen. Die Frau hatte wenigstens nicht gelogen, denn Leah war da. Sie war lebhaft wie immer und trug ein smaragdgrünes Kleid, das eher für eine andere Tageszeit angemessen war. Das Kleid war etwas abgetragen, doch schmeichelte es durchaus ihrer Figur. Sie wirbelte herum, als Julianne eintrat. »Wo, zum Teufel, habt Ihr gesteckt?«, stieß sie hervor.
    Schon vor Längerem hatte Julianne sich angewöhnt, auf diesen beleidigenden Unterton nicht zu reagieren. Ruhig erwiderte sie: »Ich bin ja jetzt da.«
    »Habt Ihr das Geld dabei?«
    »Habe ich das nicht immer?« Julianne öffnete ihr Retikül und entnahm ihm einen kleinen Beutel mit Münzen. »Hier.«
    Die junge Frau schnappte danach und entriss ihr den Geldbeutel. »Ich nehme das.«
    »Daran bestand für mich kein Zweifel«, murmelte Julianne ironisch. Aber es interessierte sie nicht, dass Leah das Geld nur wollte, um ihre Trunksucht zu befriedigen. Stattdessen blickte sie zu dem kleinen Kind, das auf dem Boden saß und eine Puppe fest an sich drückte. Braune Locken umrahmten das engelhafte Gesicht. Das Kind war zu dünn, und die Augen strahlten einen Ernst aus, der nicht zu einer Dreijährigen passte.
    Es war Julianne nicht leichtgefallen, die richtige Puppe für das Mädchen auszusuchen. Zumal das perfekte Porzellangesicht jetzt im krassen Gegensatz zu den verschmutzten Wangen des Kinds stand.
    »Ihr wollt allein sein mit ihr, ja?«, murrte Leah.
    »Eine Stunde lang, wenn’s geht. Länger kann ich nicht bleiben.«
    »Stimmt ja«, spie die andere Frau hervor. »Ihr seid ja jetzt die große Marchioness.«
    Wenn sie sich zu einer Antwort reizen ließ, würden nur weitere bittere Worte folgen, weshalb Julianne einfach schwieg. Die andere Frau wartete. Das braune Haar war nachlässig hochgesteckt, die Lippen rot bemalt, und die Augen strahlten Missfallen aus.
    Aber Leah brauchte sie. Das wussten beide Frauen. Nach einem kurzen Moment verschwand sie in einer Wolke aus grüner Seide. Das Letzte, was Julianne von ihr hörte, war ein vulgärer Fluch.
    Sie kniete sich vor das Kind, das sie nicht aus den Augen ließ. »Chloe«, flüsterte Julianne.
    Keine Antwort. Eigentlich müsste das Kind längst sprechen, aber es gab selten mehr als ein paar leise Laute von sich.
    Und wie jedes Mal, wenn Julianne die Arme ausbreitete, gab es ein Zögern, ehe Harrys kleine Tochter aufstand und sich in die ausgebreiteten Arme warf, ohne die kostbare Puppe loszulassen.

Kapitel 9
    Um sie herrschte dichtes Gedränge, und die Musik buhlte mit dem Plaudern Hunderter Menschen um Aufmerksamkeit. Michael bahnte sich einen Weg durch die Menge. Es war zu warm im Ballsaal, und er empfand die ganze Atmosphäre als einengend. Es hatte noch nie zu seinen liebsten Beschäftigungen gehört, solche Feste zu besuchen, und dieser Abend bildete da keine Ausnahme. Es war in seinen Kreisen nicht akzeptiert, wenn man jede Einladung ausschlug, weshalb er sich darauf verlegt hatte, die Gesellschaften streng auszuwählen. Aber inzwischen war er verheiratet, weshalb er auch Juliannes Wünsche berücksichtigen musste. Doch keine Regel besagte, dass Ehemänner und ihre Frauen zu denselben Empfängen gehen mussten.
    Er wusste nicht, was sie über dieses Thema dachte. Vielleicht sollte er sie einfach fragen.
    Ich fürchte, wir haben völlig verschiedene Auffassungen über die Ehe, Mylord …
    Er hatte den Eindruck gewonnen, dass sie das ziemlich ernst meinte. Denn seine hübsche Frau war nicht wie die meisten anderen oberflächlichen Damen der Gesellschaft. Geld oder der Titel, den die Vermählung mit ihm ihr eingebracht hatten, schienen sie nicht so sehr zu interessieren wie Mittel und Wege, damit sie mehr Anteil an

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