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Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)

Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)

Titel: Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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nun.
    »Das stimmt. Sie hat während dieser Zeit einen Offizier geheiratet.« Halbwahrheiten gehörten schließlich zu seinen Spezialitäten.
    Antonia warf ein: »Michael hat mich meinem Ehemann sogar selbst vorgestellt.« Sie bewegte langsam den Fächer, während sie ihn unter halb geschlossenen Lidern nicht aus den Augen ließ. Beide Verhaltensweisen waren für ihn der Beweis, dass er ihr nicht trauen durfte.
    Beiläufig bemerkte er: »Wie erwartet war Lord Taylor auch vom ersten Augenblick von ihr verzaubert.«
    »Ach, Ihr seid zu freundlich.« Antonia warf ihm ein strahlendes Lächeln zu.
    »Wenn es aber doch so war?« Besitzergreifend umfasste er Juliannes Arm. Er hatte keine Lust auf weitere Spielchen von Lady Taylor. Zum Glück begann das Orchester in diesem Moment wieder zu spielen. »Ich weiß schon, Eheleute sollten nicht ständig zusammen sein, aber wenn Lady Taylor es uns gestattet, würde ich dich gerne zum Tanz bitten.«
    Interessant , dachte Antonia mit einem falschen Lächeln auf ihrem Gesicht. Dieser sonst so unabhängige Mann eilte seiner hübschen, naiven Gattin sogleich zu Hilfe. Wovor hatte er Angst? Etwa dass sie ihr die Wahrheit sagte? Dass sie ihr gestand, wie sie einst in den Armen des anderen gelegen und sie die Leidenschaft seiner Küsse hatte kosten dürfen? Dass sie wusste, wie machtvoll sein Verlangen war? Sich erinnerte, wie ihre Hände seine harten Muskeln und die Sehnen erkundeten, und wusste, wie sich sein Haar unter ihren Fingern anfühlte?
    Das war gar nicht ihre Absicht.
    Sie bewegte den Fächer rascher, und die warme Luft im Ballsaal umwehte ihr Gesicht. Kritisch beäugte sie das Paar. Sie harmonierten gut zusammen. Julianne Hepburn war elegant und feminin, und er, ach! Er war so unwiderstehlich männlich und gut aussehend. Sie sagte etwas zu ihm, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
    Antonia kannte dieses Lächeln. Es war einstudiert, und wenn er so lächelte, bedeutete das zumeist, dass er über etwas anderes nachdachte.
    Vermutlich fragte er sich, was sie im Schilde führte. Gut. Genau das wollte sie.
    Als Michael zu ihnen getreten war und sie mit dieser gewohnt undurchdringlichen Miene ansah, hatte sie doch die unausgesprochene Frage in seinen lebhaften, braunen Augen gesehen.
    Antonia drehte sich zu den Fenstertüren um, die auf die Terrasse führten. Vor lauter Eile stolperte sie beinahe über die Steinplatten und rang verzweifelt nach frischer Luft. Für einen Augenblick lehnte sie sich gegen die Balustrade und lauschte der Musik, dem Zirpen der Grillen in den Bäumen des Gartens und dem Plätschern eines Brunnens irgendwo draußen jenseits des Lichtkreises.
    Sie fragte sich, ob Michael wohl bei der verschlüsselten Nachricht, die sie ihm übergeben hatte, erste Fortschritte machte. In manches wurde sie nun nicht mehr eingeweiht. Früher hätte sie ihn einfach gefragt, wie es mit ihrer gemeinsamen Mission voranging. Damals hatte sie allerdings auch meist eine ausweichende Antwort bekommen, wenn überhaupt.
    Solange sie die Pläne der Franzosen durchkreuzten, war diese Aufgabe das Einzige, was zählte.
    Und Michael. Um ihn sorgte sie sich zu ihrem eigenen Leidwesen.
    Wunderte sie das? Sie konnte sich auch heute noch lebhaft an ihre erste Begegnung erinnern. Die Nacht war hereingebrochen, es war kühl. Doch nicht die Kälte war für ihr Zittern verantwortlich. Antonia hörte Pferde herannahen, doch in ihrem benommenen Zustand war ihr nicht in den Sinn gekommen, zu fliehen. Den ganzen Nachmittag hatte sie damit zugebracht, ihre Eltern und ihre Schwester zu begraben. Sie bettete die brutal zugerichteten Leichname – Beweis für die Schrecken, die sie vor ihrem Tod hatten erdulden müssen – in ihre Gräber, und darüber stumpfte ihr Geist ab. Die Villa war zerstört, alle Nahrungsmittel gestohlen, die Dienerschaft entweder tot oder in alle Winde verstreut. Was nicht niedergebrannt war, hatten die Franzosen zertrümmert, und die Schändung war so vollständig, dass sie fürchtete, ihre Seele sei ebenfalls in eine Million Scherben zerschellt.
    Sie saß einfach da und ließ die Fremden kommen. Wenn es die Franzosen waren, konnten sie Antonia gerne ebenfalls ermorden. Es wäre ihr gleichgültig gewesen.
    Es waren nicht die Franzosen. Es war ein großer Mann, der einen dunklen Mantel, eine unauffällige Reithose und staubige Stiefel trug, den Hut tief ins Gesicht gezogen. Er stieg aus dem Sattel und kam langsam auf sie zu. Als er den Trümmerhaufen erreichte, auf dem sie

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