Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
Vom Netzwerk:
Wo?« Er fand seine Beute,
einen rohen Vogel auf einer Platte, und griff an. Er riss einen Flügel ab und
verschlang ihn.
    Gwurm zog eine Grimasse. »Das ist
definitiv falsch.«
    Molch war viel zu sehr damit
beschäftigt, seine Mahlzeit zu zerreißen, um sich die Mühe einer kurzen Antwort
zu machen.
    Ich nahm das Brot und schnitt eine
dicke Scheibe ab, die ich Wyst anbot. Er nahm sie mit einem Lächeln an und
reichte mir einen Teller mit rohen Truthahnstreifen. Wir aßen schweigend,
abgesehen vom Knistern des Feuers und dem Reißen und Malmen einer Ente, die
sich fieberhaft an Ente gütlich tat.
    »Eines muss man dem Seelenlosen
Gustav lassen.« Molch rülpste. »Er weiß, wie man Gäste bewirtet.«
    »Er ist verrückt«, sagte ich,
»aber nicht unkultiviert.«
    Wyst entschuldigte sich. »Ich will
mich für morgen ausruhen.«
    Ich widersprach ihm zwar nicht,
aber er war nicht derjenige, der sich dem Seelenlosen Gustav stellen würde.
Nicht, wenn ich ein Wörtchen mitzureden hatte. Nachdem er die Treppen
hinaufgestiegen war, klatschte ich einmal.
    »Ja, Herrin?« Der Diener war
einfach plötzlich da. Er materialisierte nicht aus dem Nichts. Eher war es so,
als sei er immer da gewesen, nur unbemerkt.
    »Würdest du mir bitte ein Bad
einlassen? Und ich brauche Kleidung zum Wechseln.«
    Ich zögerte in der Erwartung,
Molch könnte etwas dagegen sagen. Er war zu zufrieden, um sich auch nur die
Mühe eines missbilligenden Blicks zu machen.
    Mein Bad wartete in einem Raum im
ersten Stock. Wie der Diener schien auch der Raum vorher nicht da und dennoch
vollkommen gegenwärtig gewesen zu sein. Der lange Zuber war mit eiskaltem
Wasser gefüllt, genau so wie ich es mochte. Ich zog mich vor dem Phantom aus
und glitt ins Wasser. Der Diener wies auf die Auswahl von Seifen und Parfüms
hin und auf einen Schrank, in dem ich alles finden würde, was ich an Kleidung
brauchte. Dann war er wieder weg, zurück in seiner unbemerkten Vergessenheit.
    Ich badete nicht oft. Eigentlich
war es nicht notwendig. Mein verfluchtes Wesen tat genug, um mich schön zu
halten, aber gelegentlich genoss ich ein frostiges Bad. Das letzte war schon zu
lange her. Ich hatte nicht mehr gebadet, seit ich an jenem Tag in den See
getaucht war, an dem auch die Grausige Edna gestorben war.
    Die Erinnerung brachte mich zum
Lächeln. Ich vermisste die Grausige Edna, aber sie hatte mich aus gutem Grund
zu diesem See geschickt. Inzwischen kannte ich diesen Grund. Sie hatte gewusst,
dass Wyst aus dem Westen mich heimlich beobachten und dies die Saat des
Verlangens in sein Herz legen würde. Der heutige Abend würde ihr letztes
Geschenk an mich sein.
    Ich genoss mein Bad eine Stunde
lang. Ich wartete darauf, dass das Wasser meine Finger schrumplig werden ließ.
Das tat es nicht. Das tat es nie. Ich stemmte mich aus der Wanne und
durchsuchte die parfümierten Öle. Sie ro-chen alle recht hübsch, aber keines
konnte es mit meinem eigenen natürlichen Geruch aufnehmen, einer raffinierten
Mischung aus Blumen und Erdbeeren, zusammen mit einem neuen Aroma: frisches
Brot. Zweifellos von der Magie hinzugefügt, weil Wyst es mögen würde.
    Ich studierte meine Gestalt in
einem mannshohen Spiegel. Lange Zeit hatte ich mich nicht mehr angesehen,
wirklich angesehen. Ich hatte ganz vergessen, wie schön ich eigentlich war.
Meine makellose weiche Haut war vollkommen frei von Sommersprossen. Meine Figur
war schlank und dennoch mit den weichen Kurven gesegnet, die die Männer so
begehrten. Meine Augen leuchteten. Ich war vollkommen, und selbst wenn Männer
Blondinen oder kleine Frauen bevorzugten, mein Fluch glich dies aus.
    Ich fand im Schrank genau, was ich
suchte. Das seidene Kleid konnte nicht unhexenhafter sein. Es war weich und
hauchdünn und verbarg nur wenig. Ich streifte es über und musste gegen meinen
Willen lächeln. Wenn ich auch keine sterbliche Frau sein konnte, so war es doch
schön, sich diese Freuden zu gönnen, die ich mir normalerweise versagte.
    Ich war noch nicht ganz bereit,
die Treppe hinaufzugehen. So schlich ich mich nach draußen. Molch und Gwurm
saßen beide am Feuer und bemerkten es nicht. Penelope wartete auf der makellos
reinen Veranda. Sie bog sich erst zur einen Seite, dann zur anderen. Danach schwebte
sie in einem Kreis um mich herum. Sie zeigte ihre Zustimmung mit einem Hüpfen
und einer Drehung. »Danke.«
    »Und, wirst du dich mit ihm paaren
oder ihn essen?«
    Die graue Füchsin saß am Fuß der
Veranda.
    »Ich bin überrascht, dass du uns
in

Weitere Kostenlose Bücher