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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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stöhnte. »Wir laufen jetzt
schon seit Stunden!«
    »Und wir werden weitergehen, bis
ich etwas anderes sage.« Es war mir egal, wann wir eine Pause machten, aber
Molch war mein Vertrauter. Es war wichtig, meine Autorität jetzt zu festigen,
solange unsere Verbindung noch neu war.
    Er trottete hinter mir her. »Du
hast leicht reden. Bei jedem Schritt, den du tust, mache ich vier. Und ich habe
Plattfüße.«
    »Dann flieg doch. Das stört mich
nicht.«
    Er quakte gereizt.
    Die Magie schenkt einem nichts.
Der Zauber, der auf der Ente lag, gab ihm zwar Verstand, allerdings auf Kosten
von Instinkten. Er hatte vergessen, wie man flog. Wenn es sein musste, konnte
er aber abheben. Das waren jedoch immer nur kurze Flüge, nicht höher als das
Hüttendach und bloß wenige Sekunden lang, unbeholfene Zurschaustellungen plump
flatternder Flügel und gemurmelter Vulgärausdrücke. Beim Gedanken daran musste
ich lächeln.
    »Kannst du nicht was tun? Etwas
mit deiner Magie?« »Da gibt es schon etwas, aber es würde dir nicht gefallen.«
    »Alles ist besser, als noch einen
Schritt zu machen.« »Wie du willst. Heb als Erstes dein rechtes Bein.« Molch
tat es.
    »Jetzt setz es wieder ab und heb
dein linkes.«
    Widerstrebend tat er es. »Bist du
sicher, dass das funktionieren wird?«
    »Ziemlich sicher. Jetzt setz dein
linkes Bein wieder ab, schlag dreimal mit den Flügeln und quak einmal.«
    Er legte skeptisch den Kopf
schief.
    »Vertrau mir.«
    Nachdem er getan hatte, was ihm
aufgetragen wurde, hielt ich eine Hand hoch, die Finger wie Krallen gebogen.
Ich umrundete Molch, während ich hexenhaft murmelte. Dann schnappte ich ihn,
verstaute ihn unter meinem Arm und ging weiter.
    »Ist das besser?«, fragte ich.
    Er wand sich.
    Ich wusste wohl, dass er es
hasste, getragen zu werden. Er hielt es für würdelos, beklagte sich aber nicht.
Seine
    Füße mussten wirklich sehr
schmerzen.
    »Und was sollte das mit dem
Beinanheben und Flügelschlagen?«
    »Übung. Hexen sollten die anderen
immer im Ungewissen lassen. Hat es funktioniert?«
    Er schob sich in eine bequemere
Lage. »Es war sehr ... absonderlich.«
    Ich errötete. Absonderlich war
etwas, das alle guten Hexen sein sollten. Jeder konnte sich verrückt verhalten,
aber es erforderte eine besondere Gabe, eigenartig zu sein, ohne es zu
übertreiben.
    Die Straße führte von den Hügeln
zu einem weiteren Wald, der dem sehr ähnlich war, den ich gerade verlassen
hatte, und doch anders. Der Wald der Grausigen Edna hatte mich immer gut
behandelt, und wir waren die besten Freunde geworden. Dieser neue Wald aber war
ein Fremder. Also hielt ich inne, um mich vorzustellen.
    »Hallo. Ich freue mich sehr, deine
Bekanntschaft zu machen.«
    »Was?«, sagte Molch.
    »Ich habe nicht mit dir
gesprochen.«
    Ein Eichhörnchen hoppelte über die
Straße. Es setzte sich zu meinen Füßen und legte eine Walnuss vor mich hin.
    Ich beugte ein Knie, hob die
Walnuss auf und kraulte das Eichhörnchen am Kopf. »Danke. Ich habe nichts, was
ich dir als Gegenleistung anbieten könnte.«
    »Deine Gegenwart allein erhellt
den Wald, Kind. Aber wenn du auf dieser Straße weitergehst, wirst du einen
Schädling dieses Waldes finden. Wir wären dir höchst dankbar, wenn du ihn
entfernen könntest.«
    »Natürlich.«
    Der Bote des Waldes hoppelte
davon.
    »Das können wir niemals essen«,
sagte Molch. »Man sollte meinen, der Wald würde dich mit etwas Praktischerem
bezahlen.«
    »Es ist keine Bezahlung. Es ist
eine Gabe.«
    »Ich weise nur darauf hin, dass
etwas Nahrhafteres vielleicht nicht unangebracht wäre. Ein frisches Kaninchen
wäre nicht zu viel verlangt, oder?« Er leckte sich den Schnabel.
    »Er musste mir überhaupt nichts
geben.«
    »Genau. Und nichts wäre besser
gewesen als eine Nuss. Das macht es nur deutlicher.«
    »Du verstehst nicht, worum es
geht.«
    »Anscheinend. Können wir jetzt
anhalten?«
    »Nur noch ein bisschen weiter.«
    »Oh, können wir den Schädling
nicht morgen entfernen?«, fragte er.
    Ich ging weiter. Er murrte weiter.
    Keine fünf Minuten später trafen
wir auf den Schädling dieses Waldes: ein Räuberpaar. Einer war ein Mensch,
ungepflegt und unbewaffnet. Er war auf eine zerzauste, wilde Art nicht
vollkommen unattraktiv. Der bestaussehendste Mann, den ich je gesehen hatte.
Aber ich hatte bisher nur drei andere gesehen. Und dies auch nur, wenn man
meinen Vater mitzählte, der nichts als eine schwarze Silhouette im hellen Licht
der Kellertür gewesen war.
    Der zweite Räuber war ein

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