Eine Hexe mit Geschmack
Troll.
Der erste Troll, den ich je gesehen hatte, aber er sah aus, wie man es mich
gelehrt hatte. Er war klein, kaum so hoch wie meine Schulter, dabei aber
beinahe so breit wie hoch. Sein Körper war zwar dünn, doch seine Gliedmaßen
waren dick und endeten in Händen und Füßen, die für ein Wesen gemacht schienen,
das doppelt so groß war wie er. Sein Kopf war ein abgeflachtes Oval mit zwei
großen gelben Augen, einer kleinen, krummen Nase und einem breiten Mund, der in
der Lage war, ein Schwein mit einem einzigen Bissen zu verschlingen. Er hatte
riesige spitze Ohren. Leichter Flaum überzog seine gefleckte graue Haut an den
Armen entlang bis zu seinen Schultern und das Rückgrat hinunter. Er war nackt
bis auf einen Gürtel, dessen einziger Zweck darin bestand, einen Lederbeutel zu
halten. Und er trug einen Ring an einem seiner Finger.
Eine interessante Tatsache an
Trollen ist, dass sie nicht durch Gelenke zusammengehalten werden. Ihre Körper
sind modular. Eine angeborene magische Kohäsion verhindert, dass sie
auseinanderfallen. Dies birgt einige Vorteile. Es erschwert es, sie zu töten.
Nur ein tödlicher Stich ins Herz oder in den Kopf kann einen Troll zuverlässig
vernichten. Doch selbst dann kann ein anderer Troll, wenn er ihn findet, immer
noch die Überreste verwerten, da ihre Teile austauschbar sind. Die fehlenden
Gelenke erlauben es ihnen außerdem, sich auf Arten zu bewegen, die anderen
Wesen unmöglich sind. Sie können aus den unvorhersehbarsten Winkeln zuschlagen.
Und sie sind so stark wie zwei Oger.
Glücklicherweise stellt ein Troll,
den man in Ruhe lässt, selten eine Gefahr dar. Sie sind nicht von Natur aus
gewalttätig. Gelegentlich kommt es aber vor, dass ein ehrgeizigerer Troll eine
Brücke für sich beansprucht und Zoll verlangt. Aber meistens werden sie am
liebsten in Frieden gelassen.
Dieser Troll schien von einer
stillen Traurigkeit beherrscht zu werden. Ich konnte es in seinen Augen und am Fall
seiner Schultern erkennen. Da die Schultern von Trollen zunächst einmal
grundsätzlich abfallend sind, war dies eine kaum sichtbare Abweichung.
Die Räuber machten sich nicht
einmal die Mühe, sich zu verstecken, als ich mit einem steifen Bein auf sie
zuhinkte.
»Geld oder Leben, altes Weib!«
Ich erlaubte mir einen kurzen
Moment des Stolzes. Es war schön zu wissen, dass meine Darbietung wirkte.
Der Bandit stieß mich mit einem
Fingerknöchel. »Kannst du nicht hören, alte Frau?«
»Ich habe dich gehört.«
Ich hob meinen Kopf weit genug, um
den Troll sehen zu können. Er stand im Hintergrund, offenbar desinteressiert an
dem Raub.
»Dann gib uns, was du hast. Sonst
werde ich dich von Gwurm zerreißen lassen müssen. Das tue ich gar nicht gern.
Hinterlässt eine furchtbare Schweinerei.«
Der Troll meldete sich zu Wort:
»Er wird Sie trotzdem von mir töten lassen, Fräulein. Sie sollten besser die
Beine in die Hand nehmen.«
»Halt den Mund, Gwurm.« Der Räuber
verschränkte die Arme vor der Brust. »Na gut, alte Hexe. Was machen wir?«
Molch zappelte in meinen Armen.
»Lass mich ihn töten!« ^
»Ich regle das«, antwortete ich.
Der Räuber trat einen Schritt
zurück. »Deine Ente spricht!«
»Eigentlich sogar ziemlich viel.
Vielleicht zu viel.«
»Oh bitte, lass mich ihn töten!
Ich mache es auch schnell!«
Ich gab ihm einen Klaps auf seinen
schnappenden Schnabel. »Ich sagte doch, ich regle das.«
»Ja, Herrin.«
»Eine sprechende Ente«, sagte der
Räuber. »Das muss Magie sein.«
»Sicher«, stimmte ich ihm zu. »Ich
habe nie von normalen sprechenden Enten gehört.«
»Sie ist ein Vermögen wert. Gib
sie mir, altes Weib!«
»Ich glaube, du überschätzt ein
wenig seinen Wert.«
»Genug davon!« Der Räuber drehte
einen Ring an seinem Finger. »Töte sie, Gwurm.«
»Ach, verdammt, Pik, kannst du die
hier nicht mal selbst töten?« Trotz seiner Vorbehalte bewegte sich der Troll
mechanisch auf mich zu.
Ich hätte ihn recht einfach töten
können, aber es widerstrebte mir, es zu tun. Eindeutig gehörte ihm sein Körper
nicht. Jeder Schaden, den er mir zufügen mochte, beruhte nicht auf seiner
eigenen Tat. Er war lediglich eine Waffe, und es schien mir eine furchtbare
Schande zu sein, ein gutes Schwert zu zerschlagen, nur weil es sich im
Augenblick zufällig in den Händen eines Banditen befand. Was noch wichtiger
war: Gwurm war kein Schwert. Er war ein Opfer der Magie, und es war meine
Pflicht als gute Hexe, dies zu beheben. Nicht nur meine Pflicht, sondern sogar
ein
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