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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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Grunzen, Stöhnen und Gelächter von Prostituierten
bei der Arbeit.
    Ich war nur gekommen, um mich
umzusehen. Ich hatte nicht vorgehabt zu bleiben, aber dies hier war ein Ort,
der eine Hexe brauchte, und nachdem ich so lange allein gelebt hatte, war es
langsam Zeit für eine Veränderung. Ich entschied, zumindest für ein paar Tage
zu bleiben. Vielleicht länger. Vorausgesetzt, ich konnte Molch davon abhalten,
jemanden zu töten und meine eigenen verfluchten Begierden im Zaum halten.
    »Niemand wird ein saftiges Kind
vermissen«, wisperte die dunkle Stimme.
    Ich tat so, als hätte ich es nicht
gehört.
     
    SECHS
     
    Ich sagte Gwurm und Molch, dass
wir bleiben würden. Gwurm war diese Entscheidung so gleichgültig wie ich
erwartet hatte. Molch war dagegen voller Widerwillen, wie ich ebenfalls
vorausgesehen hatte, und drückte diesen Widerwillen auch umgehend aus. Es war
meine eigene Schuld. Ich hatte ihn einmal nach seiner Meinung gefragt. So war
der Präzedenzfall geschaffen, und ich konnte es jetzt nicht wieder rückgängig
machen. Wenn seine Proteste mich auch wenig interessierten (in Wahrheit
überhaupt nicht), gestand ich ihm seinen Moment der Wichtigkeit doch zu.
    Er hüpfte herum und schlug mit den
Flügeln. Wir waren ein gutes Stück vom Lager entfernt, aber immer noch in
Sichtweite. Wenn jemand meinen Streit mit der Ente bemerkt hätte, wäre mir das
egal gewesen. Es konnte nur meine Eigentümlichkeit und Glaubwürdigkeit als gute
Hexe verstärken.
    »Aber wir sind auf dem Weg der
Rache!«, rief er. »Hast du deine tote Herrin vergessen?«
    »Ich habe gar nichts vergessen,
aber die Rache kann warten. Oder vielleicht ist meine Rache auch schon hier und
wartet auf mich?«
    Er tanzte wütend im Kreis herum.
»Nein, ist sie nicht!«
    Gegen meinen Willen musste ich
lächeln. »Ich wusste gar nicht, dass du einen Sinn für solche Dinge hast.«
    »Tja, das hab ich aber! Und ich
kann dir sagen, dass hier nichts ist als Leute, Zelte und Müll. Bei allem, was
in den Eingeweiden des Hades schwärt, es ist nicht mal ein richtiges Dorf!« Er
wandte sich Hilfe suchend an Gwurm. »Sag ihr, dass ich recht habe!«
    »Womit?«
    »Damit! Worüber wir gerade reden!«
    »Entschuldige. Hab nicht
aufgepasst.«
    Molch ließ ein entnervtes Quaken
hören. Er schwieg einen Augenblick, um seine Gedanken zu sammeln.
    »Ich bin sicher, dass der Ort, wo
auch immer deine Rache wartet, weiter entfernt liegt.«
    Ich nickte langsam, als verstünde
ich seine Argumentation, und er fuhr fort, wobei er fast ruhig klang.
    »Das ergibt doch einfach Sinn.
Keine lohnenswerte Rache ist jemals nur einen Anderthalb-Tages-Marsch
entfernt.«
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Und
wie weit entfernt ist die Rache im Allgemeinen? Deiner Erfahrung nach?«
    Sein Kopf bewegte sich ruckartig,
während er über die Frage nachdachte. »Es gibt da keine genaue Wissenschaft,
aber ich denke mir, dass es weiter sein muss als eine Selbstfindungsreise, aber
näher als eine epische Suche. Hunderte, sogar Tausende von Meilen.«
    »Das erscheint mir aber ziemlich
weit«, ergriff Gwurm das Wort.
    Molch warf ihm einen bitterbösen
Blick zu. »Es kann wesentlich weniger sein, wenn die Reise besonders gefahrvoll
ist. Ein schreckliches Monster hier oder ein tosender Todesfluss dort können
ein paar Hundert wegstutzen.«
    »Was meinst du, was ein Drache
wert ist?«, fragte Gwurm.
    »Oh, ich weiß nicht.« Molch
seufzte. »Mindestens Zwei oder Dreihundert.« »Und eine Sphinx?«
    »Wer weiß? Viel, schätze ich, weil
Sphinxe ja hauptsächlich dazu da sind.«
    »Was ist mit einem Gnom?« »Einem
was?« »Einem Gnom.« »Einem was?«
    Ich unterdrückte ein Kichern.
Gwurm, sehr beeindruckend, behielt einer^ vollkommen ausdruckslosen
Gesichtsausdruck bei.
    Molch verdrehte die Augen. »Ein
Gnom wäre gar nichts wert!«
    »Ich spreche von einem sehr
unangenehmen Gnom. Einem bösartigen, schrecklich wütenden Gnom. Vielleicht mit
einem sehr spitzen Kiesel im Schuh. Der sich genau in die weiche Stelle seiner
Fußsohle gräbt.«
    »Was willst du...«
    »Ich habe mal so einen Gnom
kennengelernt. Scheußlich grober kleiner Mistkerl. Und gemein. Nicht wirklich
gefährlich, aber trotzdem ein Ärgernis. Ein Zusammentreffen mit ihm auf dem Weg
der Rache müsste mindestens zehn oder zwanzig Meilen wegkürzen, könnte ich mir
vorstellen.«
    Molch starrte ihn an.
    Gwurm sah weiterhin ziemlich ernst
aus.
    »Na gut, na gut«, willigte Molch
ein. »Ich denke, wenn der Gnom ein besonders übellauniger

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