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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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es aber in einem Umkreis von zwanzig
Meilen keinen einzigen Soldaten mehr geben, das kann ich dir versichern.«
    »Ich werde mit ihnen sprechen. Sie
werden erkennen, wie wichtig es ist, sich gegen diese Bedrohung zu erheben.« Der
weiße Ritter lächelte. »Das kann ich dir versichern. Guten Abend, Hauptmann.«
    Der Hauptmann fiel auf einen
Stuhl, wobei er sehr müde aussah. »Guten Abend.«
    Der Ritter verließ das Büro. Ich
wollte, dass ihm der Käfer folgte, aber das Gehirn eines Insekts kann nicht
lange an einem Gedanken festhalten. Er flog von dem Fenster fort, bevor ich
einen weiteren Befehl flüstern konnte. Also beendete ich meinen Zauberspruch
und sah wieder durch meine eigenen Augen. Oder durch Molchs eigene Augen, aber
im Moment gehörten sie mir.
    Der weiße Ritter stand keine zehn
Fuß entfernt, und er hatte mich ziemlich offensichtlich in meinem Versteck in
den Schatten entdeckt.
    Ich war ertappt und geriet in
Panik, drehte mich um und rannte direkt gegen eine Mauer, die ich schon wieder
vergessen hatte. Ich verlor das Gleichgewicht und mein Gefühl für den Körper
einer Ente und fiel hin.
    Sanfte Hände hoben mich auf. Die
Berührung verbrannte den Dämon in Molchs Fleisch. Die Hände stellten mich
zurück auf meine unsicheren, schwimmhäutigen Füße.
    »Vorsichtig, Ente. Pass auf, wohin
du gehst.«
    Ich sah zu dem Ritter hinauf. Er
lächelte, und ich hätte mich fast vergessen und zurückgelächelt. Normale Enten
können aber nun mal nicht lächeln, und so beherrschte ich mich. Dabei half,
dass ich mich übergeben musste.
    Ich fühlte mich schrecklich. Mein
Magen verkrampfte sich. Die Augen tränten. Und dies war nur die Hälfte dessen,
was Molch erlitten hatte. Ich übergab mich ja nicht wirklich. Ich spie nur
einen Mund voll widerlichen Geifers aus, der meine Kehle heraufrollte und aus
meinem Schnabel tropfte.
    »Dir geht es noch immer schlecht,
wie ich sehe.«
    Ich hob den Kopf und sah in diese
dunklen Augen und auf diese Ohren, die wie zum Knabbern gemacht waren. Meine
Übelkeit wuchs. Ich vermutete, dies war ziemlich normal, genau jene Art eines
nervösen Magens, die man hat, wenn man verliebt ist.
    »Ich glaube, wir sollten dich nach
Hause bringen, Ente.«
    Er hob mich in seine Arme. Mir war
übel, aber nicht so übel wie zuvor. Molchs Körper entwickelte eine Toleranz,
auch wenn mein nervöser Magen immer noch herumwir-belte. Er hielt mich dicht an
sich gepresst, trotz des Risikos, von Vogelerbrochenem befleckt zu werden. Er
war sehr warm, durch den Frost in der Luft schien er noch wärmer.
    Ich war ein Wesen, das dafür
geschaffen war, in der Dunkelheit zu hausen. Dunkelheit ist kalt, und Kälte war
mir am liebsten. Ein guter Frost ist sanft und wohlig, ohne unausstehlich zu
sein. Hitze ist grob und invasiv, aber in den Armen des Ritters entdeckte ich
die erste gute Wärme, die ich je erlebt hatte. Selbst durch das Fleisch von
Molchs Entenkörper füllte sie meinen Geist mit sinnlichem Prickeln. Dies konnte
nur zu Problemen führen. Ihn auch nur zu sehen - das wurde mir klar - war ein
Fehler gewesen. Ich hätte aus seinen Armen springen und wegfliegen sollen. Ich
kuschelte mich jedoch dichter an ihn und legte meinen Kopf an seine Brust.
Falsch oder nicht, ich konnte seine Wärme nicht verlassen und redete mir ein, dies
sei eine kleine Schwäche. Dass es, solange ich Molchs Körper benutzte, nicht
anhaltend schädlich sein konnte. Beinahe glaubte ich mir das auch selbst.
    Der Ritter erkundigte sich bei
zwei vorbeikommenden Soldaten über meinen Eigentümer.
    »Das ist die Ente der Hexe, Sir«,
antwortete der Erste.
    »Ich dachte, die Ente der Hexe
hätte Reißzähne«, sagte der Zweite.
    »Enten haben keine Reißzähne.«  
    »Normale Enten haben natürlich
keine, aber ich würde meinen, die Ente einer Hexe schon. Und Augen, die im
Dunkeln leuchten. Und Krallen an den Füßen.«
    »Ihre hat nichts von alledem. Ich
habe sie ein Dutzend Mal aus der Nähe gesehen. Es ist einfach eine Ente.
Hochnäsiges kleines Biest, aber sonst ganz normal.«
    »Wie kann ein Vogel hochnäsig
sein?«
    »Wenn ein Vogel Reißzähne haben
kann, warum sollte er dann nicht auch hochmütig sein können?«
    »Dann hat sie also doch
Reißzähne.«
    »Nein, hat sie nicht. Obwohl, wenn
ich darüber nachdenke, verstehe ich, was du meinst. Warum sollte sich eine Hexe
auch mit einer versnobten normalen Ente verbünden.«
    Der weiße Ritter unterbrach sie,
um zu fragen, wo die Hexe wohnte. Dann überließ er die Soldaten

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