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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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gelernt. Der Troll heißt Gwurm.«
    Mein Besen tippte Morgenröte auf
die Schulter. »O ja. Und dies ist Penelope.«
    Ich konnte nur die Stiefel des
Ritters sehen. Sie drehten sich in meine Richtung, und die Absätze schlugen
aneinander. »Und du bist...?«
    »Sie hat keinen Namen«, antwortete
Morgenröte.
    Ich rief mein bestes
geheimnisvolles Flüstern ab: »Braucht der Wind einen Namen? Oder die Steine,
die Sterne und die Bäume? Diesen Dingen Namen zu geben ist närrisch und
unnötig. Ihnen einen Namen aufzuerlegen, macht sie nicht zu mehr als sie bereits
sind.«
    »Wie überaus wahr.« Er verneigte
sich, ich bot ihm meine Hand jedoch nicht an. »Und sehr hexenhaft.«
    Das Kompliment färbte meine Wangen
rot. Ich wandte ihm den Rücken zu und fühlte dieses Prickeln, das trotz meiner
größten Mühe stärker zu werden schien.
    »Können wir es dir mit etwas zu
essen vergelten?«, fragte Morgenröte.
    »Ich esse nur Brot.«
    »Dann vielleicht etwas Tee?«
    »Ich trinke nur Wasser, und ich
muss wirklich zurück zum Fort. Es gibt schwerwiegende Angelegenheiten, die auf
mich warten.«
    »Natürlich.«
    Wyst aus dem Westen, Verteidiger
der Schwachen, Zerstörer des Schändlichen, eingeschworener Kämpfer des
Anstands, anerkannter Feind des Bösen, wünschte uns einen angenehmen Abend,
verneigte sich noch einmal und machte sich mit raschen Schritten auf den
Rückweg zur eigentlichen Siedlung.
    »Du hattest recht«, bemerkte
Morgenröte. »Er ist eigentlich nicht gut aussehend. Nicht auf eine
offensichtliche Art und Weise. Aber seine Gesichtszüge verbinden sich subtil -
auf eine sehr anziehende Art. Das ist besser als gut aussehend, denn gut
aussehend kann täuschen. Die meisten können unter den richtigen Umständen gut
aussehend sein, aber ein anziehendes Gesicht wird nur besser, wenn man es
ansieht.«
    Penelope wirbelte zustimmend herum
und schlug Purzelbäume in der Luft. Ich war froh zu wissen, dass ich es mir
nicht nur einbildete.
    »Warum hast du versucht, ihn zum
Bleiben zu überreden?«, fragte ich.
    »Ich versuche nur zu helfen. Du
bist vielleicht eine ausgezeichnete Hexe, aber wenn es um die Liebe geht, hast
du weniger Erfahrung als die meisten Kinder.«
    Ich setzte zu einem Protest an,
aber sie wollte nichts davon hören.
    »Das will ich nicht bestreiten. Du
bist vielleicht in verbotene Geheimnisse eingeweiht, aber ich kenne selbst auch
ein paar Geheimnisse. Das hier ist größer als ihr beide. Alles, was du sonst
denken magst, ist reines Wunschdenken. Also, was hast du erfahren?«
    Ich erzählte von der Gobling-Horde,
die sich näherte, und davon, dass der weiße Ritter hierher gekommen war, um die
Männer von Fort Handfest gegen sie anzuführen. Meine Gedanken waren jedoch
anderswo. Nicht bei dem Ritter, sondern bei Morgenrötes Worten. Ich musste eine
halbe Stunde darüber nachdenken, bis ich ihre wahre Bedeutung erfasste. Bis
dahin hatte sie ihre letzte Tasse Tee geleert und machte sich auf den Weg zur
Arbeit.
    »Hast du gesagt, größer als wir
beide?«, fragte ich. »Ja. Hast du es nicht bemerkt?« »Was bemerkt?«
    »Oh, liebe namenlose Hexe, du hast
es wirklich nicht bemerkt, oder?«
    »Was denn bemerkt?« Ich fühlte
mich auf eine verwirrende Weise verärgert.
    Sie lachte. Meine Verlegenheit
ließ mich erröten, etwas, das ich in letzter Zeit offenbar öfter tat.
    »Na, Wyst aus dem Westen,
Schätzchen. Er ist auch in dich verliebt.«
     
    NEUN
     
    In dieser Nacht schlief ich nicht.
Eine weitere meiner untoten Gaben war ein Talent, Kraft für zukünftige Erholung
zu borgen. Die längste Zeitspanne, in der ich bisher nicht geschlafen hatte,
war eine Woche gewesen. Ich hätte es auch leicht noch länger ausgehalten, aber
die Grausige Edna hatte mich schließlich zu Bett geschickt. Ich hatte dann zwei
Wochen lang geschlafen, und zwar so tief, dass nicht einmal Magie mich wecken
konnte. Danach hatte sie mich ermahnt, auf mich Acht zu geben. Ich könnte mir
leicht angewöhnen, jahrelang wach zu bleiben und dann Jahrzehnte zu
verschlafen. All ihre Warnungen nahm ich zwar ernst, aber ich konnte mich
einfach nicht dazu bringen, zu Bett zu gehen. Ich starrte auf das Fort und
dachte auf eine lüsterne, unhexenhafte Art an Wyst aus dem Westen.
    Ich dachte ebenfalls an die
Gobling-Horde. Es war ein logischer Widerspruch. Goblings versammelten sich
nicht in Horden. Sie waren eine unersättliche, Fleisch fressende Spezies.
Alles, was ein Gobling fängt - andere Goblings eingeschlossen -, frisst er
auch. Hier

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