Eine Hexe zum Verlieben 3: Jaguare Küsst man nicht - Ein Elionore Brevent Roman (German Edition)
geahndet.
Vincent folgt mir und rutscht vorsichtig neben mich auf die Matratze. Vermutlich ist er ebenfalls nicht abgeschminkt, was ich einfach mal ignoriere. Ich liege ganz steif auf dem Rücken, habe die Hände vor der Brust gefaltet und das Denken vorübergehend eingestellt.
«Schlimm?», murmelt Vincent und rückt vorsichtig näher.
«Ich bin ein Freak. Elfen und Engelsblut in Kombination prädestinieren mich doch wohl absolut, ein Nerd zu sein.»
«Dass du nicht normal bist, wusste ich schon vorher», informiert er mich, sein Lächeln dabei kann ich hören.
«Leck mich.»
Das kann man auch sehr elegant sagen, wussten Sie das? Also es klang wirklich ziemlich formvollendet. Aus tiefstem Herzen, aber doch durchaus mit Stil vorgetragen.
«Lass uns reden, Eli.»
Vincent legt ganz plötzlich seinen Kopf auf meine Schulter. Was sehr unbequem ist, weil meine Schulter knochig ist und sein Kopf sehr schwer. Aber der Körperkontakt tut mir gut. Als er dann noch vorsichtig seinen Arm über meinen Bauch legt, kribbelt es in mir.
«Fang du an», murmele ich, bevor ich wieder in mein Schweigen falle.
Immerhin habe doch sonst ich den Job der Gesprächssucherin (wie wohl achtundneunzig Prozent aller Frauen in einer Beziehung), insofern lass ich ihn jetzt mal «kommen», wenn Sie verstehen, was ich meine.
Aber auch Vincent schweigt. Ich schiele in sein Gesicht unter meinem Schlüsselbein und erkenne intensive Denkprozesse. «Die Zeiten sind turbulent», sagt er schließlich, und kurzfristig ist mir danach, in brüllendes Gelächter auszubrechen. Turbulent ist ja eine sehr hübsche Untertreibung.
«Elfen, Maria, Hexen im Garten, Brasilien, Störfeld, Pax als Vater, wir», fasse ich die Turbulenzen mal gekonnt zusammen.
«Fangen wir mit dem ‹Wir› an», konkretisiert er sich. «Ich habe meine gesamte Familie verloren und das tut auch heute noch sehr weh.»
Zack. Bum. Bautz. Die Luft entweicht aus mir wie aus einem angestochenen Luftballon. Vincent spricht über sich und über Gefühle. Ich stelle mich tot, nur um diesen Prozess nicht negativ zu beeinflussen.
«Und das berührt auch unsere Beziehung», fährt er leise fort. Als er danach schweigt, gebe ich wenigstens ein leise zustimmendes Brummen von mir. «Ich habe mich verändert, danach. Nachdem das alles passiert ist. Ich war viel zu lange als Jaguar unterwegs und hätte fast einen Teil meiner Menschlichkeit eingebüßt. Ich liebe meine Schwester, aber ihr Auftauchen hier war für mich wie ein Schock.»
«Warum erzählst du mir nicht, was damals genau passiert ist?», frage ich leise und lege sanft eine Hand auf seinen Arm.
Wieder hat er zu zittert begonnen, und das geht mir durch Mark und Bein. Dagegen ist das plötzliche Auftauchen eines lange verschollen Vaters doch wirklich Fliegendreck. Ich kann spüren, wie Vincent den Mund öffnet, als es an der Schlafzimmertür klopft.
«Uahh», sage ich, und Vincent wird im selben Moment steif wie ein Brett. Es klopft erneut, diesmal energischer und ich fluche, ebenfalls energisch. «Was?», brülle ich und die Tür öffnet sich einen Spaltbreit.
«Huhu, Eli», huhut es, und ich drehe den Kopf. Henriettes freundliches Gesicht erscheint in dem Spalt und Henriette huhut erneut. «Tut mir leid, wenn ich euch stören muss, aber es ist wichtig!»
Ja, danke. Wichtig war das hier auch , denke ich erbost, murmele aber stattdessen: «Gleich, Henriette!»
«Wir reden später», murmelt Vinc in meiner Halsbeuge.
«Wir müssen reden, Vincent», sage ich fast schon verzweifelt. Das hier ist wichtig, und mir wird immer klarer, dass dieser Trip in Vincents Heimat eine echte Bewährungsprobe für unsere Beziehung sein wird.
«Die Oberhexe wartet», antwortet er jedoch nur trocken auf mein verzweifeltes Flehen nach Kommunikation.
Ich stolpere aus dem Schlafzimmer und finde Henriette in der Küche über Plänen brütend, die sie auf meinem Tisch ausgebreitet hat. Sie trägt einen hellblauen Schlafanzug, ihre grauen Haare hat sie unter einem pinkfarbenen Tuch versteckt und ihre Füße sind nackt, wenn man von dem knallroten Lack auf den Nägeln mal absieht.
Das alles wäre, zumindest rein optisch, der weiblichen Gattung nicht sehr zuträglich. Jede andere Frau würde in diesem Aufzug total dämlich aussehen, nicht aber Henriette. Sie könnte sich auch in einen Kartoffelsack hüllen, lilafarbene Lockenwickler im Haar spazieren tragen und in diesem Aufzug in die Oper gehen und niemand käme auch nur ansatzweise auf den Gedanken,
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